Für Löw ist Streit mit Ballack beendet

SID
Joachim Löw, Jogi, Michael Ballack
© Getty

Nach der Aussprache mit Michael Ballack sieht Bundestrainer Joachim Löw die Chance für einen vertrauensvollen Neuanfang.

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"Grundsätzlich haben wir eine Basis geschaffen, um wieder gut zusammenzuarbeiten. Es ist ein Grundvertrauen vorhanden. Die Sache ist damit jetzt für mich auch erledigt", erklärte Löw im Interview mit der "Welt am Sonntag" und fügte optimistisch an: "Ich weiß, dass eine solche Auseinandersetzung in dieser Form nie mehr passieren wird."

Ballack, der Löw in einem Zeitungsinterview scharft angegriffen hatte, habe ihm in dem persönlichen Gespräch am Donnerstag glaubhaft versichert, dass es ein Fehler gewesen sei, die Arbeit des Bundestrainers zu kritisieren.

In gut zwei Wochen steht die beim Geheimgespräch in der DFB-Zentrale gekittete Beziehung zwischen dem Bundestrainer und seinem Kapitän auf dem Praxis-Prüfstand.

Bis dahin will Löw engen Kontakt zu Chelsea-Profi Ballack halten. "Wir haben vereinbart, dass wir in der kommenden Woche nochmal telefonieren", sagte Löw.

Ballack bis zur WM Kapitän

"Er hat sich von der Kritik an meinen Entscheidungen distanziert und klar gemacht, dass er sie respektiert", sagte Löw, der einen Tag nach dem Treffen in Frankfurt/Main mitgeteilt hatte, dass er Ballack nur eine Rüge erteilt habe und mit den England-Legionär vom FC Chelsea weiter als Kapitän bis zur WM 2010 in Südafrika plane.

DFB-Sportdirektor Matthias Sammer begrüßte bei Premiere das Ergebnis des Gesprächs zwischen dem Bundestrainer und dem Kapitän, stärkte Löw aber noch einmal den Rücken: "Natürlich sind wir froh, dass das Thema beendet ist. Die in der Öffentlichkeit stattgefundene Diskussion war bei uns intern nie ein Thema. Jogi Löw ist unser Bundestrainer, er steht über allem. Er hat die absolute Kompetenz und Autorität bei uns im Haus und die Unterstützung aller - nicht nur von Dr. Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Oliver Bierhoff, sondern auch von meiner Seite. Das muss man mal ganz klar sagen. Er hat sich jetzt auch souverän verhalten."

Löw empfindet einige Äußerungen als überzogen

Löw schloss seinerseits eigene Versäumnisse in der Mannschaftsführung aus. "Es gab keine Anzeichen dafür, zumal wir unsere Position gegenüber den Spielern immer offen und ehrlich kommunizieren. Einige Äußerungen waren für mich deshalb vollkommen unverständlich und überzogen. Eines ist für mich klar: Personalentscheidungen obliegen mir. Ich kann Rücksprachen halten, aber ich muss es nicht. Das werde ich auch in Zukunft so handhaben", sagte der 48-Jährige.

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Einen Autoritätsverlust sieht der Bundestrainer durch den Verbleib des Kapitäns in seinem Amt nicht.

Ballack soll sich weiter einmischen

"Es ist doch für alle am besten, wenn ein Spieler wie Michael Ballack seinen Fehler einsieht, sich entschuldigt und uns weiter zur Verfügung steht, wenn die Leistung stimmt. Was meine Autorität betrifft, mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Ich habe meine Vorstellungen, das wissen alle, und die werden konsequent umgesetzt", meinte Löw, der auch in Zukunft erwartet, dass Ballack sich einmischt: "Es wird sich zeigen, in welcher Form er sich einbringt und die Mannschaft in der Balance hält. Er hat als Kapitän natürlich weiter die Pflicht, seine Meinung oder die Meinung der Mannschaft weiterzugeben. Aber nicht öffentlich", sagte der Bundestrainer.

Leidige Diskussion über Stammplatzgarantien

Grundsätzlich beklagte Löw, dass in Deutschland zu sehr über unzeitgemäße Stammplatzgarantien diskutiert wird.

Fest geplant ist hingegen das nächste Konfliktgespräch mit Kritiker Nummer 2. Der von Löw zuletzt zum Bankdrücker degradierte Torsten Frings wird gegenüber dem Bundestrainer seine Aussagen nach den letzten WM-Qualifikationspartien rechtfertigen müssen.

"Da herrscht vorher noch Gesprächsbedarf. Mit Torsten Frings wird bald ein Gespräch stattfinden. Von meiner Seite werden auch hier einige Dinge deutlich angesprochen. Ich werde ihm nochmal sehr klar sagen, dass für seine Perspektiven bei uns seine Leistung entscheidend sein wird. Das Gespräch wird in der gleichen Weise geführt wie mit Michael Ballack", kündigte Löw eine Fortsetzung seiner Strategie zur Krisenbewältigung an.

Ab sofort hat bei Löw das Leistungsprinzip oberste Priorität, was sich auch bei der schon in elf Tagen anstehenden Nominierung für das England-Spiel zum Ausdruck kommen soll.

Deutlich widersprach Löw der Behauptung, seine Autorität habe durch die ausgebliebene Sanktionierung seines Führungsspielers Schaden genommen. "Es ging nicht um Gewinner oder Verlierer. Michael Ballack hat mir glaubhaft versichert, dass er nicht unsere Arbeit kritisieren wollte", sagte der 48-Jährige.

Löw lässt sich nicht reinreden

Der Bundestrainer hat sich zudem über die vielen Ratschläge und Einmischungen der Vereine in den vergangenen Wochen gewundert: "Über dieses Thema sollte man mal grundsätzlich mit den Vereinen sprechen. Wenn der eine oder andere seine Meinung äußert, mir öffentlich rät, ich müsste zu Ballack fliegen oder etwas anderes tun, dann registriere ich das. Aber für meine Linie ist das nebensächlich."

In der Bundesliga wurde der Burgfrieden erleichtert zur Kenntnis genommen. "Ich habe lange gesagt, dass ich das sehr begrüßen würde, wenn das möglichst vom Tisch wäre. Jetzt ist es vom Tisch - und damit hat sich die Sache für mich erledigt", sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß.

Thomas Hitzlsperger - als Frings-Ersatz gegen Russland (2:1) und Wales (1:0) indirekt an der Entstehung des Konflikts beteiligt - wollte nach vorne schauen. "Das ist gelöst. Das ist wichtig, dass es vorbei ist. Ich will dazu weiter nichts sagen, das Thema ist ja jetzt auch durch", sagte der Profi vom VfB Stuttgart.

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