Chaos-Tag in der DFB-Defensive

Von Florian Schimak
Das DFB-Team zeigte in der ersten Hälfte gerade in der Defensive eine schwache Vorstellung
© getty

Der Eindruck aus den letzten Monaten und der USA-Reise bestätigten sich auch im ersten Länderspiel des DFB-Teams nach der Sommerpause. In Kaiserslautern kam die Truppe von Joachim Löw nicht über ein 3:3 (2:3) gegen Paraguay hinaus.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 47.500 Zuschauern im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern geriet die DFB-Elf durch einen Doppelschlag (9., Ariel Nunez und 13., Pittoni) gleich zu Beginn mit 0:2 in Rückstand.

Ilkay Gündogan (18.) und Thomas Müller (31.) glichen noch vor der Halbzeitpause aus. Kurz vor dem Wechsel erzielte Miguel Samudio (45.) die abermalige Führung für die Gäste.

Im zweiten Durchgang sorgte Lars Bender (75.) für den 3:3-Endstand. Gündogan musste bereits nach einer halben Stunde verletzungsbedingt ausgewechselt werden.

Reaktionen:

Joachim Löw: "Das Spiel ist schwierig einzuordnen. Wir haben in der ersten Halbzeit elementare Fehler gemacht. In der gesamten Defensivarbeit waren wir zu fahrig, der Gegner hatte zu viel Platz. Wir haben individuelle Fehler gemacht, aber man hat auch gesehen, dass bei einigen die Liga noch nicht begonnen hat. So werden wir jedenfalls gegen Österreich nicht spielen, wir werden uns steigern. Zudem sehe ich noch einen großen Konkurrenzkampf um die WM-Plätze."

Wolfgang Niersbach: "Das war kein idealer Start in die WM-Saison, wo wir am Ende etwas erreichen wollen. Das war ein komisches Spiel. Es fehlte ein Stück. Man hat bei einigen gesehen, den Spaniern Sami Khedira, Mesut Özil und auch Miro Klose, dass sie noch kein Pflichtspiel bestritten haben. Ich glaube nicht, dass da jetzt Grund ist zu großer Sorge."

Philipp Lahm: "Wenn man vor dem Spiel nur zweimal trainiert hat, ist das schwer. Dass wir in der Defensive noch etwas tun müssen, ist klar. Beim nächsten Mal haben wir wieder mehr Tage zur Vorbereitung.

Manuel Neuer: "Ich denke, dass das heute ein Warnschuss zur rechten Zeit war. So können wir gegen Österreich nicht spielen. Wir müssen analysieren und korrigieren. Einige Ligen haben noch nicht begonnnen, da kann es schon einmal vorkommen, dass nicht alles rund läuft."

Thomas Müller: "Wir wissen, dass in der Defensive manches nicht gepasst hat. Es waren ganz klar unsere Fehler, in der zweiten Halbzeit lief es besser. Das war ein Testspiel, das komisch einzuordnen ist"

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Joachim Löw kann auf Ilkay Gündogan und Marco Reus zurückgreifen. Beide BVB-Spieler beginnen. Per Mertesacker und Miroslav Klose sind die einzigen, die auch im Test gegen die USA (3:4) im Juni in der Startelf standen. Mats Hummels verteidigt neben Mertesacker, Jerome Boateng bleibt nur ein Platz auf der Bank. Philipp Lahm absolviert sein 99. Länderspiel.

Victor Genes baut bei seinem Debüt als Nationalcoach der Albirroja sein Team im Vergleich zur Südamerika-Qualifikation ordentlich um. Nur Villar, da Silva und Samudio stehen im Vergleich zum 1:2 gegen Chile in der ersten Elf. Keeper Villar feiert sein 100. Länderspiel. Roque Santa Cruz führt das Team als Kapitän aufs Feld. Nelson Valdez und Lucas Barrios fehlen wegen Trainingsrückstand im Aufgebot. Ebenso der bei Benfica suspendierte Oscar Cardozo.

4.: Klose wird knapp 20 Meter vor dem Kasten gefoult. Reus zieht den Freistoß über die Mauer und zwingt Villar zur ersten Parade im Spiel.

9., 0:1, Ariel Nunez: Das geht viel zu einfach. Ein weiter Ball aus dem Mittelfeld hinter die Viererkette, Hummels steht falsch. Nunez ist frei vor Neuer. Rechts oben schlägt's ein.

11.: Im Gegenzug fast der Ausgleich. Khedira spielt Klose am Strafraum schön frei, der chippt den Ball aber freistehend auf das Tornetz.

13., 0:2, Pittoni: Flanke von links, Neuer kommt raus und klärt eigentlich. Khedira aber legt Pittoni das Ding am Strafraum direkt auf. Der sagt danke und jagt die Kugel volley links unten ins Eck. Keine Chance für Neuer.

18., 1:2, Gündogan: Özil legt am Sechzehner quer zu Gündogan, der den Ball ganz überlegt mit links ins linke Eck schiebt. Villar ist noch dran.

27.: Khedira setzt in der gegnerischen Hälfte stark nach und bedient Reus im Strafraum, der aber völlig blank am herausstürmenden Keeper scheitert.

31., 2:2, Müller: Hummels mit einem starken Diagonalball von links. Müller startet im richtigen Moment, pflückt die Kugel gekonnt runter und vollendet im Anschluss gewohnt eiskalt aus elf Metern.

45.+1, 2:3, Samudio: Wieder pennt Hummels, dem Santa Cruz im Rücken wegläuft. Der Ex-Bayer legt im Strafraum quer, Samudio kommt von links angerauscht und drückt den Ball über die Linien.

58.: Müller flankt von rechts in die Mitte. Der eingewechselte Gomez ist vor seinem Abwehrspieler am Ball. Seinen Kopfball aus acht Metern aber sticht Fernandez dank eines klasse Reflexes.

71.: Boateng fasst sich aus 22 Metern ein Herz und zieht ab. Gut einen Meter über den Kasten.

75., 3:3, Bender: Den ersten Schuss von Lars Bender kann der Keeper noch parieren. Über Umwege gelangt die Kugel wieder zum Leverkusener, der dann volley aus 16 Meter trocken links unten abschließt.

90.+2: Nochmal Ecke für Deutschland. Jansen steht glockenfrei, Fernandez aber kratzt den Kopfball von der Linie.

Fazit: Vogelwilde erste Hälfte des DFB-Teams, das für seine Lässigkeit folgerichtig bestraft wurde. Im zweiten Durchgang stabilisierte sich die deutsche Elf und kam immerhin noch zum Ausgleich. Trotzdem: Insgesamt ein enttäuschender Auftritt der Löw-Truppe.

Star des Spiels: Lars Bender. Kam zwar erst in der 27. Minute für Ilkay Gündogan ins Spiel, setzte aber mit einer Grätsche gleich ein Zeichen. Mit ihm gewann das deutsche Spiel an Sicherheit. Räumte vor der Abwehr fast alles ab, war Antreiber und auch Torschütze zum 3:3-Ausgleich.

Länderspiel-Roundup zu den Testspielen: Gauchos auch ohne Messi zu stark für Italien

Flop des Spiels: Sami Khedira. Sollte in Abwesenheit von Schweinsteiger die Führungsrolle im Mittelfeld übernehmen. Dies gelang allerdings nicht. Man merkte dem Real-Star an, dass er noch in der Vorbereitung ist. Stand gerade in der ersten Halbzeit völlig neben sich und gewann kaum Zweikämpfe. Unfassbarer Bock vor dem 0:2. Im zweiten Durchgang dann konzentrierter.

Der Schiedsrichter: Ivan Bebek aus Kroatien hatte das faire Spiel stets unter Kontrolle. War bei den Abseitsentscheidungen immer auf der Höhe und lag auch bei den persönlichen Strafen richtig. Unauffällig und daher eine sehr gute Partie des Unparteiischen.

Das fiel auf:

  • Paraguay spielte mit einer Dreierkette und setzte das DFB-Team früh unter Druck. Gündogan gab bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung den Schweinsteiger, hatte aber kaum Zeit und Raum das Spiel zu ordnen.
  • Mats Hummels stand bei zwei Gegentoren ziemlich schlecht, allerdings ließ das deutsche Mittelfeld die Paraguayer auch die Schnittstellenpässe spielen. Die defensive Umschaltbewegung und das Zweikampfverhalten passten anfangs überhaupt nicht.
  • Fahrig und unkonzentrierter Auftritt der gesamten DFB-Elf in der ersten Hälfte. In der Defensive vogelwild, in der Offensive im Torabschluss letztlich viel zu inkonsequent. Die Fehler aus den letzten Monaten sind immer noch nicht abgestellt.
  • Im zweiten Durchgang wirkte Deutschland dann allerdings konzentrierter, die Albirroja stand fast nur noch hinten drin. Durch die Einwechslung vor Bender gewann man im Mittelfeld endlich die Zweikämpfe und hielt den Gegner so in Schach.

Deutschland - Paraguay: Daten zum Spiel