Pfiffe, Ärger und verpasste Chancen

Von Für SPOX in Mönchengladbach: Stefan Rommel
Der Mainzer Andre Schürrle (Mitte) war beim 1:2 gegen Australien noch der beste Deutsche
© Getty

Testspiele sind zum testen da: Dennoch bekleckerte sich das DFB-Team beim 1:2 gegen Australien abermals nicht mit Ruhm. Mario Gomez hat Ärger mit den Fans und Team-Manager Oliver Bierhoff muss sich gegen Uli Hoeneß behaupten. Ernüchternd war die Tatsache, dass fast alle Perspektivspieler ihre Chance nicht nutzten.

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Ebenso diffus wie das Spiel, war das, was sich am Rande von Mario Gomez' Auswechslung beziehungsweise Miroslav Kloses Einwechslung ereignete.

Einen ähnlich donnernden Applaus hatte der Borussia Park sonst nur ein Mal an diesem Abend erlebt, als nämlich Gomez den WM-Dritten gegen Australien standesgemäß mit 1:0 in Führung geschossen hatte.

Wurde damit Klose begrüßt, der Bald-Rekordtorschütze der Nationalmannschaft? Oder waren die Zuschauer gewissermaßen erleichtert, dass Gomez vom Feld ging?

Fans vs. Gomez

Gomez jedenfalls empfand es eher als Hohn ihm gegenüber, was er nach dem Spiel auch deutlich zum Ausdruck brachte: "Mein großer Kontrahent derzeit ist Miro Klose. Aber mein anderer großer Kontrahent ist ein Teil der Fans."

Nicht förderlich sei dieses Gepfeife, ganz im Gegenteil. Gomez kotzte sich ein klein wenig aus und man hatte das Gefühl, dass es ihm danach ein bisschen besser ging. Auch Bastian Schweinsteiger sah sich erneut mit Pfiffen konfrontiert.

"Ein bisschen schade" fand das der Aushilfskapitän. "Die Mannschaft hat es nicht verdient, ausgebuht zu werden. Bei einer Weltmeisterschaft stehen die Fans hinter uns. Dann ist jeder dabei und feuert uns an. Aber wenn's mal nicht so läuft, muss das auch so sein. Ansonsten ist das für mich unverständlich."

Es wurde ja bereits im Vorfeld viel diskutiert über Sinn oder Unsinn solcher Testspiele. Bayern-Präsident Uli Hoeneß polterte ein wenig und wird sich angesichts eines faden 1:2 gegen eigentlich unendlich harmlose Australier, einer Mixtur aus drei gesetzten und acht Ergänzungsspielern und rund 15.000 leerer Sitzschalen in Mönchengladbach auf gewisse Weise bestätigt fühlen.

Testspielbilanz ernüchternd

"Das ist eine Sache der Einstellung. Man kann sich sehr gut vorbereiten, aber dann lässt man es doch etwas locker angehen. Das sollte normal nicht so sein", mahnte Miroslav Klose nach dem Spiel die Berufsauffassung einiger Kollegen an, so als wolle er seinem Boss im fernen München ein bisschen Unterstützung zuteil werden lassen.

Die Statistik in den Testspielen ist jedenfalls alles andere als rosig. Lässt man die drei WM-Vorbereitungsspiele 2010 weg, hat die deutsche Nationalmannschaft seit der EM 2008 nur lausige drei weitere Testspiele (Belgien, Vereinte Arabische Emirate, Südafrika) gewonnen.

Seit der WM 2010 hat die deutsche Auswahl zwar alle fünf Pflichtspiele, aber keinen der drei Tests für sich entschieden.

Podolski: "Diese Spiele machen Sinn"

Dabei spielt die veränderte Ausgangsposition aber auch eine entscheidende Rolle: Primäres Ziel in einem Pflichtspiel kann nur der Sieg sein, eins der früher als Freundschaftsspiele titulierten Spiele dient eben als Experimentierfeld, mit allen Risiken und Nebenwirkungen.

"Diese Spiele machen Sinn. Hier können sich die Spieler, die sonst nicht so oft spielen, beweisen. Klar hat man wenige Argumente, wenn man verliert. Aber wir haben noch nie so zusammengespielt wie heute. Es war ganz okay", meinte Lukas Podolski.

Denn: Wann sollte sich der Bundestrainer sonst ein Bild von den Spielern machen, die bei jederzeit zu erwartenden Verletzungen oder unerwarteten Leistungslöchern der Etablierten einspringen müssen: Beim Auftaktspiel der EM im kommenden Jahr gegen Frankreich, England oder Portugal?

Testspiele = Geld für die Basis

"Diese Testspiele sind wichtig für die Mannschaft und den Verband", wiederholte sich also Teammanager Oliver Bierhoff.

"Da werden Einnahmen generiert, die wichtig für uns sind. Diese Gelder wandern dann ja irgendwann auch wieder in die Basis, in die Jugendförderung", holte Bierhoff dann noch ein bisschen arg weit aus.

Die Diskussion wird weiter kontrovers bleiben. Vor allem auch, weil beide Parteien - hier die Klubs, da der DFB - ihre Standpunkte beharrlich verteidigen.

Schmelzer, Hummels und Bender enttäuschend

Völlig unabhängig von jeglichen Sinnfragen bleibt aber festzuhalten, dass die zweite Reihe ihre Chance nicht wirklich nutzen konnte.

Gleich auf mehrere Fußpaare richteten sich die neugierigen Blicke. Auf Marcel Schmelzer, die Hoffnung für die linke Abwehrseite. Auf Mats Hummels, den besten deutschen Innenverteidiger der Saison. Auf Sven Bender, den begabten Ballklauer im defensiven Mittelfeld oder Andre Schürrle.

Der Mainzer hinterließ noch den besten Eindruck, wobei auch Bender ansatzweise gezeigt hat, dass er zu einem wertvollen Spieler werden kann. Die anderen ließen eine gute Gelegenheit aus, noch mehr Werbung in eigener Sache zu machen.

"Das wirft uns nicht um"

Immerhin waren die Protagonisten danach selbstkritisch genug. "Man hat gemerkt, dass wir so noch nie zusammengespielt haben. Es darf aber nicht sein, dass man praktisch ohne eine Torchance für den Gegner das Spiel so hergibt", sagte Hummels.

Unterm Strich wird ein kleiner Betriebsunfall bleiben, ein Unterpunkt in einer fernen Statistik. Nicht mehr und nicht weniger.

"Das Ergebnis hatten wir nicht verdient, aber das wirft uns nicht um. Die Ziele, die wir uns gesteckt haben, haben wir bis jetzt tadellos erreicht", sagte Schweinsteiger. An den harten Fakten der EM-Qualifikation kann auch eine Niederlage gegen Australien nicht rütteln.

Deutschland - Australien: Daten zum Spiel

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