Das Fiasko als Chance

Von Thomas Gaber
Zlatan Ibrahimovic vom FC Barcelona (M.) hält sich Hleb (l.) und Delpierre (r.) vom Leib
© Getty

Dem VfB Stuttgart wurden beim Achtelfinal-Rückspiel in Barcelona schonungslos die Grenzen aufgezeigt. Matthias Sammer kritisierte die Schwaben für das Auftreten beim 0:4 in der Champions League. Jetzt wartet auf den VfB eine Menge Arbeit: Ein neuer Torwart muss her, es stehen wichtige Vertragsverhandlungen an und der Transfermarkt muss sondiert werden.

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Horst Heldt hat Matthias Sammer nicht zugehört. Während der DFB-Sportdirektor bei "Sky" polterte, wie unwürdig sich der VfB Stuttgart aus der Champions League verabschiedet hatte, war Heldt bei der Mannschaft. Wunden lecken nach dem kläglichen Versuch, den FC Barcelona wenigstens ein bisschen zu kitzeln.

Als Heldt wenig später im TV-Studio erschien, hatte sich Sammer wieder beruhigt. Heldt sah neben "Fire-Head" trotzdem aus wie ein Häuflein Elend. Der Sportdirektor des VfB hatte sich insgeheim doch etwas mehr erwartet im Camp Nou.

Ein neuer Torwart muss her

Schließlich hat man mit Christian Gross einen international anerkannten Fachmann als Trainer, mit Alexander Hleb einen in ganz Europa begehrten Spieler und mit Sami Khedira Michael Ballacks Erbe in der Nationalmannschaft.

Sammer echauffierte sich über mangelnden Kampfgeist der Stuttgarter. Eine berechtigte Kritik, aber nur ein Teilaspekt. Dem VfB fehlt weitaus mehr zum Toplevel.

18 Millionen Euro hat Stuttgart durch das Erreichen des Achtelfinals der Königsklasse eingenommen. "Damit haben wir unser ursprüngliches Ziel erreicht", sagte Heldt. Genug Geld, das er in die Mannschaft investieren sollte.

Ein Teilbetrag wird für einen neuen Torhüter fällig. Jens Lehmann lässt sich ein Hintertürchen offen, was sein Karriereende angeht, für den VfB wird er aber am 8. Mai in Hoffenheim sein letztes Spiel machen.

Wichtige Verhandlungen

Heldt konnte sich am Mittwoch bei "Sat.1" nicht zu einem klaren Bekenntnis für die Ersatzkeeper Alexander Stolz und Sven Ulreich durchringen. Zwischen den Zeilen war zu herauslesen: Ja, wir holen eine neue Nummer eins.

Stuttgart wird in der kommenden Saison voraussichtlich nicht international vertreten sein. Heldt weiß, wie viel Geld für Neuverpflichtungen zur Verfügung steht. Er muss ein klares Bild vom Anforderungsprofil zeichnen und umgehend beginnen, den Transfermarkt nach geeigneten Kandidaten zu sondieren.

Ein ad-hoc-Glücksgriff wie Cristian Molinaro gelingt nicht immer und Post-WM-Schnäppchen wir Pavel Pardo 2006 gibt es höchst selten.

Zudem stehen wichtige Verhandlungen mit Khedira und Cacau an. Cacau (Vertrag läuft aus) hat bereits signalisiert, in Stuttgart bleiben zu wollen. Khedira hat noch ein Jahr Vertrag, eine Verlängerung ist unwahrscheinlich. Der Nationalspieler ist begehrt, Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge nannte den 22-Jährigen einen "sehr interessanten Spieler". Gelingt es Heldt nicht, den Kader so zu verstärken, dass die Champions-League-Teilnahme dauerhaft möglich ist, ist Khedira spätestens 2011 weg.

"Unsere nahe Zukunft heißt Hannover 96"

Mit Trainer Christian Gross würde Heldt am liebsten bis zum Ende seiner Tätigkeit in Stuttgart zusammenarbeiten, verriet er der "Bild". Gross will sich dagegen nicht festlegen: "Das ist momentan überhaupt kein Thema", sagte der Schweizer.

Gross will sich auf den Saison-Endspurt konzentrieren. "Unsere nahe Zukunft heißt Hannover 96", sagte er, "bis dahin muss ich die Mannschaft wieder aufrichten." Gross wird wissen, wer den Spagat zwischen Camp Nou und Hannover am ehesten bewältigt.

Doch die Planungen gehen auch beim Coach über die Saison hinaus. Alexander Hleb wird den Verein nach der Saison verlassen. Ricardo Osorio und Khalid Boulahrouz haben bei Gross keine Chance und die Stürmer Pawel Pogrebnjak und Ciprian Marica genügen den Ansprüchen nicht. Zudem ist die Zukunft von Arthur Boka offen.

Bei Gross' Vorgänger Markus Babbel bekamen junge Spieler wie Sebastian Rudy, Clemens Walch oder Julian Schieber Bewährungschancen. Gross hat nichts zu verlieren, wenn er die Talente in den letzten acht Bundesligaspielen häufiger testet.

Das Fiasko von Camp Nou ist auch eine Chance für den VfB Stuttgart.

FC Barcelona - VfB Stuttgart