Bayerns doppelte Schwachstelle

Von Daniel Börlein
Der 1. FC Köln nutzte bei seinem Sieg zwei Schwachstellen der Bayern aus

Der FC Bayern München gab gegen Köln eine 2:0-Führung noch aus der Hand, obwohl die Zahlen eindeutig für den Rekordmeister sprechen. Doch zwei Problemstellen ermöglichten dem FC den Comeback-Sieg. Vier andere Klubs verloren trotz klarer Überlegenheit. Und: Was ist bloß mit Klaas-Jan Huntelaar los? Signifikante Statistiken zu den Spielen des 21. Spieltags im Überblick.

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Bayerns doppelte Schwachstelle

Was Köln gegen die Bayern schaffte, war zuvor über 13 Jahre lang keinem Bundesligisten mehr gelungen: Die Rheinländer verwandelten einen Zwei-Tore-Rückstand gegen den Rekordmeister noch in einen Sieg. Bis zur 56. Minute hatten die Bayern mit 2:0 geführt und auch danach noch deutlich mehr Spielanteile (über 60 Prozent Ballbesitz zwischen 60. und 90. Minute). Der Grund, dass die Münchner die Partie allerdings dennoch noch aus der Hand gaben, lag vor allem am schlechten Defensivverhalten.

Schwachstelle Mittelfeld: Bayerns Doppelsechs mit Danijel Pranjic und Andreas Ottl hatte enorme Probleme, die Defensive zu stabilisieren und die eigene Viererkette zu entlasten. Besonders eklatant: Ottl und Pranjic eroberten im Raum zehn Meter vor und zehn Meter hinter der Mittellinie keinen einzigen Ball. Insgesamt entschied Pranjic lediglich 40 Prozent seiner Zweikämpfe für sich, Ottl gar nur ganz schwache 27 Prozent. In der Luft gewann das Duo nur eines von fünf Kopfball-Duellen. Ein ganz entscheidendes verlor Ottl unmittelbar vor Kölns Siegtreffer kurz nach der Mittellinie gegen Matuschyk (vgl. Video).

Schwachstelle Viererkette: Durch die Probleme im Mittelfeld geriet Bayerns Abwehrkette ungewohnt häufig in Bedrängnis. Vor allem Badstuber erwischte in Köln einen schwarzen Tag. Der Nationalspieler gewann nur 20 Prozent seiner Zweikämpfe und leistete sich den einen oder anderen Stellungsfehler. Nebenmann Tymoschtschuk überzeugte zwar mit 69 Prozent gewonnenen Zweikämpfen, offenbarte dafür große Schwächen im Raumverhalten. Der Ukrainer ließ die Abstände innerhalb der Viererkette immer wieder zu groß werden, hatte Probleme, auf einer Linie zu verteidigen und verließ seine Position in der Innenverteidigung zu oft. So musste Tymoschtschuk-Nebenmann Lahm deutlich häufiger einrücken und aushelfen, als auf der Gegenseite Linksverteidiger Luiz Gustavo. Bei Kölns Siegtreffer verließ Tymoschtschuk seine Position ohne Not, orientierte sich mit schlechtem Timing in den toten Raum, in dem er keinen Zugriff hatte und öffnete somit die entscheidende Lücke für Novakovic (vgl. Video).

Unnütze Überlegenheit

Die Bayern gingen als eindeutiger Favorit ins Duell mit Abstiegskandidat Köln. Auch die zuvor auswärts noch ungeschlagenen Leverkusener schienen vor dem Spiel in Nürnberg die besseren Karten zu besitzen. Letztlich allerdings stand der Rekordmeister wie auch die Bayer-Elf mit leeren Händen da, dabei hatten beide Teams ihre vermeintliche Überlegenheit zuvor auch 90 Minuten lang demonstriert. Zumindest auf dem Papier.

Sowohl Bayern (52 Prozent) als auch Leverkusen (52) gewann mehr Zweikämpfe als Köln und Nürnberg und hatte mit 59 bzw. 56 Prozent Ballbesitz auch deutlich mehr Spielanteile. Am Ende reichte es allerdings nicht mal zu einem Punkt. Den verpassten am Samstag auch Wolfsburg, Kaiserslautern und Gladbach - dabei waren auch diese drei Verlierer über 90 Minuten die überlegene Mannschaft.

Alle drei lagen in der Zweikampfstatistik am Ende vorne. Wolfsburg gewann in Hannover gar 61 Prozent der Duelle Mann gegen Mann (Bestwert an diesem Spieltag), hatte mit 53 Prozent auch mehr Ballbesitz, schaffte es trotz dieser Überlegenheit allerdings nicht, eine Großchance aus dem Spiel heraus zu kreieren.

Gladbach gewann gegen den VfB zwar knapp 56 Prozent aller Zweikämpfe, verlor die Bälle nach Eroberung allerdings viel zu schnell wieder: Nur 68 Prozent der eigenen Pässe landeten beim Mitspieler (nur Schalke war schlechter), so dass der VfB am Ende über 58 Prozent Ballbesitz hatte (zweitbester Wert nach Bayern).

Und Lautern? Die Pfälzer gewannen 52 Prozent der Zweikämpfe, gestalteten das Spiel mit 50 Prozent Ballbesitz ausgeglichen, scheiterten jedoch an der eigenen Abschlussschwäche. 27 Torschüsse gab der FCK ab (so viel wie kein anderer an diesem Spieltag), für einen Punkt reichte es aber trotzdem nicht.

Was ist bloß mit Huntelaar los?

Viel Anlaufzeit benötigte Klaas-Jan Huntelaar auf Schalke nicht. Bereits in seinem zweiten Spiel für die Knappen erzielte der Niederländer seinen ersten von mittlerweile sieben Liga-Treffern. Der Gegner damals: Borussia Dortmund. Schalke verlor trotz Huntelaars Tor zwar mit 1:3, doch die Experten waren sich einig, dass S04 mit dem 27-Jährigen einen echten Volltreffer gelandet hatte.

Knapp fünf Monate später traf Schalke nun erneut auf den BVB. Dieses Mal holte die Magath-Elf zwar immerhin einen Punkt, aus dem Volltreffer Huntelaar ist inzwischen aber ein echtes Problem geworden. Schon seit Wochen sucht der Angreifer nach seiner Form, wartet nun bereits seit neun Partien auf einen Treffer und lieferte im Derby eine Katastrophen-Vorstellung ab.

Huntelaar hatte in 87 Minuten Einsatzzeit nur 22 Ballkontakte (acht in der zweiten Halbzeit) und war damit schlechtester Mann auf dem Platz. Er gewann nur 23 Prozent seiner Zweikämpfe und war damit schlechtester Mann auf dem Platz. Er brachte nur 31 Prozent seiner Pässe zum Mann und war damit natürlich: der schlechteste Mann auf dem Platz.

Huntelaars Problem: Ihm mangelt es derzeit an Durchsetzungsvermögen und Bindung zum Spielgeschehen. Im Sturmzentrum konnte er keinen einzigen Ball behaupten, verlor gegen Dortmunds Innenverteidiger Santana (7 von 9) und Hummels (6 von 7) fast alle Zweikämpfe und wurde von Sturmpartner Raul in den kompletten 90 Minuten kein einziges Mal angespielt.

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