Status: Es ist kompliziert

Nach der bitteren Heimniederlage war die Enttäuschung beim BVB groß
© getty

Borussia Dortmund wird schon zum zweiten Mal in dieser Saison ein Opfer seiner selbst. In einer Kopie des Hinspiels gelingt dieses Mal dem FC Arsenal der Lucky Punch. Die Situation in der Gruppe ist verzwickt, Dortmund könnte sogar mit zwei weiteren Siegen ausscheiden.

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Kurz vor Schluss machte das Wort Malaga die Runde. Eine sensationelle Wende musste her, so wie vor gut einem halben Jahr im Champions-League-Viertelfinale gegen die Spanier, als der BVB in der Nachspielzeit aus einem 1:2 ein 3:2 machte.

Zumindest den Ausgleich hatte sich der Großteil der Zuschauer im mit 65.829 Zuschauern ausverkauften Stadion gewünscht - und natürlich auch für verdient und gerecht gehalten. Denn als ungerecht empfanden Anhänger, Spieler und Trainer den 1:0-Sieg des FC Arsenal in Dortmund in gleicher Weise.

Wie im Hinspiel, nur anders rum

Es war ein ähnlich enges Duell zwischen dem BVB und Arsenal wie vor zwei Wochen im Emirates Stadium in London. Da hatten die Dortmunder mit einem fantastischen Konter den Sieg kurz vor Schluss eingetütet. Etwas glücklich und ungerecht empfanden die Gunners den Sieg der Deutschen damals.

Dieses Mal gelang Arsenal durch Aaron Ramsey der Lucky Punch, der das Spiel entschied und die Ausgangslage die Londoner vor den abschließenden beiden Spielen in eine deutlich komfortablere Situation brachte.

In beiden Spielen wäre auch ein Unentschieden als gerechtes Ergebnis durchgegangen. Aber "Fußball ist ein Ergebnissport", wie Jürgen Klopp bilanzierte. Und die Ergebnisse lauten 2:1 und 0:1 aus Dortmunder Sicht. Damit hat der BVB immerhin den direkten Vergleich mit Arsenal gewonnen, falls dieser am Ende nochmal eine Rolle spielen sollte.

Hätte, wenn und aber

Den bitteren Geschmack der Niederlage erhöhte die Tatsache, dass sich die Dortmunder in der vierten Minute der Nachspielzeit auch noch um einen Elfmeter gebracht sahen, als Robert Lewandowski im Zweikampf mit Per Mertesacker zu Boden ging.

"Ich hatte das Gefühl, dass man den schon pfeifen kann", sagte Klopp, der nach seiner Zwei-Spiele-Sperre wieder auf der Bank saß, recht diplomatisch. "Der Arm von Per war oben dran, er zieht ihn an der Schulter rum. Deswegen hätte sich auch niemand beschweren können, wenn er gepfiffen worden wäre. Hätte, wenn und aber hat noch keinen so richtig weiter gebracht. "

Es blieb insgesamt ein Abend der hätte, wenn und abers. Denn die Dortmunder waren bis zum Gegentreffer die überlegene Mannschaft. "Wir hatten sehr große Spielanteile, wir hatten sehr gute Möglichkeiten", sagte Torhüter Roman Weidenfeller.

Wenig gute Torchancen

Dortmund kam am Ende tatsächlich auf einen Ballbesitzanteil von 53 Prozent, der deutlich über dem eigenen Durchschnitt (46 Prozent) liegt. Aber in der Kategorie klare Torchance war nur eine Möglichkeit von Henrikh Mkhitaryan zu verzeichnen (37.).

"Wir hatten viele Super-Momente, haben es aber nicht geschafft, daraus gute Torchancen zu machen", sagte Klopp. Vor allem in der 15 Minuten nach der Pause kam Dortmund besser in Fahrt und zielstrebiger Richtung Tor. Das sah auch Klopp so, aber dann kam Ramsey und es machte "klonk", wie der BVB-Trainer meinte.

Das Spiel kippte. Arsenal hatte mehrfach die Chance auf das 2:0 und hätte nach einer Attacke von Roman Weidenfeller an Laurent Koscielny selbst einen Strafstoß bekommen können.

Die Dortmunder waren geschockt, nicht fähig zu einer geordneten Reaktion. Und auch das Wilde funktionierte nicht, es war eben kein zweites Malaga. "Wir haben häufig den freien Mann nicht gefunden, Arsenal hat vielbeinig verteidigt", sagte Klopp über die Probleme des Spiels.

Bloß nicht überrollt werden

Die Gunners traten in beiden Spielen nicht als das furiose Offensivteam auf, das man aus vielen Spielen in England kennt. Manager Arsene Wenger hatte sein Team an den Gegner angepasst und dabei auch den Verlust der eigenen Stärke in Kauf genommen.

Hauptsache der BVB kommt nicht zu seinem gefürchteten Umschaltspiel. "Wir wollten verhindern, dass uns Dortmund überrennt", sagte Mertesacker. Auch Wenger lobte die defensive Geschlossenheit seiner Mannschaft, aber auch das Pressing der Dortmunder. Es sei enorm wichtig gewesen, "nicht den ersten Fehler zu machen und auf den richtigen Moment zu warten."

Der Fluch der guten Tat

Die Dortmunder sind in dieser Partie erneut zum Opfer ihrer guten Leistungen aus der Vorsaison geworden. Konnte der BVB in der letzten Spielzeit noch in fast jedem Spiel als Außenseiter auftreten und seine Gegner mit Pressing, Gegenpressing und Umschaltspiel überraschen, wird der BVB auch von Teams wie Arsenal dazu gezwungen, das Spiel zu machen - und das liegt den Dortmundern weniger.

Schon bei der Niederlage in Neapel war das Problem erkennbar. Die Italiener hatten überhaupt kein Interesse an eigenem Ballbesitz und lauerten dagegen auf Dortmunder Fehler, die dann auch gemacht wurden.

Es ist eine Konstellation die Klopp schon aus der Bundesliga kennt. Auch da mussten die Dortmunder ihr Spiel nach der Meistersaison leicht anpassen und weiterentwickeln. Das ist jetzt auch die Aufgabe auf dem höheren Niveau in der Champions League.

Raus mit zwei Siegen?

Die nächste Möglichkeit zum Testen unter Wettkampfbedinungen bietet sich schon in knapp drei Wochen, wenn es innerhalb von vier Tagen gegen den FC Bayern und Neapel geht. In der Königsklasse geht es in dann schon ums nackte Überleben - auch wenn die Lage in der Gruppe verzwickt ist und nicht so einfach wie von Klopp erhofft.

"Die positivste Nachricht ist, dass wir mit zwei Siegen in die nächste Runde einziehen", meinte der Trainer. Doch das ist falsch. Durch den komplizierten Modus könnte der BVB im schlimmsten Fall sogar mit zwei weiteren Siegen und 12 Punkten rausfliegen.

Und zwar dann, wenn Dortmund Napoli mit nur einem Tor Unterschied schlägt und die Italiener Arsenal am letzten Spieltag mit zwei Toren Unterschied besiegen und dabei insgesamt genügend Tore erzielen, um im möglichen Dreiervergleich (kommt zum Einsatz wenn drei Teams punktgleich sind) besser dazustehen als der BVB (Szenario: Napoli und Arsenal mit 5:5-Toren im Dreiervergleich, Dortmund 4:4).

So kompliziert sich die Lage darstellen könnte, klar ist auch: Gegen Napoli hilft Dortmund nur ein Sieg, um nicht vorzeitig aus dem Rennen zu sein. Am besten mit mehr als einem Tor Unterschied, um sich die Rechnerei zu ersparen. Und klar ist auch, dass so wie Wenger auch Klopp und Benitez denken dürften. "Die Gruppe ist sehr stark, und eine dieser drei Mannschaften wird einen hohen Preis zahlen müssen. Ich hoffe, dass wir das nicht sein werden."

Dortmund - Arsenal: Die Daten zum Spiel