Kein Sieg = Kein Krach

Von Philipp Dornhegge
Obwohl die Bilanz von 2009 schwach ist, bricht bei Jürgen Klopp und dem BVB keine Panik aus
© Getty

In der Rückrunde kommt der BVB überhaupt nicht mehr in die Gänge. In bisher sechs Spielen gab es noch keinen Sieg, dafür schon zwei Niederlagen - so viele wie in der gesamten Hinrunde. Quo vadis, Borussia Dortmund?

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Ohne Frage, das Startprogramm mit Spielen gegen Leverkusen, Hoffenheim, Schalke, Bayern und Stuttgart war hart. Aber erstens holte Dortmund in der Hinrunde in diesen Partien acht Punkte, zweitens hatte das Team von Trainer Jürgen Klopp auch schon ein Heimspiel gegen Cottbus - und gewann trotzdem nicht.

Nach der Hinrunde lag der Revierklub noch auf Platz sechs und schielte Richtung UEFA-Cup-Plätze, mittlerweile aber ist er im Niemandsland der Tabelle angekommen: Platz neun, dazu neun Punkte Rückstand auf Platz fünf.

Und was für einen eingefleischten Schwarzgelben fast genauso schlimm ist: Der FC Schalke 04 steht - trotz aller Querelen der letzten Wochen - besser da als die Borussia.

Kuba und Hummels verletzt

Wenn man nach den Gründen für den Absturz der Borussia sucht, dann wird man schnell fündig: Zum einen fällt Jakub Blaszczykowski nun schon seit einigen Wochen aus und hat in der Rückrunde noch kein Spiel bestritten.

In der Hinrunde machte Dortmund immer dann seine besten Spiele, wenn der dribbelstarke Pole die rechte Seite rauf und runter flitzte.

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Zum anderen wäre da die Verletzung von Mats Hummels. Defensiv machen Felipe Santana und Neven Subotic ihre Sache zumeist gut, aber im Umschalten und in der Spielöffnung müssen sie doch deutlich hinter der Leihgabe des FC Bayern zurückstecken.

Ohne den technisch versierten Hummels zeigt sich immer mehr, dass Subotic und Santana spielerisch noch zu schwach sind, um den BVB-Angriff aus der Verteidigung heraus kontrolliert aufzubauen. Die Folge sind viele lange Bälle, mit denen insbesondere Mohamed Zidan oder Tamas Hajnal wenig anzufangen wissen.

Spielerisch mäßig, im Abschluss schwach

Überhaupt scheint dem BVB die spielerische Klasse zu fehlen, um ganz vorne mitzuspielen. Klopp hat seinem Team in den ersten Monaten seiner Amtszeit ein gutes Pressing und schnelles Umschalten eingeimpft, woraus immer wieder Torchancen entstehen.

Gegen eine gut organisierte und dicht gestaffelte Abwehr jedoch tun sich gerade die Mittelfeldspieler oft schwer. Ohne Kuba verlässt sich Klopp häufig auf Kehl, Tinga und Kringe, die mit ihrer Art der Ballbehandlung die Fans nicht unbedingt in Ekstase versetzen, sondern stattdessen eine Art "Schalke light" auf den Platz zaubern.

Aber nicht nur spielerisch bietet der BVB seinen Fans in der Rückrunde häufig Magerkost an: Auch die Chancenverwertung lässt deutlich zu wünschen übrig.

Beim Heimspiel gegen Hoffenheim etwa hatten Zidan, Nelson Valdez und Co. eine Vielzahl von Tormöglichkeiten, nutzten aber keine einzige. 32 Tore in 23 Spielen sind allenfalls mittelmäßig, darin enthalten sind immerhin auch die acht Saisontreffer, die auf das Konto von Santana und Subotic gehen. Da die aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr treffen, sieht es im Angriff oft mau aus.

Jürgen Klopp: Von den Fans vergöttert

Bei all den Problemen und der schwachen Bilanz im Jahr 2009 fragt man sich freilich, warum es in Dortmund, anders als in Gelsenkirchen, nicht schon längst gekracht hat.

Die Antwort heißt Jürgen Klopp. Während anderswo bei jeder Durststrecke der Trainer in Frage gestellt wird, fressen in Dortmund Fans und Vereinsobere dem Sympathieträger aus der Hand.

Er versprach den Anhängern zu Saisonbeginn mehr Leidenschaft, und die sehen sie auch, Misserfolg hin oder her. Er bat aber gleichzeitig um Geduld, denn seine junge Mannschaft müsse sich nun mal entwickeln dürfen.

Und tatsächlich: Im Stadion wie in einschlägigen Fanforen hört man selten Kritik, weder am Trainer noch an der Mannschaft. Auf Anfrage der "Sport-Bild" sagte Vorstandsboss Hans-Joachim Watzke zur Personalie Klopp kurz und knapp: "Er bekommt Zeit. Das kann man als Freibrief verstehen."

Drei Personalien geben Anlass zur Hoffnung

Und bei allem Gerede von spielerischer Armut, schwacher Chancenverwertung und Verletzungen: Qualität ist durchaus vorhanden. Drei Personalien im Besonderen machen den Fans - was die mittelfristige Perspektive angeht - durchaus Mut.

Zum einen hat Michael Zorc in der Winterpause Kevin-Prince Boateng in den Pott geholt. Der galt in Berlin als großes Talent, konnte sich in Tottenham aber nie durchsetzen.

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Doch in Dortmund hat der 22-Jährige schon mehrfach gezeigt, was er draufhat: Boateng ist technisch stark, sicher im Kombinationsspiel und mit großem - manchmal grenzwertigem - Einsatz bei der Sache.

Allerdings: Im Moment ist der Ex-Herthaner am rechten Knie verletzt und fällt noch mehrere Wochen aus. Wann genau Boateng zurückkehrt, ist noch völlig offen.

Sahin: Das Talent auf dem Weg zum Star

Zum anderen ist mit Linksverteidiger Dede der Leader und Publikumsliebling nach überstandenem Kreuzbandriss wieder an Bord. Schon gegen Stuttgart deutete der Brasilianer an, dass er auf der linken Seite für mehr Betrieb sorgen wird als ein Marcel Schmelzer.

Und dann wäre da noch Nuri Sahin: Vor Jahren als größtes Talent Europas gefeiert, konnte sich der Türke unter Bert van Marwijk und Thomas Doll nie durchsetzen, wurde 2007/2008 sogar an Feyenoord Rotterdam ausgeliehen.

Das Jahr in der Eredivisie scheint Sahin allerdings gut getan zu haben, denn im Verlaufe der Saison erspielte sich der 20-Jährige immer mehr das Vertrauen des Trainers und hat mittlerweile sogar Florian Kringe den Rang abgelaufen.

Mit guter Ballführung, großem Einsatz und vorzüglicher Übersicht war Sahin über die letzten Partien der konstanteste Borusse.

Geduld der Fans auf die Probe gestellt

Es gibt also durchaus Anlass zur Hoffnung für Klopp und den BVB, zumal in den kommenden Wochen vermeintlich leichtere Gegner auf dem Programm stehen.

Aber die Frage bleibt: Wann bringt die hinzugewonnene Qualität auch die erhofften Ergebnisse ein? So beliebt Klopp und so jung und unerfahren die Mannschaft auch sein mag, auch die Geduld der BVB-Fans hat eine Grenze.

Der Verein war in den letzten 15 Jahren einfach zu erfolgreich, als dass sich die Anhänger auf Dauer mit dem Graue-Maus-Image zufrieden geben.

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