Bremen schlägt Hamburg auch in der Liga

Von Stefan Rommel / Haruka Gruber
Werder Bremens Hugo Almeida erzielte gegen den Hamburger SV zwei Tore
© Getty

Der Hamburger SV ist weiter drauf und dran, sich in der Schlussphase der Saison eine komplette Spielzeit kaputt zu machen. Im Nord-Derby bei Werder Bremen verlor der HSV verdient mit 0:2 (0:1) und ist damit vorerst raus aus den UEFA-Cup-Plätzen.

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Vor 41.500 Zuschauern im ausverkauften Bremer Weserstadion erzielte Hugo Almeida per Doppelpack (34./48.) die Tore für Bremen, das sich nach den beiden Triumphen im DFB- und im UEFA-Pokal über den HSV zum ganz persönlichen Alptraum für die Hamburger entwickelt.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Bremen gleich mit fünf Änderungen im Vergleich zum UEFA-Cup-Spiel am Donnerstag: Die verletzten bzw. angeschlagenen Mertesacker, Diego und Pizarro fehlen oder sitzen zunächst nur auf der Bank (Pizarro). Außerdem fallen mit Boenisch und Fritz beide Außenverteidiger aus. Dafür rücken Niemeyer, Harnik, Prödl, Tosic und Almeida in die Startelf.

Beim HSV sitzen die angeschlagenen Torjäger Olic und Petric nur auf der Bank. Zudem verdrängt Boateng Demel. Tavares kehrt für Alex Silva zurück in die Anfangself, links hinten verteidigt Aogo anstelle von Jansen, der dafür ins Mittelfeld vorrückt. Trochowski hat in letzter Sekunde noch grünes Licht bekommen für die Startelf.

15.: Erster vernünftiger Angriff und gleich wird's gefährlich. Langer Ball von Frings auf Rosenberg. Gravgaard läuft nur nebenher. Schuss Rosenberg aus 14 Metern, der Ball küsst den linken Außenpfosten.

24.: Guerrero am Fünfer mit dem feinen Auge. Lupfer rüber auf Trochowski, aber der Nationalspieler scheitert völlig frei am Werder-Keeper. Hauchdünn zischt der Ball am langen Pfosten vorbei.

29.: Rosenberg mit einem Schüsschen aus 18 Metern. Kein Problem für Rost.

34., 1:0, Almeida: Almeida raus auf Rosenberg. Boateng greift nicht an. Der Schwede darf ungestört flach zur Mitte passen, wo Almeida in Position läuft und aus sechs Metern einschiebt.

41.: Jansen setzt sich klasse durch. Pass an den Fünfer. Guerrero ist da und fummelt aus sechs Metern aufs Tor. Aber Wiese mit einer magischen Rettungstat, den Nachschuss von Trochowski blockt Tosic ab.

49., 2:0, Almeida: Öffnender Pass von Frings raus auf Özil. Der geht ein paar Meter, passt flach zur Mitte und wieder ist Almeida blank und schiebt locker ein. Sein 7. Saisontor.

54.: Dreifach-Chance für Bremen: Zuerst wird Özil zu weit abgedrängt, dann scheitert Niemeyer aus 16 Metern an Rost und den erneuten Abpraller durch Pizarro fischt Rost von der Linie.

64.: Schöne Flanke von Özil an den Elfer. Almeida wirft sich rein, köpft aber hauchdünn links am Tor vorbei.

70.: Mal eine HSV-Chance. Pitroipa setzt sich gut durch. Rückpass an den Fünfer, aber Guerreros Schuss blockt Naldo zur Ecke ab.

81.: Pizarro im Sechzehner, spitzelt den Ball an Mathijsen vorbei zum eingewechselten Oehrl. Der ist mit der Fußspitze dran, trifft aus sechs Metern aber nur den Innenpfosten.

So lief das Spiel: Sehr verhaltener Beginn von beiden Mannschaften. Bremen auf Grund der vielen Ausfälle deutlich defensiver ausgerichtet als gewohnt, der HSV in einem 4-2-3-1, mit Pitroipa als einzig echter Spitze und Guerrero als eine Art verkappter Spielmacher.

Hamburg hatte in der Anfangsphase mehr Spielanteile, aber keine nennenswerte Torchance. Bremen kam erst nach 15 Minuten besser in die Partie, von da an war das Spiel ausgeglichen. Nach der Bremer Führung tat Hamburg endlich mehr für's Spiel, war vor dem Tor zumeist aber viel zu kompliziert oder scheiterte bei seinen wenigen Chancen am starken Wiese.

Das frühe 0:2 setzte den HSV gleich nach der Pause unter Zugzwang, von da an wurde es für die Gäste ein beinahe unmögliches Unterfangen, noch etwas mitzunehmen. Im Gegenteil: Bremen war dem dritten Tor näher als der HSV dem Anschlusstreffer.

Werder konterte die Gäste ein ums andere Mal klassisch aus, ging aber etwas schludrig mit seinen Chancen um. Vom HSV kam bis zum Abpfiff so gut wie gar nichts mehr. Absolut enttäuschend!

Der Star des Spiels: Hugo Almeida trägt sich mit Abschiedsgedanken, angeblich war sein Berater diese Woche schon zu Gesprächen mit Trainer Thomas Schaaf in Bremen. Gegen den HSV zeigte der Portugiese, dass er mehr kann als "schnell und hart". Almeida war so ziemlich jeder gefährlichen Szene beteiligt, leitete das 1:0 ein, lief unermüdlich und gewann sogar im Mittelfeld Zweikämpfe. In der 68. Minute durfte er entkräftet und unter Standing Ovations vom Feld.

Die Gurke des Spiels: David Jarolim verkörpert das momentane Hamburger Elend ganz gut. Der Kapitän lebt von seiner Dynamik und Aggressivität - die seit ein paar Wochen aber auf unerklärliche Weise abhanden gekommen ist. 22 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind für den Tschechen einfach unterirdisch. Gegen Bremen fand Jarolim erst gar nicht in die Situationen, die ihn auszeichnen, war gedanklich immer einen Schritt zu spät und konnte so seinem Führungsanspruch innerhalb der Mannschaft überhaupt nicht gerecht werden.

Die Lehren des Spiels: Bremen hat in der Tat alles dafür getan, um dem ewigen Rivalen eine vor kurzem noch überragende Saison in nur drei Wochen in einen Alptraum zu verwandeln - und mit seiner Rumpfelf ganz nebenbei den Kritikern der letzten Wochen den Wind aus den Segeln genommen, die Werder vorwarfen, die Saison in der Bundesliga nur noch abzuschenken.

Endlich konnte sich die zweite Reihe bei ihrer Bewährungschance auch mal auszeichnen. Vor allem Niemeyer und Prödl lieferten eine saubere Leistung. Mit beiden ist in der Zukunft noch zu rechnen - in Zeiten der vielen Vertragsverhandlungen ein beruhigendes Zeichen für Bremens Verantwortliche.

Die Umstellung von HSV-Coach Jol auf der linken Seite fruchtete. Das Tandem Aogo/Jansen hatte sehr viele gute Szenen, die Besetzung mit Jansen im Mittelfeld und Aogo auf der Verteidigerposition passt einfach besser - einer der wenigen Lichtblicke in einem schwachen Hamburger Spiel.

Dem HSV fehlt es in der entscheidenden Phase der Saison einfach an körperlicher und geistiger Frische und am nötigen Punch. Die Dreifachbelastung fordert unbarmherzig ihren Tribut. Selbst gegen eine stark dezimierte Bremer Mannschaft reichte es nicht mal zum Punktgewinn.

Die Körpersprache der Hamburger war zeitweise katastrophal, von den angeblichen Anführern wie Jarolim oder Mathijsen kamen kaum Signale.

So werden die restlichen drei Spieltage zur Zitterpartie für den HSV. Nicht auszudenken, wenn die Hamburger nach dieser Saison mit komplett leeren Händen, sprich ohne Platz im internationalen Wettbewerb, dastehen würden.

Zudem wurde auch einmal mehr deutlich, dass der Kader in der Spitze den gestiegenen Ansprüchen einfach nicht gerecht werden kann. Im Sommer muss Hamburg deutlich nachbessern.

Bremen - HSV: Daten & Fakten