Der große Planungs-Horror

Von Christian Bernhard
Trainer Hans Meyer würde Gladbach im Fall des Abstiegs nicht in die 2. Liga begleiten
© Getty

Während Wolfsburg, Bayern und Stuttgart den Meistertitel am letzten Bundesliga-Spieltag unter sich ausmachen, geht es auch im Abstiegskampf heiß her. Mit Borussia Mönchengladbach, Arminia Bielefeld, Energie Cottbus und dem Karlsruher SC sind noch vier Teams im Rennen um den 15. Platz, der den sicheren Klassenerhalt bedeutet, und Rang 16, der zumindest zwei Relegationsspiele gegen den Drittplatzierten der 2. Liga garantiert. SPOX nimmt die Situation der vier Kandidaten 90 Minuten vor Saisonschluss unter die Lupe und zeigt auf, welche finanziellen und personellen Konsequenzen der Abstieg mit sich bringen würde.

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Borussia Mönchengladbach:

Die Borussia hat als einziger der vier Abstiegskandidaten den Klassenerhalt selbst in der Hand. Ein Punkt gegen Dortmund und Gladbach ist sicher gerettet. Die nötigen Kräfte dafür holt sich die Meyer-Elf in einem Mini-Trainingslager im niederländischen Tegelen.

Sollte das Unternehmen doch nicht gelingen, droht den Fohlen laut "Kicker" eine Etatkürzung um rund 45 Prozent von 27 auf 15 Millionen Euro. Verabschieden müsste sich die Borussia dann auch von einigen Leistungsträgern: Baumjohanns Wechsel zu den Bayern ist bereit fix, Galaseks Vertrag läuft am Saisonende aus und Marin wird den Gang in die 2. Liga trotz Vertrag bis 2010 auch nicht antreten.

Genauso wie Coach Hans Meyer: Der 66-Jährige hat zwar einen Kontrakt, der auch für die 2. Liga gültig ist, sagte aber selbst erst kürzlich in der "Bild": "Kein Vorstand der Welt kann so blöd sein, mit einem, der im November 67 wird, den Neuaufbau in der 2. Liga anzugehen."

Neuzugang Marcel Meeuwis (Roda Kerkrade) kommt in jedem Fall, laut "Kicker" steht auch Ahlens Jungstar Marco Reus vor dem Sprung in den Borussen-Park.

Arminia Bielefeld:

Ab hier wird es richtig eng: Selbst mit einem Sieg gegen Hannover hat die Arminia den Relegationsplatz nicht sicher, andererseits könnte ein Dreier unter gewissen Umständen sogar zum direkten Klassenerhalt reichen. Dementsprechend kompliziert gestalten sich momentan die Planungen für die kommende Saison.

Eines ist aber auch in Bielefeld fix: Der Gang in die 2. Liga würde den Personaletat von derzeit rund 15 Millionen auf 8,5 Millionen Euro beinahe halbieren. Torgarantie Artur Wichniarek könnte mit seinem 1-Millionen-Gehalt nicht gehalten werden, Dennis Eilhoff und Thorben Marx, der seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag immer noch nicht verlängert hat, würden sich dann wohl auch von der Alm verabschieden. Auch die angestrebte Verlängerung der Ausleihe von Vlad Munteanu (VfL Wolfsburg) wäre in der 2. Liga nicht machbar.

Mut machen der Arminia zwei Statistiken - allerdings mit Abstrichen: Bielefeld hat als einziges Team der vier Kandidaten Relegations-Erfahrung und konnte sich bereits zweimal am letzten Spieltag retten. Die Last-Minute-Rettung in der Saison 1970/1971 war allerdings gekauft, wie der später aufgeklärte Bundesligaskandal offenlegte.

Im Falle eines Abstiegs würde zudem ein trauriger Rekord winken: Bielefeld würde dann mit sieben Abstiegen mit Rekordabsteiger Nürnberg gleichziehen. Genau das soll Jörg Berger, der "Fußball-Feuerwehrmann" schlechthin, verhindern - auch im eigenen Interesse. Gelänge die Mission Klassenerhalt nicht, würde der 64-Jährige definitiv keinen neuen Vertrag erhalten.

Energie Cottbus:

In der Lausitz ist die Situation paradox: Bei drei Punkten und sieben Toren Rückstand auf Gladbach, hat Energie realistisch betrachtet nur mehr Chancen auf den Relegationsplatz. Doch selbst ein Sieg gegen Leverkusen würde bei einem gleichzeitigen Arminia-Dreier wohl nicht zum Klassenerhalt reichen.

Cottbus ist aber von den vier Kontrahenten am besten auf die Eventualität "Abstieg" vorbereitet. Manager Steffen Heidrich spricht von "zweigleisigen" Planungen und glaubt, "gut vorbereitet" zu sein. Sprich: Ein Großteil des Kaders besitzt Verträge für die 2. Liga, trotzdem würde laut "Kicker" im Abstiegsfall rund ein Drittel der Spieler den Verein verlassen.

Die Kontrakte von Ivica Iliev und Erwin Skela sind z.B. nur im Oberhaus gültig, Jiayi Shaos Vertrag läuft wie der von Tomislav Piplica und Vragel da Silva Ende Juni aus. Der Gesamtetat, der momentan 24 Millionen Euro beträgt, würde auf rund 13 Millionen gedrückt werden. So wie es momentan aussieht, soll Trainer Bojan Prasnikar im Fall der Fälle das Projekt "sofortiger Wiederaufstieg" in Angriff nehmen.

Ein Blick in die Geschichtsbücher wird die Lausitzer sicherlich zusätzlich motivieren: Hatte Cottbus am letzten Spieltag noch die Chance auf den Klassenerhalt, stieg Energie noch nie ab.

Karlsruher SC:

Der Fußball ist manchmal eben verrückt. 1997/1998 stieg der KSC mit 38 Punkten ab, diesmal könnten den Badenern sogar 29 Punkte zum Klassenerhalt reichen. Da müssen allerdings auch Hannover (in Bielefeld) und Leverkusen (in Cottbus) mithelfen.

Karlsruhe hat es alles andere als selbst in der Hand - auch deshalb ist der KSC auf den eventuellen Gang in die Zweitklassigkeit vorbereitet. Der Kader soll unter der Leitung von Manager Rolf Dohmen und Trainer Edmund Becker von 26 auf 22 Mann reduziert werden, der Lizenspieler-Etat würde von 17 auf acht Millionen gekürzt.

Allerdings laufen gleich elf Verträge am Saisonende aus. Christian Eichner und Tim Sebastian, sowie Kapitän Maik Franz und Markus Miller könnten bei entsprechenden Angeboten gehen. Außerdem sind Dino Drpic und Antonio da Silva zu teuer.

Während Giovanni Federico (bisher ausgeliehen) auf jeden Fall zu Dortmund zurückkehrt, besitzt Marco Engelhardt einen gültigen Vertrag für die 2. Liga und könnte bleiben.

Wie es für den KSC weitergehen soll, steht auf jeden Fall schon fest: Jugend forscht - auch in der 2. Liga. Stefano Celozzi soll Andreas Görlitz (kehrt zum FCB zurück) ersetzen, Sebastian Langkamp ist bereits jetzt neben Franz gesetzt und Lars Stindl überzeugte zuletzt nicht nur mit seinen Toren.

Gespräche mit dem 20-Jährigen laufen bereits, für Dohmen wäre Stindl "gut beraten, sich hier bei uns in Ruhe weiterzuentwickeln." Laut "Kicker"-Informationen würde Stindl den Weg ins Unterhaus auch mitgehen.

Die Ausgangssituation im Tabellenkeller