"Wir sind wieder im Rennen"

SID
Gladbach hat in der Rückrunde nun so viele Punkte geholt wie in der gesamten Vorrrunde
© Getty

Hans Meyer setzte seine Lesebrille auf, studierte kurz die Tabelle und auf einmal zuckten die Mundwinkel ein Stück nach oben. "Dieser Sieg tut gut für die Seele, für die Psyche. Das hat nichts mit dem Derby zu tun, sondern auschließlich mit unserer Situation. Wir sind wieder im Rennen", sagte der 66 Jahre alte Trainerfuchs, nachdem Borussia Mönchengladbach mit einem 4:2 (2:0)-Erfolg im 108. rheinischen Schlager beim 1. FC Köln erstmals seit über drei Monaten die beiden Abstiegsplätze verlassen hatte.

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"Der Wind kommt jetzt erst einmal nicht von vorne oder von der Seite", beschrieb Meyer die Situation der Borussia treffend. Abheben durfte nach dem beeindruckenden 20. Bundesliga-Auswärtssieg in der Domstadt - soviele hat kein anderer Klub vorzuweisen - aber nur der lautstarke Anhang.

"Das war ein kleiner Schritt, aber wir haben noch viele zu gehen. Feiern dürfen wir erst, wenn wir es geschafft haben", warnte Sportdirektor Max Eberl vor allzu großer Euphorie.

Peu a peu arbeitet sich die Borussia aus dem Abstiegssumpf. Ein Aufschwung, den viele kaum für möglich gehalten hatten, nachdem in der Winterpause "Schlimmstes zu befürchten war" (Meyer).

"Das sind Big points"

Doch dann holte die Borussia 2009 in nur sieben Spielen soviele Punkte wie in der gesamten Hinrunde. Nach drei Siegen in den letzten vier Spielen scheint die zweite "Ära Meyer" in Gladbach nach all den Irrungen und Wirrungen der letzten Monate offenbar doch noch eine Wende zum Guten zu nehmen.

Zeit zum Verschnaufen bleibt allerings kaum, schon am Freitag kommt Abstiegsrivale VfL Bochum in den Borussia-Park. "Es geht zwar nur um drei Punkte, aber das sind Big points", sagt Tobias Levels.

Ausrutscher darf sich Gladbach auch weiterhin in einer Situation, "in der uns das Waser bis zur Unterkante der Lippe steht" (Meyer), nicht erlauben. Beim Triumph in Köln präsentierte sich die Borussia aber keineswegs wie ein Absteiger.

Überragender Marin

In der Defensive ist die Sicherheit auch dank der Winter-Einkäufe Logan Bailly, Paul Stalteri und Tomas Galasek zurück, in der Offensive laufen insbesondere Alexander Baumjohann und Marko Marin zur Höchstform aus.

Dass Marin einen Tag nach seinem 20. Geburtstag wieder von Meyer nach gut einer Stunde ausgewechselt wurde, erzeugte diesmal keine Nebengeräuche. "Natürlich ist es bitter, wenn man ausgewechselt wird, aber es zählen nur die drei Punkte", sagte Marin, der in der ersten Halbzeit die Kölner Abwehr schwindlig spielte.

Der Dribbelkünstler war es auch, der den Führungstreffer von Michael Bradley (25.) vorbereitete. Matmour (44.), Rob Friend (67.) und nochmals Bradley per Foulelfmeter (87.) machten vor 50.000 Zuschauern im zum siebten Mal in dieser Saison ausverkauften Kölner WM-Stadion den Sieg gegen den FC perfekt, der sich durch zwei Treffer von Miso Brecko (64. und 82.) zweimal wieder herangekämpft hatte.

Özat beendet Karriere

Sieben Punkte trennen Gladbach und Köln nur noch, und so langsam muss sich auch der FC wieder Sorgen machen. "Wir müssen schnellstmöglich den Ernst der Lage erkennen", mahnt Trainer Christoph Daum, zumal in der Rückrunde der 2:1-Sieg bei Bayern München der einzige Dreier ist: "Alle die, die nach dem Spiel in München gesagt haben, dass wir gerettet sind, werden jetzt eines Besseren belehrt."

Ein Horrorszenario wolle er aber nicht aufzeichnen, so Daum: "Es gibt ein paar Dinge, mit denen ich nicht einverstanden bin, aber wir werden unsere Lehren daraus ziehen."

Ein Heimsieg täte dabei mal gut, an den letzten am 7. November 2008 (2:1 gegen Hannover) können sich nur noch die wenigsten erinnern. Dass der türkische Außenverteidiger Ümit Özat am Samstag im Zuge seiner Herzmuskelentzündung die Karriere beendete, passte in das Bild des so ernüchternden Kölner Tages.

Die Ärzte hatten Ümit, der am 29. August vergangenen Jahres im Spiel beim Karlsruher SC zusammengebrochen war, aufgrund des erhöhten Risikos zum Rücktritt geraten.

Köln - Gladbach: Daten und Fakten