Max Eberl und sein angedachter Kader-Umbruch beim FC Bayern München: Eine extrem komplexe Aufgabe

Von Oliver Maywurm
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Schon mehrfach hat Bayerns neuer Sportvorstand Max Eberl angekündigt, dass er den Kader des FCB im Sommer gerne einem Umbruch unterziehen würde. Ein Vorhaben, das in der Umsetzung ziemlich komplex daher kommen dürfte.

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Max Eberl war sauer. Sehr sauer. Sein Ärger richtete sich gegen seine Stars, die den FC Bayern bei der 2:3-Niederlage in Heidenheim am Samstag zum wiederholten Male in dieser Saison nicht sonderlich würdig vertraten. Der Sportvorstand sprach dementsprechend davon, dass man sich beim FCB nach diesem neuerlichen Tiefpunkt "ein Stück weit schämen" sollte.

Gleichzeitig blickte er voraus auf die kommende Saison und konkretisierte erneut, was aus seinen wütenden Aussagen ohnehin geschlussfolgert werden konnte. "Ich glaube schon, dass einiges geändert werden muss", sagte Eberl hinsichtlich des Bayern-Kaders für die Spielzeit 2024/25 und kündigte damit einen deutlichen Umbruch an der Säbener Straße an.

Schon bei der Pressekonferenz zu seinem Amtsantritt vor einigen Wochen hatte Eberl von einem anstehenden Umbruch gesprochen. Ende März unterstrich er im Interview mit der Sport Bild dann nochmals seine Intention, das personelle Gesicht des FCB signifikant zu verändern. "Wenn Spieler nicht mehr hier sein wollen, muss man Entscheidungen treffen", sagte er unter anderem. Und: "Wir wollen Spieler haben, die für Bayern München stehen, die Lust haben, sich mit dem Verein identifizieren. Diese Motivation möchte ich im Kader dargestellt haben."

Was Eberl auch selbst weiß: Sein Vorhaben, das angesichts der aktuellen Lage sinnvoll und notwendig ist, wird keineswegs im Handumdrehen gelingen können, sondern vielmehr eine komplexe Mammutaufgabe. Denn Spieler zu verkaufen, die Eberl für Bayerns Zukunft nicht mehr zwingend im Kader sieht, ist ja schön und gut. Aber adäquaten und bezahlbaren Ersatz für jene Akteure zu finden, die zweifellos über eine gewisse Klasse verfügen, kann schon mal zu einer Mission Impossible verkommen. Zumal erst einmal noch die Frage geklärt werden muss, wer kommende Saison überhaupt Trainer in München sein wird und welche Spieler zu seinem Stil passen könnten.

SPOX versucht sich dennoch schon mal an einem Überblick: Welche Spieler könnte Eberl mit seinen Umbruch-Ansagen meinen? Und wie viele von ihnen könnte man guten Gewissens abgeben?

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Max Eberl plant den Umbruch beim FC Bayern: Wer könnte verkauft werden?

"Es ist ein bisschen wenig. Alle fordern immer, alle wollen - aber wenn es dann auf dem Platz drauf ankommt, sieht es nicht so aus, wie man Bayern München kennt", schimpfte Eberl am Samstag in Heidenheim.

Dass er bei "Alle fordern immer" möglicherweise explizit an Alphonso Davies dachte, ist natürlich reine Spekulation. Aber es ist zumindest eine Spekulation, die irgendwie naheliegt. Denn Davies soll bekanntlich eine satte Gehaltserhöhung fordern, damit er seinen 2025 auslaufenden Vertrag beim FCB vielleicht doch noch verlängert und nicht zu Real Madrid wechselt.

Medienberichten zufolge will Bayern Davies' Forderungen bei weitem nicht erfüllen. Der Linksverteidiger wünscht sich wohl 20 Millionen Euro pro Jahr, Bayern bietet laut Sky elf bis 13 Millionen Euro an. Die Lage ist dementsprechend verzwickt: Der Rekordmeister würde Davies durchaus gerne halten, zumal er bei nur noch einem Jahr Restvertrag vermutlich nicht mehr ganz die Ablösesumme einbringen könnte, die sein Marktwert hergeben würde. Und dann stünde Bayern vor dem Problem, die Verpflichtung eines gleichwertigen Nachfolgers finanziell stemmen zu müssen.

Dennoch ist Davies einer der Spieler aus dem aktuellen Bayern-Kader, die Teil des nun schon mehrfach angekündigten Umbruchs sein könnten. Bei den weiteren Kandidaten dafür handelt es sich jeweils um Grüppchen für eine Position, von denen je einer möglicherweise verkauft wird.

In der Innenverteidigung ist außer Eric Dier eigentlich keiner unumstritten. Matthijs de Ligt hat sich in den zurückliegenden Monaten zwar seinen Stammplatz zurückgeholt, wurde aber auch immer wieder mal mit einem Abgang in Verbindung gebracht. Und er könnte bei noch drei ausstehenden Vertragsjahren im Sommer eine üppige Ablösesumme einbringen. Aber: Laut kicker soll sich der FCB mittlerweile festgelegt haben, de Ligt zu halten.

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FC Bayern München: Baustelle in der Defensive

Mit Dayot Upamecano und Min-jae Kim stehen neben Dier und de Ligt potenziell zwei weitere Top-Optionen zur Verfügung, die allerdings keineswegs unumstritten sind. Bei ihnen hängt wohl auch viel davon ab, wer denn ab nächster Saison auf der Trainerbank sitzt. Je nach dem, wen der neue Coach für seine Spielweise besser gebrauchen kann, könnte Upamecano oder Kim zum Verkauf stehen.

Auch Noussair Mazraoui und Sacha Boey könnten intern zur Debatte stehen. Mazraoui war zuletzt oft verletzt und hat es seit seiner Ankunft beim FCB noch nicht geschafft, konstant verlässlich Top-Level zu liefern. Und Boey kam zwar erst im Januar für 30 Millionen Euro von Galatasaray, bisher ist von ihm aber nur sein schwacher Auftritt beim 0:3 in Leverkusen hängen geblieben und danach verletzte er sich. Sowohl bei Mazraoui als auch bei Boey hängt wohl viel davon ab, ob ein finanziell sinnvolles Angebot eingeht. Dann könnte man auf dem Markt sicherlich passenden Ersatz finden.

Joshua Kimmich und Leon Goretzka sind schließlich zwei der prominentesten Namen, deren Zukunft bei Bayern ungewiss erscheint. Bei Kimmich sieht Eberl qualitativ keinerlei Not, ihn abzugeben, vielmehr hält er ihn auch in der Zukunft für einen wichtigen Kader-Baustein. Das Problem jedoch: Kimmichs Vertrag läuft 2025 aus - sollte er nicht verlängern, muss Eberl daher gezwungenermaßen darüber nachdenken, ihn ziehen zu lassen. "Kein Verein - das gilt auch für Bayern München - möchte Spieler ablösefrei verlieren, wenn man sich nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen kann", betonte Eberl in der Sport Bild.

Bayern würde indes sicherlich nicht Kimmich und Goretzka verkaufen, sondern nur einen von beiden. Letzterer hat noch bis 2026 Vertrag - und dennoch stellt sich die Frage, ob ein diese Saison nicht gerade herausragender Goretzka im Sommer so viel Geld einbringt, dass man sich damit mal eben einen neuen Mittelfeldmann holen kann, der über mindestens die gleiche Qualität verfügt.

Eine Strategie wäre hier - was Eberl bekanntlich vorhat - auf eine Lösung zu setzen, die aktuell noch nicht so viel kostet, vom Potenzial her aber in der Lage ist, ein absoluter Topspieler zu werden. Weitsicht ist also gefragt. Was die Situation etwas leichter macht: Mit Aleksandar Pavlovic hat man einen Jungen aus dem eigenen Stall in der Hinterhand, der zumindest kurzfristig schon nachgewiesen hat, dass er Bayern-Qualität bieten kann. Und Konrad Laimer ist als zuverlässige Alternative ja auch noch da.

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FC Bayern München: Was passiert auf dem Flügel?

Bei den drei Top-Stars für die offensiven Außenbahnen - Leroy Sané, Kingsley Coman und Serge Gnabry - ist derweil wohl auch jeweils noch nicht sicher, ob ihre Zukunft bei Bayern liegt.

Bei Sané ist es vor allem die aktuelle Vertragsdauer, die Druck macht. Das Arbeitspapier des 28-Jährigen endet 2025 - eine Verlängerung soll es geben, noch wurde aber nichts Konkretes vermeldet. Sané deutete zwar an, dass man sich auf einem guten Weg zu einer weiteren Zusammenarbeit befinde, doch seine Gehaltsforderungen und auch die Unsicherheit bezüglich des neuen Trainers sind wohl noch hinderliche Variablen.

Klar ist dabei aber: Sané eins zu eins zu ersetzen, dürfte für Bayern ob der Preise speziell für Offensivspieler kaum möglich sein. Und da er von besagtem Trio die stärkste Saison spielt, deutet bei Sané derzeit weniger auf Abschied hin als bei Coman und Gnabry. Berichten zufolge könnten beide im Sommer bei einem passenden Angebot gehen, was auch die Einsparung ihres üppigen Gehalts von je rund 20 Millionen Euro pro Jahr mit sich bringen würde. Wahrscheinlich scheint aktuell, dass Bayern zumindest einen Star des Trios verkauft.

Wie es mit Raphael Guerreiro, der eine solide Premierensaison spielt, weiter geht, hängt wohl vor allem davon ab, ob Davies bleibt oder geht. Sollte der Kanadier wechseln, würde man Guerreiro sicher halten. Unabhängig davon, ob er unter dem neuen Trainer hinten links Stammkraft oder Backup ist.

Bryan Zaragoza könnte sich indes als riesiges Missverständnis entpuppen. Der Spanier sollte eigentlich erst im Sommer kommen, wurde dann doch vorzeitig im Januar aus Granada verpflichtet. Bis dato kam er aber kaum zum Zug, das Verhältnis mit Thomas Tuchel soll problematisch sein. Jüngst berichtete Sky, dass Zaragoza möglicherweise verliehen wird, wenn der neue Trainer ebenfalls nicht auf ihn setzt.

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Umbruch beim FC Bayern? Diese Spieler bleiben sicher

Natürlich gibt es einige Spieler aus dem aktuellen Kader, die sicher auch kommende Saison das Bayern-Trikot tragen werden.

Manuel Neuer bleibt die unumstrittene Nummer eins, hat ebenso wie sein Vertreter Sven Ulreich im November noch einmal um ein weiteres Jahr bis 2025 verlängert. Eric Dier wird im Sommer vom Leihspieler zum festen Kader-Mitglied, das steht bereits fest. Und da sich der Engländer zuletzt neben Matthijs de Ligt als Stammkraft im Abwehrzentrum etabliert hat, ist seine Zukunft bei Bayern auch gesichert.

Jamal Musiala ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben und soll unbedingt gehalten werden. Zwar ist es gut möglich, dass die größten Klubs der Welt den 21-Jährigen mit Mega-Offerten locken, Eberl und der FCB werden jedoch voraussichtlich standhaft bleiben. Alles andere käme einem Verrat der Zukunftsidee des neuen Sportvorstandes gleich.

Denn Musiala ist einer der Stars, um die herum das künftige Gesicht des FCB aufgebaut werden soll. Eberl will Spieler, die sich voll und ganz mit dem FC Bayern identifizieren, die für den Klub stehen und ihre Identifikation auch nach außen zu Fans und Öffentlichkeit transportieren können. Auch Aleksandar Pavlovic und Mathys Tel fallen in diese Kategorie. Und können gewissermaßen als Vorreiter für einen Spagat verstanden werden, den Eberl laut eigener Aussage sehr gerne möglich machen würde: Ein Kader, der einerseits den Ansprüchen des Rekordmeisters gerecht werden kann, in jeder Saison um jeden möglichen Titel zu spielen. Der andererseits aber auch Raum für Entwicklung, für damit einhergehende Rückschläge, für den nachhaltigen Aufbau einer Mannschaft zulässt. Ein Spagat, an dem schon viele gescheitert sind und der extrem schwer zu verwirklichen ist. Doch Eberl hat offenbar den Mut, es zu versuchen: "Es muss möglich sein, Bayern erfolgreich zu Titeln zu führen und trotzdem eine Entwicklung zu gestalten", sagte er bei seiner Antritts-PK.

Gut möglich ist, dass Eberl auch einen Teil von Bayerns Transferphilosophie darauf ausrichtet. Auf Spieler, die jung und noch nicht fertig sind, in denen er und sein Stab aber das Potenzial sehen, auf Sicht ein vollwertiger Bayern-Spieler zu werden. Spieler wie eben beispielsweise Mathys Tel.

Indes wird natürlich Harry Kane auch kommende Saison wieder Bayerns Stürmer Nummer eins sein, der 30-Jährige hat vergangenen Sommer bis 2027 in München unterschrieben. Und Thomas Müller wird - möglicherweise in einer Rolle mit etwas weniger Spielzeit als gewohnt - bekanntlich noch mindestens ein Jahr beim FCB dran hängen.

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Umbruch beim FC Bayern? Diese Abgänge sind schon ziemlich sicher

Offiziell ist es zwar noch nicht, zwei Abgänge stehen aber so gut wie fest: Bouna Sarr und Eric Maxim Choupo-Moting werden den FCB im Sommer voraussichtlich verlassen.

Sowohl beim Rechtsverteidiger als auch beim Stürmer läuft der Vertrag aus, sie gehen also ablösefrei. Sarr kam als Dauer-Reservist ohnehin nie so richtig beim FCB an, während Choupo-Moting zeitweise sogar Stammkraft war und gute Zeiten in München erlebte. Auch in der laufenden Saison kam der 35-Jährige noch regelmäßig zum Einsatz, meist aber nur sehr kurz.

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Max Eberl und sein angedachter Kader-Umbruch: Wie viele Spieler könnte der FC Bayern verkaufen?

In einer idealen Welt würde Eberl den Umbruch bei den Bayern vermutlich deutlich drastischer gestalten, als es in der Realität möglich ist. Denn: Für jeden verkauften Spieler braucht man natürlich auch einen Ersatz, der Geld kostet.

Letztlich scheint es aber realistisch, dass Bayern im Sommer fünf bis sieben Spieler verkauft beziehungsweise ablösefrei abgibt (Sarr und Choupo-Moting) oder verleiht (Zaragoza).

FC Bayern München, Restprogramm in der Bundesliga

SpieltagDatumUhrzeitHeimAuswärts
29Sa. 13.04.2415:30FC Bayern München1.FC Köln
30Sa. 20.04.2418:30Union BerlinFC Bayern München
31Sa. 27.04.2415:30FC Bayern MünchenEintracht Frankfurt
32Sa. 04.05.2415:30VfB StuttgartFC Bayern München
33So. 12.05.2417:30FC Bayern MünchenVfL Wolfsburg
34Sa. 18.05.2415:30TSG HoffenheimFC Bayern München
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