BVB, Erkenntnisse zur Niederlage von Borussia Dortmund gegen RB Leipzig: Mats Hummels zerstört mögliches Statement - Thomas Meunier als Sinnbild für Kaderplanung

Von Tim Ursinus
Borussia Dortmund, RB Leipzig, Bundesliga, BVB, Noten, Einzelkritk
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Mats Hummels hat Borussia Dortmund bei der Niederlage gegen RB Leipzig um ein Statement gebracht. Die Startelf-Nominierung von Thomas Meunier war derweil sinnbildlich für die Kaderplanung und Gregor Kobel wird immer mehr zur ärmsten Sau beim BVB. Drei Erkenntnisse zum nächsten schwarzgelben Rückschlag.

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Nach der 2:3-Niederlage gegen RB Leipzig muss Borussia Dortmund sich ernsthafte Sorgen um die Teilnahme an der Champions League in der nächsten Saison machen. Auf die viertplatzierten Sachsen beträgt der Rückstand drei Partien vor dem Ende der Hinrunde besorgniserregende vier Punkte.

Dabei hätte der BVB ein Statement durch einen Sieg nach dem verdienten Aus im DFB-Pokal unter der Woche dringend nötig gehabt. Diese Pläne durchkreuzte vor allem Mats Hummels mit einer kapitalen Fehlentscheidung, die ihm in ruhigeren Zeiten vermutlich nicht unterlaufen wäre.

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BVB: Mats Hummels zerstört mögliches Statement

Es war alles angerichtet beim BVB, der Kritik der vergangenen Wochen und dem Tiefpunkt im DFB-Pokal mit einem Sieg gegen den direkten Konkurrenten aus Leipzig Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch Mats Hummels machte die durchaus guten ersten zehn Minuten mit seiner Notbremse zunichte.

Der eigentlich für sein Gespür in brenzlichen Situationen bekannte Abwehrchef entschied sich dazu, den alleine auf Torhüter Gregor Kobel zustürmenden Loïs Openda von den Beinen zu holen. Weil sich der entscheidende Kontakt außerhalb des Strafraums abspielte, sah Hummels folgerichtig die Rote Karte.

Zunächst hatte die Entscheidung des 34-Jährigen, Openda zu foulen, etwas mehr Sinn ergeben. Schiedsrichter Sven Jablonski hatte ursprünglich auf Elfmeter entschieden und richtigerweise den Gelben Karton gezückt, musste diesen aber nach Eingreifen des VAR durch die rote Variante austauschen - Leipzigs Elfmeterschütze hätte also erst den seit Wochen glänzenden Kobel überwinden müssen und Dortmund hätte im schlechtesten Fall gute 80 Minuten Zeit gehabt, den Rückstand aufzuholen. Wohlgemerkt mit elf Mann.

Allerdings muss sich Hummels auch die Frage gefallen lassen, warum er das Risiko in dieser frühen Phase überhaupt eingegangen ist. Zum einen hätte Kobel noch bessere Chancen gegen den sprintenden Openda im direkten Duell als vom Punkt gehabt. Zum anderen hätte nicht zur Debatte gestanden, dass der BVB mit voller Kapelle weiterhin an seiner Spielidee festhalten kann. Das gab auch Hummels bei seiner anschließenden Entschuldigung zu.

Die Kritik von Trainer Edin Terzic an Hummels war dementsprechend mehr als berechtigt. "Mats weiß es selbst: Er hätte da nicht runtergehen sollen, nicht in dieser Aktion und vor allem nicht in dieser Minute des Spiels. Wenn wir in der 75. oder 80. Minute sind, dann können wir das Risiko vielleicht eingehen. Dann müssen wir akzeptieren, dass wir ein Tor kassieren", sagte dieser bei Sky.

BVB überzeugt kämpferisch, verliert aber verdient

So war es über weite Strecken ein Spiel auf ein Tor. Leipzig drückte pausenlos auf die Führung und erarbeitete sich ein beachtliches Chancenplus (3,24 zu 1,85 expected Goals). Schließlich sorgte ein Eigentor von Ramy Bensebaini für die verdiente Führung.

Noch ärgerlicher macht Hummels' Blackout, dass der BVB auch nach der Roten Karte ein gemessen an den Umständen gutes Spiel ablieferte. Dortmund gewann mehr Zweikämpfe und war in den Umschaltmomenten stets gefährlich. Kurz vor dem Pausenpfiff gelang sogar der zwischenzeitliche Ausgleich nach einem kleinen Powerplay. Auch nach der erneuten Leipziger Führung strahlte die Borussia vor allem in der wilden Schlussphase Gefahr aus, belohnte sich letztlich aber erst, als bereits das 1:3 gefallen war.

So steht der BVB mal wieder mit leeren Händen da, wäre ein Sieg in der aktuellen Phase doch viel mehr als drei Punkte wert gewesen. Stattdessen bleibt die Kritik an Terzic und dessen Spielweise, die dank Hummels gegen Leipzig gar nicht zu bewerten war. Daran ändert auch der kämpferisch beachtliche Auftritt seiner Mannschaft erstmal nichts.

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BVB: Gregor Kobel ist die ärmste Sau Dortmunds

Zur ganzen Wahrheit gehört jedoch, dass sich der BVB bei Kobel bedanken muss, dass die Leistung hinterher überhaupt gelobt werden kann (SPOX-Note: 2). Der Schweizer bewahrte seine Mannschaft mal wieder davor, abgeschossen zu werden.

Sechs teilweise sehr gute Leipziger Chancen wehrte Kobel ab, dazu kommen tolle Paraden wie beim Abschluss von Openda, als dieser aus einer Abseitsposition die riesige Möglichkeit auf das 1:0 hatte. Nach mehreren Hochkarätern schaffte es in den ersten 45 Minuten nur Bensebaini, den Torhüter zu überwinden. In der wilden Schlussphase hatte Kobel zudem entscheidenden Anteil daran, dass Dortmund überhaupt noch von dem Ausgleich träumen durfte.

Es war in dieser Saison bei weitem nicht das erste Mal, dass Kobel seine Mannschaft im Spiel hielt bzw. das Ergebnis weniger schlimm aussehen ließ.

Schon beim 1:1 gegen Bayern Leverkusen am vergangenen Wochenende oder in Stuttgart entschärfte Kobel Chancen, die für einen Eintrag auf der Anzeigetafel hätten sorgen müssen.

Gregor Kobel auch statistisch der beste Keeper der Bundesliga

Kobel ist nicht nur subjektiv, sondern auch statistisch gesehen der derzeit beste Keeper der Liga. Laut der Datenbank fbref.com wehrte er in dieser Bundesligasaison starke 77,8 Prozent von den insgesamt 63 Schüssen auf sein Tor ab - mehr als jeder andere Schlussmann, der mehr als fünf Spiele zwischen den Pfosten stand.

Kurz: Der BVB und insbesondere Terzic haben es vor allem Kobel zu verdanken, dass man sich abseits des Ausscheidens im Pokal noch in allen Wettbewerben auf Zielkurs oder Tuchfühlung befindet.

Kobel wird sich auf kurz oder lang mit Sicherheit die Frage stellen, wie lange er noch den großen Retter spielen will. Längst ist der 26-Jährige dazu bereit, den nächsten Schritt zu einem Klub mit dauerhaften Titelchancen zu gehen. Verpasst der BVB auch noch die Champions-League-Qualifikation, dürfte ein Verbleib im Sommer auch trotz seiner Vertragsverlängerung im Oktober dieses Jahres gehörig auf der Kippe stehen.

Bis dahin bleibt Kobel aber noch die - überspitzt formuliert - ärmste Sau in Dortmund, die in dieser Spielzeit als einziger BVB-Spieler konstant auf hohem Niveau spielt.

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BVB: Thomas Meunier sinnbildlich für schlechte Kaderplanung

Nach den Verletzungen von Julian Ryerson (Innenband) und Marius Wolf (Bänderdehnung) war es nicht gänzlich überraschend, dass Terzic in der Startelf auf Thomas Meunier setzte. Die Berufung sollte den Verantwortlichen rund um Sportdirektor Sebastian Kehl aber zumindest zu denken geben.

Meunier gilt mindestens seit dem vergangenen Winter als Streichkandidat beim BVB, im Sommer konnte erneut kein Abnehmer gefunden werden. Gegen Leipzig stand er deshalb in dieser Saison zum ersten Mal in der Startelf.

Der Belgier gehörte, obwohl er mit seiner missglückten Grätsche einen Anteil an Hummels' Platzverweis hatte, zwar zu den besseren BVB-Profis, stellte Dortmunds Fehlplanung im Sommer aber gut zur Schau.

Thomas Meunier wie Bouna Sarr beim FC Bayern München

Es ist sinnbildlich für den ungenügenden Kader, dass ein Spieler, für den es eigentlich gar keine Verwendung mehr gibt, in so einem wichtigen Spiel in der ersten Elf steht. Vergleichbar ist die Situation mit der von Bouna Sarr beim FC Bayern München, der in dieser Saison schon zu mehr Einsätzen als im kompletten Jahr zuvor kommt.

Aushilfs-Rechtsverteidiger Niklas Süle mit eingerechnet, hat der BVB zwar fünf weitere Außenverteidiger im Kader, so richtig überzeugen kann in dieser Spielzeit allerdings nur Ryerson.

Ein ähnliches Bild spiegelt sich auch im zentralen Mittelfeld und im Angriff wider, wo höchstens vereinzelte Glanzleistungen, aber keineswegs dauerhafte, an der Tagesordnung sind.

Klar ist: Kehl und der BVB haben im Winter-Transferfenster alle Hände voll zu tun, sind doch abseits der Torhüterposition in allen Bereichen Verstärkungen vonnöten.

BVB: Die restlichen Spiele von Borussia Dortmund im Jahr 2023

DatumWettbewerbGegner
13. Dezember, 21 UhrChampions LeagueParis Saint-Germain (H)
16. Dezember, 15.30 UhrBundesligaFC Augsburg (A)
19. Dezember, 20.30 UhrBundesliga1. FSV Mainz 05 (H)