"Ich glaube an den Titel"

Von Interview: Haruka Gruber
Der Nigerianer Chinedu Obasi erzielte bislang sechs Bundesliga-Tore
© Getty

ManUnited, Chelsea, Liverpool oder Arsenal: Glaubt man Berichten aus England, jagt die Premier-League-Elite Hoffenheims Chinedu Obasi. Doch der 22-jährige Nigerianer denkt vorerst nur an Hoffenheim und den Titel-Kampf. Im Interview spricht Obasi -  in Mönchengladbach nach seinem Muskelfaserriss wahrscheinlich wieder einsatzfähig - über Ralf Rangnick, Ratschläge von Gott und das hässliche Gesicht des Fußballs.

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SPOX: Nach Vedad Ibisevic' Verletzung hat Premiere-Experte Ottmar Hitzfeld Hoffenheim als Titelkandidaten abgeschrieben. Sie auch?

Chinedu Obasi: Was Außenstehende sagen, ist mir egal. Natürlich mag es schwieriger geworden sein, aber ich glaube daran, dass wir es schaffen können - solange wir hart arbeiten und vor allem im Kopf stark bleiben.

SPOX: Durch den Ausfall Ihres Sturmkollegen sind Sie für Hoffenheim wichtiger denn je. Werden Sie von Trainer Ralf Rangnick mit mehr Aufmerksamkeit bedacht?

Obasi: Der Coach fragt mich jeden Tag, wie es mir geht. Aber das machte er schon vorher so. Daher bemerke ich keinen Unterschied. Er kümmert sich genauso intensiv um mich und die Mitspieler wie in der Hinrunde.

SPOX: Was bedeutet Ihnen Ralf Rangick?

Obasi: Er ist sehr wichtig für mich. Er glaubt an mich und gibt mir das nötige Selbstvertrauen, wenn es mal nicht so läuft. Er bestärkt mich, mutig zu sein. Mehr kann man als junger Spieler nicht von einem Trainer erwarten. Dank ihm kitzele ich das Beste aus mir heraus. Rangnick ist genau der richtige Trainer, den ich im derzeitigen Stadium der Karriere brauche.

SPOX: Mit Boubacar Sanogo verpflichtete Rangnick einen neuen Sturmkollegen. Die richtige Entscheidung?

Obasi: Ich halte mich zurück, wenn es nicht um mich persönlich geht. Hoffenheim hat kompetente Leute an den richtigen Stellen, sie wissen genau, welche Entscheidungen zu treffen sind. Ich konzentriere mich lieber auf meinen Job. Wenn ich gut spiele, muss ich mir keine Gedanken machen um andere Dinge.

SPOX: Ab wie vielen Rückrunden-Toren haben Sie einen guten Job gemacht?

Obasi: Ich setze mir schon ein Ziel, aber das verrate ich nicht. Ich bin eher ein schüchterner Typ, und ich will vermeiden, dass zu hohe Erwartungen aufgebaut werden. Wenn ich zwölf Tore anpeile, es aber nur sieben werden, sind alle enttäuscht. So gehe ich ohne Druck in die Rückrunde. Denn ich weiß: Egal wie viele Tore ich schieße, nichts geschieht ohne Grund. 

SPOX: Nichts geschieht ohne Grund. Hat die Haltung etwas mit Ihrem Glauben zu tun? Obasi heißt übersetzt immerhin "Gott".

Obasi: Auf eine gewisse Weise ja. Ich glaube an Gott. Und ich glaube fest daran, dass Dinge passieren, weil sie passieren sollen. Das hat aber nichts mit meinem Namen zu tun. Meine Familie ist sehr religiös und im Osten Nigerias, wo ich herkomme, hat der Glaube einen hohen Stellenwert. Er nimmt einen sehr, sehr wichtigen Teil in meinem Leben ein.

Tabellenrechner: Tippe Hoffenheim zur Meisterschaft!

SPOX: Milans Superstar Kaka entschied sich gegen einen Wechsel zu Manchester City, weil ihm "Gott dazu geraten" hätte. Können Sie das nachvollziehen?

Obasi: Ich kenne Kaka nicht persönlich. Aber manchmal betet man - und bekommt eine Ahnung davon, was für einen das Richtige ist. Und sollte sich dieses Gefühl einstellen, sollte man dem folgen, egal was andere einem vielleicht raten.

SPOX: Sie selbst sollen das Interesse von Manchester United oder dem FC Chelsea geweckt haben. Würden Sie Gott fragen, ob Sie Hoffenheim verlassen sollen?

Obasi: Ich erlebe viele Dinge, und die wichtigen Dinge verarbeite ich, indem ich bete. Aber so, wie Sie das andeuten, funktioniert es nicht. Ich kann nicht beten und dann erwarten, Antworten auf spezielle Fragen zu bekommen. Das ist eine viel komplexere Angelegenheit, die nur mich und meinen Glauben etwas angeht.

SPOX: Aber es ist richtig, dass es Sie in die Premier League zieht?

Obasi: Es stimmt, dass ich schon immer in England spielen wollte. Aber diese Frage stellt sich nicht, weil ich mich in Hoffenheim sehr wohl fühle. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, dass ich den Verein verlassen muss, aber warum soll ich mir jetzt schon den Kopf darüber zerbrechen? Ich bin glücklich in Hoffenheim.

SPOX: Dass Sie in Ihrer Freizeit gerne nach London fliegen, hat demnach nichts zu sagen?

Obasi: Überhaupt nicht. Ich besuche dort meinen Freund John Obi Mikel.

SPOX: Der Mittelfeld-Star des FC Chelsea, mit dem Sie sehr gut befreundet sind.

Obasi: Genau. Wobei uns mehr als Freundschaft verbindet. Wir sind wie Brüder. Ich kenne ihn, seit ich 17 bin. Wir haben vor vier Jahren gemeinsam den Schritt zu Lyn Oslo gewagt und dort zusammen ein Haus bewohnt. So etwas schweißt zusammen.

SPOX: Weil die Umstellung auf Europa besonders schwer fällt?

Obasi: Unser Traum war es, in Europa zu spielen. Da muss man die Gelegenheit ergreifen, wenn sie sich ergibt. Aber natürlich: Die Zeit war hart. Wir sind aus Nigeria nach Norwegen gekommen, gegensätzlicher können zwei Länder wohl nicht sein. Aber wir haben uns durchgebissen und das Beste daraus gemacht.

SPOX: In Oslo standen Sie Mikel bei, der im Zuge des Wechsels zum FC Chelsea angeblich Morddrohungen erhielt. Auch von Autoverfolgungsjagden und einem Kidnapping-Versuch war die Rede. Haben Sie dort die Schattenseite des Fußballs erlebt?

Obasi: Auf eine gewisse Weise. Über die Vorfälle will ich aber nicht mehr reden. Es gibt viele Dinge, die in Norwegen abgelaufen sind, die ich einfach nur vergessen möchte. Uns ging die ganze Angelegenheit sehr an die Nieren und wir sind froh, dass wir diese Episode hinter uns gelassen haben. Ich habe das hässliche Gesicht des Fußballs kennen gelernt, jetzt lerne ich in Hoffenheim die schöne Seite kennen - wobei sich in Oslo auch sehr nette Menschen um uns gekümmert haben.

SPOX: Was haben Sie aus der Zeit in Norwegen mitgenommen?

Obasi: Ich bin eine andere Person. Stärker, weiser, erfahrener. Es war nicht immer leicht, aber rückblickend kann ich sagen: Ich bin heute ein besserer Mensch als früher.

Über Norwegen nach Hoffenheim: Chinedu Obasi im Steckbrief