DFB-Jungs gegen den Rekordchamp

Von Für SPOX bei der U-17-EM: Torsten Adams
Deutschlands Nummer zehn Florian Trinks feiert ein Tor im U-17-Freundschaftsspiel gegen Schottland
© Getty

Wenn am Mittwoch der Startschuss zur U-17-EM in Deutschland fällt, dann kämpfen die acht Teilnehmer nicht nur um den Europameister-Titel, sondern auch um die Qualifikation für die nächste Weltmeisterschaft in Nigeria im Oktober.

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Doch welche Mannschaften haben die besten Aussichten auf die Trophäe? SPOX stellt die Teams vor und nennt ihre Schlüsselspieler.

1. Deutschland, der Gastgeber

Bei der EM im eigenen Land kann es für die Truppe von Trainer Marco Pezzaiuoli nur eine Maxime geben: Ran an den Pokal! Mit der Unterstützung der deutschen Fans soll in den Gruppenspielen die Basis gelegt werden, um am 18. Mai im schon jetzt ausverkauften Magdeburger Stadion vor 25.000 Zuschauern Europameister zu werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben die DFB-Jungs hart trainiert und die Verantwortlichen nichts dem Zufall überlassen. Im vorletzten Trainingslager waren neben den 24 Spielern 18 Trainer und Betreuer im Einsatz. Die professionellen Verhältnisse spiegeln sich auch in der Einstellung der DFB-Jungs wider. Torwart Marc-Andre ter Stegen kann das Eröffnungsspiel kaum abwarten: "Die Klasse ist da, das Team ist sehr motiviert und brennt darauf, sich auf dem Platz beweisen zu können."

Trotz aller Euphorie hebt Pezzaiuoli warnend den Zeigefinger: "Eine EM im eigenen Land, die vielen Zuschauer und die Live-Übertragung im TV - das ist keine einfache Situation für die Jugendlichen. Zudem kommen die Gegner mit großem Selbstvertrauen aus der überstandenen Qualifikation nach Deutschland."

Dennoch betonen der Trainer und DFB-Sportdirektor Matthias Sammer unisono: "Unser Ziel ist es, Europameister im eigenen Land zu werden." Und Pezzaiuoli liefert auch gleich den nächsten Grund dafür: "Wir haben uns in den vergangenen beiden Jahren Selbstbewusstsein erworben und gehen top-motiviert ins Turnier."

Schlüsselspieler: Marc-Andre ter Stegen (Borussia Mönchengladbach, Tor), Reinhold Yabo (1. FC Köln, Mittelfeld), Florian Trinks (Werder Bremen, Mittelfeld), Lennart Thy (Werder Bremen, Angriff)

2. Spanien, der Rekordchampion

Sieger 2007, Sieger 2008: Die Spanier sind auch in diesem Jahr wieder ein ganz heißer Kandidat auf den EM-Titel. Doch Trainer Gines Melendez stapelt erst mal tief. Für ihn ist der Turniersieg nur zweitrangig: "Das Hauptziel ist es, gute Spieler zu formen, die den Sprung in die U 19 und in die Profiteams ihrer Vereine schaffen."

Im letzten Sommer trat der 59-Jährige die Nachfolge von Trainerlegende Juan Santisteban an, seines "Lehrers", wie Melendez ihn beschreibt. Erfolgscoach Santisteban holte mit Spaniens Auswahl im letzten Jahr seinen siebten Titel und erreichte in sechs Jahren viermal das Halbfinale. Er verpasste die Qualifikation für die Endrunde nur einmal und formte in seiner Amtszeit Spieler wie Iker Casillas, Ivan de la Pena oder Bojan Krkic.

Sein langjähriger Assistent Melendez hat in Deutschland die Chance, den ersten Titel-Hattrick in einem UEFA-Juniorenwettbewerb und den neunten Triumph für die spanische Auswahl bei einer U-17-EM perfekt zu machen.

Schlüsselspieler: Jorge "Koke" Resurreccion (Atletico Madrid, Mittelfeld), Borja Gonzalez (Atletico Madrid, Angriff), Pablo Sarabia (Real Madrid, Angriff)

3. Italien, die Erfahrenen

Das Ziel des ist klar: an die Erfolge der Squadra Azzurra anknüpfen. Dabei ist Italiens Nachwuchs deutlich weniger erfolgreich als ihre großen Vorbilder. Die Azzurrini haben sich zum ersten Mal seit 2005 wieder für eine U-17-EM-Endrunde qualifiziert. In der Eliterunde setzten sie sich ohne Punktverlust gegen Österreich (2:1), Schottland (3:1) sowie Georgien (1:0) durch.

Als großes Plus bezeichnet Trainer Pasquale Salerno die Erfahrung seiner Schützlinge. Kaum eine italienische U 17 war in den letzten Jahren so weit entwickelt wie die aktuelle Mannschaft. "Zum ersten Mal überhaupt haben wir fünf oder sechs Spieler in unserem Kader, die schon in den Primavera-Teams (Italiens höchste Jugendklasse, Anm d. Red.) aus der Serie A kicken."

Gleichwohl weiß Salerno auch um die harten Brocken, auf die Italien in Gruppe A trifft. "Es sind alles starke Teams. Spanien hat die letzten beiden Austragungen gewonnen, Frankreich 2004. Wir sind dagegen das erste Mal seit vier Jahren qualifiziert und müssen uns erst mal durchbeißen."

Schlüsselspieler: Stephan El Shaarawi (CFC Genua, Mittelfeld),Giacomo Beretta (UC Albinoleffe, Angriff), Alberto Libertazzi (Juventus Turin, Angriff)

4. England, die Namhaften

Die Young Lions sind zum fünften Mal in sieben Jahren bei einer U-17-Endrunde dabei - eine Bilanz, die nur Spanien übertrifft. Vor zwei Jahren wäre dem Team von Trainer John Peacock beinahe der große Coup geglückt, als England erst im Finale den Spaniern unterlegen war.

Bei der anstehenden Endrunde setzt Peacock vor allem auf seine Abteilung Attacke, die mit Kapitän Jose Baxter, Torjäger Luke Freeman und Scharfschütze Benik Afobe außergewöhnlich stark besetzt ist.

Zudem stehen dem Coach zwei namhafte Youngster zur Verfügung: Jacob Walcotts Cousin ist ein gewisser Theo Walcott, 2005 selbst Englands herausragender Akteur bei der damaligen U-17-EM. Im Mittelfeld zieht Thomas Ince die Fäden, Sohn des ehemaligen englischen Nationalmannschaftskapitäns Paul Ince.

Schlüsselspieler: Tom Parkes (Leicester City, Abwehr), Luke Freeman (FC Arsenal, Angriff), Benik Afobe (FC Arsenal, Angriff)

5. Niederlande, die Bodenständigen

Drei Spiele, drei Siege, acht zu null Tore. So lautet die beeindruckende Bilanz der kleinen Elftal in der letzten Qualifikationsphase zur U-17-EM. Besonders auffällig: Angreifer Luc Castaignos von Feyenoord Rotterdam, der alleine drei der acht Treffer beisteuerte.

Die Niederlande, die traditionell über eine gute Jugendarbeit verfügen, sind mittlerweile zum dritten Mal in Folge bei einer U-17-Endrunde dabei.

Vater des Erfolges ist Trainer Albert Stuivenberg, der die herausragenden Ergebnisse im Vorfeld der EM nicht zum Maßstab nehmen will: "Wir haben im September auch schon gegen Deutschland gewonnen. Aber seitdem haben sich viele Dinge geändert. Ich bin sicher, sie werden sich im eigenen Land extrem stark präsentieren."

Schlüsselspieler: Oguzhan Özyakup (FC Arsenal, Mittelfeld), Shabir Isoufi (Feyenoord Rotterdam, Mittelfeld), Luc Castaignos (Feyenoord Rotterdam, Angriff)

6. Frankreich, das Kollektiv

Das größte Hindernis auf dem Weg zur EM überwand Vorjahresfinalist Frankreich bereits im Januar. In der Türkei überstand das Team einen Busunfall, bei dem mehrere Menschen verletzt wurden, darunter auch Trainer Philippe Bergeroo. Glücklicherweise heilten die Verletzungen schnell wieder ab und der Europameister von 1984 steht in Deutschland an der Linie der Mini-Bleus.

Denn Bergeroo weiß, wie es geht: 2004 war der 55-Jährige schon einmal für die U 17 zuständig und führte die Grande Nation zum Triumph im eigenen Land. Damals zauberten Spieler wie Samir Nasri, Karim Benzema und Hatem Ben Arfa.

Obwohl in Frankreichs Kader auch in diesem Jahr verheißungsvolle Talente stehen, sieht Bergeroos Co-Trainer Pascal Rohn gewisse Unterschiede im Vergleich zur Siegermannschaft von 2004: "Im Vergleich zur Generation mit Benzema, Ben Arfa und Nasri besticht unser aktueller Kader eher durch Teamgeist als durch individuelle Stärke."

Schlüsselspieler: Zacharie Boucher (AC Le Havre, Tor), Alassane Tambe (Paris Saint-Germain, Abwehr), Alexandre Coeff (RC Lens, Mittelfeld), Yeni Ngbakoto (FC Metz, Mittelfeld)

7. Türkei, der Geheimfavorit

Den Auftaktgegner der deutschen Mannschaft hat niemand so richtig auf der Rechnung, wenn es um den Gewinn der Europameisterschaft geht.

Trainer Abdullah Ercan gefällt die Rolle als Underdog: "Wir stehen bei der Endrunde nicht so unter Druck wie in der Qualifikation. Diesmal werden keine hohen Erwartungen an uns gerichtet und wir haben das Ziel, die Türkei in Deutschland bestmöglich zu vertreten."

Doch Vorsicht: Schon 2005 setzte niemand auch nur einen Cent auf die Türkei als Gewinner der Endrunde. Angeführt vom heutigen Dortmunder Nuri Sahin, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, schafften die Türken die Sensation. Und auch in diesem Jahr ist der Kader von Ercan stark besetzt. Die beiden Speerspitzen Hasan Ahmet Sari und Gökhan Töre sind durchaus in der Lage, ordentlich für Furore zu sorgen.

Schlüsselspieler: Engin Bekdemir (PSV Eindhoven, Mittelfeld), Orhan Gülle (Besiktas, Mittelfeld), Gökhan Töre (FC Chelsea, Angriff), Hasan Ahmet Sari (Trabzonspor, Angriff)

8. Schweiz, der Premierensieger

2002 gewannen die Eidgenossen gleich die erste Ausgabe der U-17-EM. Mittlerweile sind sie zum vierten Mal innerhalb von acht Jahren bei einer Endrunde dabei. Eine Quote, die nur vier andere Länder vorweisen können.

Und dennoch ist für Trainer Dany Ryser bereits die Teilnahme am Turnier in Deutschland ein großer Erfolg: "Alleine die Qualifikation ist schon eine große Auszeichnung und der Lohn für die gute Jugendarbeit im Schweizer Fußballverband. Wir wollen einfach unsere bestmögliche Leistung abrufen und schauen, wohin uns das bringt."

Beim Triumph vor sieben Jahren hatten die kleinen Eidgenossen einen außergewöhnlichen Jahrgang, der mit Spielern wie Philippe Senderos, Tranquillo Barnetta oder Reto Ziegler bestückt war. Im aktuellen Kader fehlt es an Ausnahmekönnern. Ryser sieht vor allem  auf der Bank ein Problem: "Wenn ein Spieler verletzt oder gesperrt ausfällt, spüren wir das viel deutlicher als Nationen wie Spanien, England oder Italien. Uns fehlt die Breite im Kader."

Schlüsselspieler: Frederic Veseli (Manchester City, Abwehr), Kofi Nimeley (FC Basel, Mittelfeld), Nassim Ben Khalifa (Grashopper Club Zürich, Angriff)

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