Van Gaal und die Bayern: Alles easy

Von Thomas Gaber
Louis van Gaal gesellte sich bei der Pressekonferenz unter die Reporter
© Getty

Vor dem "Spiel des Jahres" schlüpfte ein bestens gelaunter Bayern-Coach Louis van Gaal spontan in eine ungewohnte Rolle. Gegner Inter ist fest entschlossen und hat einen Psychotrick auf Lager.

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Louis van Gaal nahm ganz hinten Platz. Ab in die letzte Reihe hieß es für den Trainer des FC Bayern München Montagmittag im Pressesaal der Allianz Arena. Van Gaal war noch nicht an der Reihe, sein Spieler Mario Gomez beantwortete noch die letzten Fragen zum Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Inter Mailand (Di., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER).

Aber weil van Gaal eben schon da war, hörte er Gomez zu. Auf die Frage, wie er sich fühle, Auskunft über seine Befindlichkeit und die der Mannschaft in Anwesenheit des Trainers geben zu müssen, antwortete Gomez: "Ich würde nichts anderes sagen, wenn der Trainer nicht da wäre."

Van Gaal wird Journalist

Die Fotografen richteten umgehend ihre Stative in Richtung van Gaal, um dessen Reaktion so authentisch wie möglich darzustellen. Auf einmal stand der Coach im Mittelpunkt, lange vor seinem Auftritt auf dem Podium. Van Gaal nutzte die Gelegenheit, krallte sich ein Mikrofon und versuchte sich als investigativer Journalist. "Mario, was glauben Sie: In welcher Minute werden Sie gegen Inter ein Tor schießen?" Gomez: "In welcher Minute hätten Sie's denn gerne, Trainer?" Van Gaal: "Wenn das immer alles so einfach wäre..."

Ist es freilich nicht. Aber der FC Bayern tut sich offenbar leicht, die nötige Lockerheit vor der Partie gegen den Titelverteidiger zu finden. Sogar Mediendirektor Markus Hörwick wollte nicht zurückstecken und gab einen Kalauer zum Besten. Weil Gomez den Bayern-Sturm irrtümlicherweise als zweitbesten bezeichnete, wenn es um die erzielten Tore geht, griff Hörwick ein. "Wir haben mittlerweile die meisten Tore erzielt (Bayern 57, Leverkusen 53, d. Red.). Man muss sagen, was man hat bei einer Saison wie dieser."

Es geht recht holprig zu beim FC Bayern in van Gaals zweitem Jahr. Aber in der Champions League stehen die Vorzeichen gut, dass die Mannschaft erneut das Viertelfinale erreicht. "Ein 0:0 wäre im Hinspiel schon gut gewesen. Aber wir haben 1:0 gewonnen. Und wir werden auch am Dienstag unsere Chancen bekommen. Wenn wir die nutzen, werden wir das Spiel gewinnen", sagte Gomez.

Der Respekt vor dem Gegner ist aber durchaus groß. "Inter hat viele Spieler, die ein Spiel alleine entscheiden können. Sie sind Titelverteidiger und in diesem Jahr torgefährlicher", so Gomez.

Bayerns Albtraum als Psycho-Trick

Um die nötigen Tore in München zu schießen, setzt Inter-Coach Leonardo mit Samuel Eto'o und Goran Pandew aller Voraussicht auf zwei Spitzen.

Und Bayerns Albtraum ist auch dabei. Diego Milito, zweifacher Torschütze im Madrider Finale im Mai 2010, turnte beim Abschlusstraining eifrig mit. Er ist keine Option für die Startelf, aber ein Plätzchen auf der Bank könnte es als psychologische Einschüchterungsmaßnahme schon sein. Außerdem hat Leonardo mit dem 18-jährigen Simone Dell'Agnello neben Pandew und Eto'o nur einen Stürmer dabei, der noch keine Sekunde in der Champions League gespielt hat.

Leonardo hat das Rückspiel gegen die Bayern zum wichtigsten des Jahres für Inter ausgerufen. Als ein Journalist von ihm wissen wollte, was er über die Drei-Spiele-Sperre für Milan-Stürmer Zlatan Ibrahimovic denke, der somit im Mailänder Derby am 27. März fehlen wird, sagte Leonardo: "Das Spiel gegen die Bayern ist zu wichtig, alles andere zählt wenig bis gar nichts. Die Jungs spüren die Wichtigkeit dieser Partie."

Inter, so versicherte der Coach, gehe mit dem "Optimismus und Willen, der uns immer auszeichnet, in dieses Spiel. Ich weiß, dass diese Mannschaft große Hürden überspringen kann. Dieses Spiel ist wie ein Finale. Es ist ein Privileg, es spielen zu dürfen, es zu gewinnen wäre noch viel besser. Und ich glaube, ein Inter-Sieg wäre nichts Außergewöhnliches."

Inter wird nicht anders spielen

Zumal es dem FC Bayern bisher nicht gelang, ein Europacup-Heimspiel gegen die Nerazzurri zu gewinnen. "Jetzt, da ich auch diese Information bekommen habe, wäre es noch viel schöner, zu gewinnen und weiterzukommen", sagte van Gaal. Der Bayern-Coach erwartet kein stürmisches Inter.

"Sie haben im Hinspiel so gespielt wie unter Mourinho im Finale. Und sie werden auch im Rückspiel nicht anders spielen. Wir sind auf alles vorbereitet", so der Niederländer, der von seinen Spielern Eigeninitiative erwartet: "Sie müssen nach drei, vier Minuten wissen, was Inter vorhat und entsprechend reagieren."

Van Gaals Landsmann Wesley Sneijder, der in Inters 4-3-1-2 als Zehner hinter Pandew und Eto'o agieren wird, kündigte ein "ganz besonderes Spiel" an. "Das ist ein Duell über 180 Minuten und wir haben erst 90 Minuten hinter uns. Wir haben ein gutes Gefühl. Wir müssen unser Spiel machen und Tore schießen, sonst gewinnt man kein Spiel."

Inter ist fest entschlossen, nicht wie alle anderen Sieger der Champions League zu enden. Bislang ist es noch keiner Mannschaft gelungen, den Titel erfolgreich zu verteidigen.

Van Gaal geht auch bei CL-Sieg

Van Gaal war 1996 nah dran. Mit Ajax Amsterdam erreichte er nach dem Titel 1995 erneut das Finale, das aber Juventus Turin im Elfmeterschießen gewann. Immerhin kann er mit dem FC Bayern seinen zweiten Titel holen. Er wäre nach Ottmar Hitzfeld und Jose Mourinho erst der dritte Trainer, der mit zwei verschiedenen Teams die europäische Krone holt.

Aber auch ein Titelgewinn würde nichts daran ändern, dass sich die Wege von van Gaal und dem FC Bayern am Saisonende trennen. "Das bleibt so. Wenn wir die Champions League gewinnen, habe ich meine Arbeit gut gemacht. Aber van Gaal ist nicht wichtig. Der FC Bayern ist wichtig."

Einer, der Jahre lang für die Bayern spielte, wird am Dienstag wohl doch dabei sein. Inter-Verteidiger Lucio trainierte am Montag voll mit.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Bayern: Kraft - Lahm, van Buyten (Badstuber), Gustavo, Pranjic - Kroos, Schweinsteiger - Robben, Müller, Ribery - Gomez

Inter: Cesar - Maicon, Lucio (Cordoba), Ranocchia, Chivu - Zanetti, Cambiasso, Stankovic (Motta) - Sneijder - Eto'o, Pandew

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