"Der Titel ist reine Utopie"

Von Interview: Haruka Gruber
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© Getty

Nicht Bayern München, nicht Schalke, nicht HSV: Carlos Eduardo und 1899 Hoffenheim mischen die Bundesliga gehörig auf und stehen nach zehn Spieltagen an der Tabellenspitze.

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Vor Beginn der letzten Saison staunte Fußball-Deutschland nicht schlecht, als der damalige Zweitligist Hoffenheim die Rekordsumme von acht Millionen Euro für den damals 20-Jährigen an Gremio Porto Alegre überwies.

Eine mehr als lohnende Investition, wie man spätestens jetzt weiß. Im Interview mit SPOX erläutert das Juwel seine Perspektiven beim frechen Aufsteiger und spricht über das Schlitzohr Ralf Rangnick und die Deutsche Meisterschaft.

SPOX: Herr Eduardo, wurde Ihnen schon mal vom Märchen des 1. FC Kaiserlautern erzählt?

Carlos Eduardo: Davon hab ich natürlich schon einmal gehört.

SPOX: Und? Kann Hoffenheim als zweiter Aufsteiger der Bundesliga-Geschichte gleich Meister werden?

Carlos Eduardo: Bei uns ist das überhaupt kein Thema. Uns freut es natürlich, dass wir Tabellenführer sind. Aber wir wissen das einzuordnen. Es ist noch eine lange Zeit bis zum Saisonende, da kann noch einiges passieren. Der Titel ist reine Utopie.

SPOX: Warum so zurückhaltend?

Carlos Eduardo: Wir müssen einfach weiter hart an uns arbeiten und uns sowohl individuell als auch als Mannschaft weiterentwickeln. Deswegen müssen wir sehen, ob es am Ende für eine vordere Platzierung reicht.

SPOX: Bei aller Zurückhaltung: Ist Hoffenheims Saisonstart auch in Ihrer Heimat ein Thema? Immerhin spielt 1899 den "brasilianischsten" Fußball der Liga...

Carlos Eduardo: Das HSV-Spiel wurde sogar live im Fernsehen übertragen. Und meine Familie und Freunde in Brasilien verfolgen die Entwicklung in Hoffenheim natürlich ganz genau.

SPOX: Wie sind Sie eigentlich in Hoffenheim gelandet? Angeblich waren Barca, Inter und Porto an Ihnen interessiert.

Carlos Eduardo: Ich habe mir die Frage gestellt, was für meine Entwicklung das Beste ist. In Hoffenheim habe ich eine gute Perspektive gesehen, mich weiter zu entwickeln. Deshalb habe ich mich entschieden, den Schritt nach Deutschland zu wagen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich würde auch anderen brasilianischen Talenten den Sprung nach Hoffenheim empfehlen.

SPOX: Sie selbst wechselten für acht Millionen Euro zu Hoffenheim. Und schnell kamen Vergleiche mit Ronaldinho auf, weil Sie ihm optisch und von der Spielweise ähneln und auch noch wie er bei Gremio unter Vertrag standen...

Carlos Eduaro: Ronaldinho ist ein großartiger Spieler, ein Weltstar. Ich würde mich niemals mit ihm vergleichen. Ich möchte Carlos Eduardo bleiben und meinen eigenen Weg gehen.

SPOX: Ein Weg, der noch steinig werden könnte. Trainer Ralf Rangnick hat gesagt, dass Sie noch einiges lernen müssten. Was genau meint er damit?

Carlos Eduardo: Die Spielweise in Deutschland kann man nicht mit der in Brasilien vergleichen. In der Bundesliga wird viel mehr Wert auf die Defensive gelegt. In diesem Bereich hatte ich zu Beginn noch Probleme. Doch mittlerweile habe ich meine Spielweise umgestellt und spiele aggressiver gegen den Ball.

SPOX: Um Sie zu 1899 zu locken, soll Rangnick Ihnen erzählt haben, dass Hoffenheim 1,5 Millionen Einwohner hätte. Waren Sie geschockt oder sogar sauer, als Sie die vielen Kühe sahen - aber keine Metropole?

Carlos Eduardo: Nein, überhaupt nicht. Ich bin selbst in einem 8000-Einwohner-Städtchen in Brasilien aufgewachsen. Da fiel mir die Umstellung nicht ganz so schwer.

SPOX: Aber der Winter macht Ihnen zu schaffen, oder?

Carlos Eduardo: Die Kälte macht mir nichts aus. In Brasilien gibt es im Winter auch Temperaturen bis zu null Grad. Vielmehr vermisse ich meine Familie und Freunde. Doch meine Familie ist gerade zu Besuch bei mir, so dass momentan alles rund läuft. Ich fühle mich sehr wohl in Hoffenheim. Nur meine Labrador-Hündin Brenda ist leider noch in Brasilien.  

Hoffenheims Kader im Überblick