Magath, Podolski & Co.: Gefährliche Liebschaften

Von SPOX
Lukas Podolski erzielte in 15 Hinrunden-Spielen nur ein Tor für Köln
© Getty

Vier Geschichten der Bundesliga-Hinrunde und wie die SPOX-Redaktion sie sieht: Lukas Podolskis Neuanfang gerät zum Rohrkrepierer. Louis van Gaal beweist, dass sich Geduld bezahlt machen kann. Schalke ist süchtig nach der Droge Felix Magath und begibt sich in große Gefahr. Markus Babbel scheitert an seiner ganz persönlichen Doppelbelastung.

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Bayern: Louis van Gaal - Der neue starke Mann

von Thomas Gaber

Einen Fachmann wie Louis van Gaal zu verpflichten, war richtig und unabdingbar für den FC Bayern. Die Spieler lechzten nach dem Klinsmann'schen Motivations-Fön nach Taktikschulung. Sie wollten wissen, wie man Spiele gewinnt, ohne vorher in der Kabine zusammengebrüllt zu werden. Der Prozess kam schwer in Gang.

Die Mannschaft und der detail- aber auch selbstverliebte Trainer mussten sich erst aneinander gewöhnen. Van Gaal eckte an. Er machte öffentlich deutlich, dass die Millionen-Einkäufe Gomez und Tymoschtschuk nicht seine Spieler seien. Er tüftelte lange am Spielsystem herum, weil Spieler ausfielen oder sich als unbrauchbar erwiesen. Er hat seine Spieler aber fair behandelt. Außer Lell und Görlitz bekam jeder seine Chance.

Weil der Erfolg ausblieb und sich die Öffentlichkeit auf van Gaal einschoss, dachten einige Stars, sie kämen mit öffentlicher Kritik ungeschoren davon. Doch van Gaal ging als Sieger hervor. Die Bosse ließen ihn gewähren, als er Luca Toni aussortierte. Der gewonnene Machtkampf mit dem Weltmeister macht van Gaal zum starken Mann. Die Mannschaft hat sich zusammengerauft und mittlerweile verstanden, was der Trainer verlangt.

Rekordverdächtige Ballbesitzwerte haben die Bayern schon seit Saisonbeginn. Die souveränen Siege am Ende der Hinrunde zeigen, dass van Gaal Erfolg hat, wenn man ihm Zeit gibt. Er ist der richtige Trainer für den FC Bayern.

 

Schalke: Magath ist gefährlich für S04

von Haruka Gruber

Im Grunde kann alles süchtig machen. Alkohol, Schokolade, Geld, Internet, Glücksspiel, Sex - und wie derzeit zu sehen - auch ein gewisser Felix Magath. Als Trainer/Manager/Vorstand übernahm er im Sommer die Führung des FC Schalke 04 und erfüllte die Sehnsucht nach einem neuen starken Mann.

Mehr noch: Das von Mittelmäßigkeit und fußballerischer Stagnation ausgezehrte Schalke gab sich Magath regelrecht hin. Der sportliche Bereich, die Öffentlichkeitsarbeit, das Marketing, selbst die Finanzen fallen mittlerweile in die Hoheit Magaths, der den Verein prompt auf einen herausragenden zweiten Platz führte.

Trunken vor Erfolg liegt Schalke ihm zu Füßen. Magath ist Schalkes Droge. Nur: Schalke ist nicht Magaths Droge. Er selbst sieht sich als Projektleiter, der in einem befristeten Zeitraum den maximalen Erfolg anstrebt, um sich daraufhin der nächsten Herausforderung zu stellen. Wenn Schalke bereits dieses oder nächstes Jahr Meister wird - was macht dann Magath?

Und vor allem: Was macht Schalke, wenn Magath tatsächlich weiterzieht? Chelsea ist von Roman Abramowitschs Geld abhängig, Schalke eben von Magaths Knowhow. Die gesamte Vereinsstruktur ist auf ihn ausgerichtet. Wenn er geht und seine Gefolgsleute mitnimmt, droht demnach ein Rückfall in alte Zeiten.

Wolfsburg hat versucht, das von Magath hinterlassene Vakuum mit Armin Veh zu füllen. Nach schwacher Hinrunde folgt nach einem halben Jahr bereits das zweite Experiment mit Dieter Hoeneß, einem zweifelsfrei kompetenten, aber eben auch streitbaren Machtmenschen. Doch wen hätte der VfL sonst nehmen sollen? Der Markt an Top-Managern ist überschaubar - was auch Schalke erfahren dürfte, wenn es über kurz oder lang einen Nachfolger für Magath braucht.

 

Köln: Für Podolski war die Rückkehr ein Rückschritt

von Andreas Lehner

Die Bilanz ist erschreckend: 15 Spiele, ein Tor, zwei Vorlagen. Eine Statistik, die den Ansprüchen von Lukas Podolski nicht genügen kann. Der Nationalspieler erhoffte sich durch die Rückkehr in seine Heimat einen Schub in seiner Karriere, die Fans sahen in ihm den Heilsbringer und der Verein bejubelte sein neues Gesicht.

Die Realität sieht anders aus. Podolski entwickelt sich mehr zurück als nach vorn, die Fans sind enttäuscht und der Verein profitiert vom Transfer am meisten im Bereich des Sponsoring.

Dabei hat Poldi in Köln all das, was er in München als seine größten Probleme ausmachte: ein familiäres Umfeld und das Vertrauen des Trainers.

Zwar musste er ab und an auf die ungeliebte Position im linken Mittelfeld ausweichen, aber zu oft ging er im spielerischen Gewürge seiner Kollegen mit unter. Geht man allein nach den sportlichen Kriterien im Verein, stünde seine WM-Teilnahme auf der Kippe. Allerdings ist er im DFB-Dress nach wie vor zu Leistungsexplosionen fähig.

Dennoch steckt Podolskis Karriere in der Sackgasse. Der FC hat mit Christoph Daum den Star auf der Trainerbank verloren und kein Geld, um weitere Spitzenspieler zu verpflichten. Eher verlassen Schlüsselspieler den Verein.

Wie Podolski darauf kommt, dass er mit dem FC Titel gewinnen kann, bleibt sein Geheimnis. Kölns Zukunft im Mittelmaß ist programmiert und Podolski ein Teil davon. Ein internationaler Spitzenspieler kann er so nicht werden.

 

Stuttgart: Babbel hatte keine Chance

von Stefan Rommel

Die Geschichte des Markus Babbel war eine schier unendliche in dieser Hinrunde. So oft wie nur selten ein Trainer vor ihm stand Babbel beim VfB Stuttgart vor dem Rauswurf. Die angeblich stringente Strategie des Klubs, manche würden sie schlicht Sturheit nennen, aber rettet ihm einige Male den Job.

Dass er letztlich doch gehen musste, hatte seine Ursache nicht im "Druck von der Straße", wie danach gerne zitiert wurde. Babbel selbst prangerte die Entgleisungen der Fans an und brandmarkte deren selbstredend überzogene Reaktionen nach dem 1:1 gegen Bochum als Heuchelei.

In gewisser Weise hatte er damit Recht, auf der anderen Seite aber vergaß er, dass es jene Fans waren, die ihn trotz ausbleibender Ergebnisse wochenlang in Schutz genommen und auch der Mannschaft ungeheuer viel Kredit eingeräumt hatten.

Selbst als der Mob schließlich vor den Stadiontoren wartete, war nicht Babbel Zielscheibe der verbalen (!) Angriffe, sondern Präsidium, Vorstand und die "scheiß Millionäre". Er war nur das schwächste Glied in der Nahrungskette und zu diesem Zeitpunkt schon völlig hilflos. Die Gründe für sein Scheitern sind genannt und analysiert. Viele kleine Mosaiksteine machten aus einem schwierigen Unterfangen - das wussten alle Verantwortlichen schon vorher - ein unmögliches.

Eine Sache überstrahlte aber die Doppelbelastung, den Gomez-Weggang, nicht fitte oder schnell satte Stars oder Verletzungspech. Babbel ist noch immer ein Trainernovize, und der Lehrgang, auf dem er sich die Basis für seinen weiteren Werdegang im Profigeschäft besorgen sollte, entpuppte sich als jenes Himmelfahrtskommando, das einige schon vorhergesehen hatten - und im Prinzip jeder hätte ahnen müssen.

Noch mitten in der Krise hatte Sportvorstand Horst Heldt all denjenigen den Sach- und gesunden Menschenverstand abgesprochen, die die Doppelbelastung Babbels als Ausgangspunkt der Misere ansahen. Dabei war es genau das.

In Köln werden die Traineranwärter in elf Monaten im Prinzip durch ein komplettes Sportwissenschaftsstudium gejagt, für das hauptberuflich Studierende in der Regel acht Semester, also vier Jahre, benötigen. Babbel hatte quasi zwei Jobs parallel laufen und musste am Ende die Quittung dafür hinnehmen. Zurück bleiben nur Verlierer und eine verschenkte Saison für den VfB. Aber immerhin ist darauf noch Verlass: Auf eine sehr gute folgt in Stuttgart nun mal traditionell eine verkorkste Saison.

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