"Ich hatte den Tiger in mir"

Von Stefan Moser
Erster Aufschlag, schnell vorpreschen und die Sache gleich beenden: So hat's Boris Becker gern
© Getty

So! Endlich! Nach dem 17. Spieltag hat also alles wieder seine Ordnung. Weil sich die Hertha mit einer beeindruckenden Routine hat abschlachten lassen, sind die Bayern endlich wieder der gefühlte Meister - was Leverkusen automatisch zum Vizemeister und Schalke zum "Herbstmeister der Herzen" macht.

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Und der Club ist ein Depp, weil er nun satte 30 Prozent aller Kölner Tore kassiert hat. Für die Alternative Liste ist das jedoch nur eine Randnotiz. Viel wichtiger sind: Hässliche Wortspiele, das Karma von Jens Lehmann und die Sex-Beichte von Boris Becker.

1. Geständnisse: Hurra! Der BVB wird 100! Und wie feiern 100-Jährige? Logo: mit Udo Jürgens!  Und so kam es, dass ein findiger Reporter Dortmunds Linksverteidiger Dede über den Tisch der deutschen Hochkultur zog, indem er sich recht hinterfotzig nach dem Partygast erkundigte: "Sagen Sie mal, kennen Sie eigentlich den Udo Jürgens?" Und Dede sofort: "Aber natürlich, klar kenne ich den!" Sein Siegerlächeln und den guten Eindruck, den er damit machen wollte, ruinierte sich Dede dann freilich mit dem Zusatz: "Aber ich habe noch nie mit ihm zusammen gespielt."

2. Swineflu@Hoppenheim.de: Nein, Bundesliga, nein! Auch zu Weihnachten können wir Dir Deinen miesen Charakter nicht durchgehen lassen. Sportlich bist Du zweifelsfrei die beste Bundesliga der Welt. Moralisch aber bist Du echt das Allerletzte!

Eine verkommene Heuchlerin bist Du! Außerdem voll unromantisch und total kapitalistisch und so! Aber vor allem: komplett verlogen! Und nirgends bist Du finsterer und falscher als bei der TSG Babylon in Hoffenheim: Da schickst Du also die Herren Ba und Hildebrand recht perlweißlächelnd vor die Kameras und lässt sie gutmenschelnd für die Kampagne Pate stehen: "Wir lassen uns impfen!" Was selbstverständlich extrem dreist gelogen war, ihr ließet Euch nämlich in Wahrheit gar nicht impfen. Und wie mussten wir's erfahren? Aus der Presse! "Ba und Hildebrand an Schweingrippe erkrankt", stand da nämlich plötzlich drin. Karma 1, Hoffenheim 0!

3. Achtung, Wortspiel! Und apropos, Hoffenheim: Dass Dir der grosse Houdini mit seinem VfB Stuttgart dann am Samstag noch mit 3:1 das Kreuz versohlte, geschieht Dir ja gleich doppelt Recht. Der "Grosse Houdini", verstehste...

4. Karma Police: Wie jedes andere seriöse Medium ist natürlich auch SPOX vollkommen dafür, dass einmal pro Saison ein Boateng vom Platz gestellt werden muss, denn das gehört einfach dazu. Und trotzdem: Die Rote Karte für Hamburgs Jerome Boateng im Nordderby gegen Bremen war eindeutig zu hart. Schön wär's gewesen, wenn deshalb Werder fairerweise auch einen Mann vom Feld genommen hätte. Oder zumindest Markus Rosenberg gleich eingewechselt. Hat Werder aber nicht, und deshalb ist es nur gerecht, dass die Bremer dann in Überzahl je dreimal die Latte und dreimal Frank Rost trafen - und am Ende, ganz werdermäßig, mit 1:2 auf Platz sechs zurückpurzelten.

5. Apropos Karma: Kennen Sie den noch? Diesen dicken Rotzlöffel mit Brilli im Ohr, der als Balljunge in Hannover einst den Mut aufbrachte, Jens "Mister Hyde" Lehmann zu verarschen? Auch diese Rechnung hat das Schicksal nun beglichen: Zusammen mit zwei (ganz bestimmt ebenfalls nicht hasenreinen) Balljungen-Kollegen musste der nämlich in der Halbzeit gegen Bochum sogar ärztlich behandelt werden. Diagnose: eingefrorene Schlitzohren. Was sich Lehmann selbst dagegen abfror, während er rotgesperrt auf der Stuttgarter Tribüne bibberte, kann man sich an fünf steifen Fingern abzählen - wenn man weiß, dass das Karma überall hinguckt. Auch hinter Werbebanden...

6. Apropos Stuttgarter Tribüne: Weiß jemand, wie Bayern-Bösschen Christian Nerlinger das genau gemeint hat, als er versuchte, sich über die VfB-Baustelle lustig zu machen, indem er folgendes sagte: "Hoffentlich haben die bis zum Barcelona-Spiel ihr Stadion im Griff. Das ähnelt ja momentan eher dem Zentralfriedhof in Chicago." Wieso denn ausgerechnet der Zentralfriedhof in Chicago? Was hat der denn mit Stuttgart zu tun? Mit Berlin vielleicht: Genauso groß, genauso mausetot. Oder mit Wolfsburg zur Not: Halb so schön, aber doppelt so deprimierend. Aber mit Stuttgart? Wir bitten um Aufklärung!

7. Mut zum Zweithaar: Wussten Sie eigentlich, dass Ben Affleck ein Toupet trägt? Der "Hollywood-Beau" - ein Glatzkopf! Wussten Sie nicht? Jetzt wissen Sie's, irgendwann hätten Sie es ja doch erfahren.

DFB-Beau Matthias Sammer hat übrigens auch bald eine Glatze - aber ganz offensichtlich trägt er trotzdem kein Toupet. Umso mehr Angst macht uns deshalb diese Wette, die er am Wochenende anbot, falls Hertha BSC noch die Klasse hält: "Ich halte das für nicht mehr machbar. Wenn Friedhelm Funkel das aber doch noch hinkriegt, dann ziehe ich meine letzten Haare vor ihm." Und sollte das tatsächlich passieren, sind wir hoffentlich gerade ganz weit weg...

8. Dass er das noch erleben darf! Den absoluten Höhepunkt seiner Karriere hatte nun ein Dortmunder Polizist, als er, in seiner Freizeit übrigens, an einer Ampel stand und neben sich im Wagen einen BVB-Spieler erkannte. Wahnsinn: Sebastian Kehl! Doppel-Wahnsinn: am Telefonieren! Beschwippst vor Glück taumelte er daraufhin sofort zu seiner Dienstelle - und erstattete Anzeige. Völlig zu Recht wird das Karma diesem Denunzianten deshalb früher oder später seine Udo-Jürgens-Platten ruinieren, allerdings: So richtig souverän war auch die Reaktion von Kehl nicht. Der sagte nämlich: "Ich habe gar nicht telefoniert. Ich spreche mir nach dem Training nur gerne die Anweisungen von Jürgen Klopp auf ein Diktiergerät." Klingt total plausibel, nur leider kam Kehl dann etwas ins Stocken, als er dem Richter näher bringen wollte, warum er sich denn das Diktiergerät ans Ohr gehalten habe. Knallharte Konsequenz: Er muss zahlen. Und zwar die vollen 40 Euro.

9. Weltidee! Was sich nun im Winter an den Hierarchien im sportlichen Bereich ändern werde, wollte Wolfsburgs Trainager Armin Veh nach dem 2:2 in Frankfurt partout nicht sagen, und auf die Nachfrage, warum denn nicht, wurde er fast ein wenig nickelig: "Warum sagt man, dass man nichts sagen will? Weil man nichts sagen will. Deshalb sagt man das." Klingt absolut logisch, vor allem, wenn man weiß, dass er das, was er nicht sagen wollte, wohl schon wusste, es aber nicht sagen wollte, weil das, was er hätte sagen müssen, jedem erwachsenen Menschen unangenehm wäre, in eine Kamera hineinzusagen, nämlich dass sein neuer Chef fortan womöglich Dieter Hoeneß heißt. Dabei ist die Idee doch total lustig! Der Dieter! Als VfL-Manager! Mit dem ganzen Geld von VW! Wie viele Luizaos und Alex Alvesse man da kaufen kann...

10. Off Topic: Weil die amerikanische Gewerkschaft der Pornodarstellerinnen gerade fast geschlossen die Hand hebt und schreit: "Ich hatte den Tiger in mir!", eilt Boris Becker dem "Kollegen" nun endlich zu Hilfe und leistet moralischen Beistand: Er habe Mitleid mit Woods, immerhin habe er, Becker, schon "dasselbe in Grün" erlebt. Wenn Megastars leiden! Mit seinem kundigen Vortrag über Seitensprünge hievte sich Becker aber nicht nur in Sachen Weltruhm auf eine Ebene mit Woods, sondern gab gleichzeitig zu verstehen, dass auch er beim Thema Sex brutal den Tiger im Tank hat. Obwohl ja Fräulein Besenkammer einst gestand, dass Becker auch im Bett wohl eher Serve and Volley spiele. Und auch wenn er nur Bayern-Fan statt Bayern-Spieler ist: Soviel Demut, Klugheit und Bescheidenheit - ist uns: einen "Lell der Woche" wert.

11. Wäre bestimmt lustig geworden: Eigentlich hatten wir uns noch ein besinnliches Schlusswort zu den Bayern überlegt. Das sollte ungefähr so anfangen:

"Als wir im Sommer Louis van Gaal die ersten Male in München vor der Presse sahen, ertappten wir uns noch regelmäßig bei der Frage: Was ist eigentlich aus Rosemaries Baby geworden? So bösartig kam der Holländer da rüber." Und dann wäre eine lustige Bemerkung gekommen über Dreiecke und verquaste Formen, schließlich ein etwas zotiger Witz über die Niederlande und zum Schluss eine versöhnliche und ziemlich subtile Pointe über die Weihnachtszeit, fast schon melancholisch, eher was zum Nachdenken halt. Aber: Das geht ja nun nicht. Denn: Der Kollege Kucharski hat sich in die "Tradition" verliebt, am Ende der Alternativen Liste noch kurz den FC durch den Kakao zu ziehen - auch wenn der jetzt wieder voll auf Champions-League-Kurs ist. Per Mail erreichte uns also folgendes Gesuch:

"Werter Kollege Moser,

es würde mich sehr, sehr glücklich machen, würdest du im letzten Punkt der AL erneut ein wenig auf diesen Effzeh draufhauen. Das kam in den letzten zwei Wochen super an bei den Usern, da gibt es ja wirklich so einige von diesen Effzeh-Fans - und mein Eindruck ist: Die brauchen das einfach, damit die sich so richtig schön schlecht fühlen können. Die AL ist ja irgendwo auch ein Service-Stück, da sollte das schon drin sein. Und falls der FC wider Erwarten nicht ganz abstrus vergeigt und du auch sonst nichts Draufhauenswertes findest, kannst du auch gern einfach diese Mail da rein kopieren. Das macht dir weniger Arbeit, und wichtig ist ja eh allein die Message, nicht wahr?

Dir herzlichst verbunden wäre: O."