Wirklichkeit und Parodie

Von Stefan Moser
Gehen zum gleichen Friseur: Arjen Robben (l.) und Jiri Stajner
© Getty

Nachdem Felix Magath unter Gelsenkirchen eine Goldader entdeckt hat, kaufte er im Winter schnell ein Dutzend junger Chinesen, die ihm im Mai helfen sollen, die Meisterschale zu stemmen. Solider Plan. Für die Alternative Liste natürlich zu solide. Stattdessen im Programm: Zerstörte Illusionen, Schiedsrichterskandal in Stuttgart, der Kuranyi der Woche  und jede Menge tolle Geschichten über Michael Thurk und Charlie Chaplin.

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1. Tolle Geschichte: Was Lockeres für den Anfang, so zum Warmwerden, eine kleine Anekdote, nämlich folgende: Während der Woche wurde Formel-1-Mensch Timo Glock auf seinem Anwesen von schneeballwerfenden Jugendlichen terrorisiert. Völlig folgerichtig griff er daraufhin zum Telefon, wählte die Nummer der hiesigen Polizei - und bekam Michael Schumacher ans Rohr. "Verarschen kann ich mich selber", polterte da Glock, "ich werde auf meinem Anwesen von schneeballwerfenden Jugendlichen terrorisiert, schicken Sie schnell ein SEK, mein Name ist Timo Glock!" Doch da fühlte sich auch die Stimme im Hörer verschaukelt: "Timo Glock?! Alles klar, schon kapiert, echt voll lustig, Formel-1-Witze sind ja mal total originell!" Das ging dann eine Weile so hin und her, bis sich irgendwann herausstellte: Der Diensthabende in Darmstadt hieß zufällig tatsächlich Michael Schumacher, Timo Glock war wirklich Timo Glock, und die pubertierenden Krawallos längst über alle Berge. Hammer, oder? Faszinierende Geschichte! Und sogar mit Happy End! Wie bitte? Aber die hat doch gar nichts mit Fußball zu tun?! Na und!! Das hatte Hertha gegen Bochum ja wohl auch nicht...

2. Und apropos Hertha: Kinder, es wird Zeit, Euch mal ein paar Illusionen zu zerstören: Gott ist tot, der Weihnachtsmann schläft mit Eurer Mutter und Mickey Mouse war eine Ratte! So. Und außerdem ist die Geschichte von der Berliner "Aufholjagd" gelogen. Die Storyline ist prima, es gibt ein Happy End, und das Mädel, das die Botschaft transportieren soll, ist wirklich reizend. ABER: Ein Nullnull gegen bonbonrosa Bochumer? Für die Mission Klassenerhalt? Da fehlt doch irgendwie die Glaubwürdigkeit...

3. Tolle Geschichte II: Völlig wahr ist dagegen folgende kleine Anekdote: Charlie Chaplin hat mal in London an einem Wettbewerb für Charlie-Chaplin-Imitatoren mitgemacht. Und wurde dabei nur Dritter. Schon wieder Hammer, oder? Die Geschichte sagt uns irgendetwas über das Verhältnis von Parodie und Wirklichkeit, wir wissen noch nicht genau was, aber es hängt vielleicht mit Jiri Stajner und Arjen Robben zusammen. Wir bleiben dran.

4. Apropos Arjen Robben: Der Mensch ist eine eigenartige Spezies: Wir sind zum Mond geflogen, haben Faust eins und zwei geschrieben und den Hawai-Toast erfunden - und tragen dabei immer noch so unwürdige Unterhosen. In aller Öffentlichkeit. Und dann auch noch wochenlang dieselbe. In Anlehnung an Otto Waalkes raten wir dem FC Bayern daher dringend, bei Gelegenheit doch mal die Unterwäsche zu wechseln: Robben wechselt mit Ribery, Schweinsteiger mit Klose und van Buyten mit Lahm...

5. Bundestrainer in spe: "Man muss einfach sagen", sagte Bielefelds Trainer Thomas Gerstner, nachdem ihm Augsburgs Michael Thurk gerade zwei Stück eingeschenkt hatte, "man muss einfach sagen, dass der FCA einen Stürmer hat, der normalerweise mit zur WM fahren müsste. Wenn ich Bundestrainer wäre, würde ich Michael Thurk mitnehmen!" Sind Sie, Gerstner, aber nicht. Und warum nicht? Weil sie Michael Thurk mitnehmen würden...

6. Alte Gewohnheit: Es spielt zwar keine Rolle, aber das zwischenzeitliche 1:1 für Dortmund gegen Stuttgart war eigentlich schon haltbar. Nicht für VfB-Keeper Jens Lehmann natürlich, der lag längst im anderen Eck, aber Linksverteidiger Cristian Molinaro stand noch auf der Linie. Der Italiener kam auch mit dem ausgestreckten Arm noch an den Ball, konnte den Treffer aber doch nicht ganz verhindern. Im Nachhinein muss man wohl sagen: Zum Glück! Elfmeter und Platzverweis wären nämlich die Folge gewesen. Wobei Molinaro selbst freilich dachte: "Wer weiß, vielleicht sieht es ja der Schiri nicht." Er kam im Winter eben von Juventus...

7. Apropos Stuttgart! By the way: Weiß eigentlich jemand, warum der Elfer von Marica nicht gezählt hat? Beim Tiffert hat's doch auch gegolten (der Beweis im Video)...

8. Kuranyi der Woche: Seit fast 50 Jahren geht die Alternative Liste nun schon so: Bla, bla, bla, lustige Bemerkung über Kevin Kuranyi, bla, bla, bla. Damit ist jetzt Schluss! Denn ab sofort ist KevKu: Weltklasse! Sein Tor zum Einsnull gegen Hoffenheim: Welt! klasse!  Nur am Sieger-Interview muss er noch feilen: "Was soll ich sagen. Ich wollte eigentlich quer spielen, und irgendwie war er dann drin..."

9. Lange Leitung: Was wollte Claudio Pizzaro mit dieser merkwürdigen Jubelgeste eigentlich sagen? Nach seinem 2:4-Anschlusstreffer für Werder gegen Gladbach spreizte er Daumen sowie kleinen Finger und legte sich die Hand wie einen Telefonhörer ans Ohr. Was hatte das nur zu bedeuten? Vielleicht: "Ruft doch mal einer kurz bei Merte an und sagt Bescheid, dass die Partie schon angefangen hat!" Könnte sein.

10. All-in!! HSV-Boss Bernd Hoffmann hat sich jetzt ja den van Nistelrooy gegönnt, und das ist wirklich mal 'ne Ansage. Fand übrigens auch Hoffmann selbst, griff sich sofort mächtig in den Schritt und sagte zu Paolo Guerrero, der sich vorher in Sachen Vertragsverlängerung geziert hatte: "Seine Ausgangssituation hat sich damit wohl verändert." Word, Alter!! So wird heute um Jahresgehälter gezockt! Nur leider sitzt Guerrero nun in Peru am Flughafen fest und traut sich nicht mehr heim...

11. Tolle Geschichte III: Weil der Autor selber Flugangst hat, war das gerade gar keine Geschmacklosigkeit im engeren Sinn, trotzdem war die AL auch schon mal besser, viel zu selbstreferentiell diesmal, und außerdem haben einige Punkte ja gar nix mit dem Spieltag zu tun. Der letzte hier schon, der ist dafür nicht besonders lustig. Es geht um - die Rache des  Dieter H.: Vor gar nicht allzu langer Zeit meuterten Hannovers Fans nämlich gegen Dieter Heckings 4-2-3-1-System und forderten mit "Vier-vier-zwo!"-Sprechchören einen zweiten Stürmer. Kurz darauf wurde Hecking entlassen, heuerte schließlich in Nürnberg an und kehrte nun am Samstag mit seiner neuen Mannschaft in die AWD Arena zurück.

Hannover gegen Nürnberg, eigentlich die Mutter aller Nullzunulls, doch was geschah? Dank seiner taktischen Überlegenheit machte der Club die 96er souverän mit 3:1 weg: Hecking ließ nämlich ein astreines, genau, 4-2-3-1 spielen...

Der 20. Spieltag im Überblick