Ohne Glanz ganz oben

Von dpa / Benny Semmler
HSV, Petric, Gladbach
© DPA

Nach trostlosen 90 Minuten betraten Martin Jol und Jos Luhukay in herzlicher Umarmung den Kabinentrakt, doch sportlich trennen die beiden niederländischen Trainer derzeit Welten.

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Denn während Jol mit dem Hamburger SV erneut die Tabellenspitze der Bundesliga übernahm, scheint sein Kollege bei Borussia Mönchengladbach den Aufstiegsbonus schon verbraucht zu haben.

"Im Moment stimmen die Ergebnisse nicht und ich denke, da machen sich viele über den Trainer Gedanken", kommentierte Luhukay nach der 0:1 (0:1)-Niederlage Gerüchte über ein vorzeitiges Ende seiner Amtszeit.

Jols Arbeit trägt Früchte

Weitaus behaglicher ist die Situation seines Landsmanns Jol, dessen Umbauarbeiten mehr und mehr Früchte tragen.

"Es war für uns schwierig. Uns fehlt noch ein bisschen Kreativität, wenn der Gegner so defensiv steht wie Gladbach. Hätte mir jemand gesagt, dass wir mit 13 Punkten Bundesliga-Anführer sind, hätte ich das nicht geglaubt", gab der HSV-Coach zu.

Dass der Blick auf die Tabelle aber nicht mehr als eine "Momentaufnahme" ist, wie Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer anmerkte, ist allen klar.

Zumal die Hanseaten beim "schmutzigen Sieg" (Jol) gegen die Borussia an die von den Fans ungeliebten "Die Null muss stehen"-Zeiten unter Jols Vorgänger Huub Stevens anknüpften und sich kaum Chancen erspielten.

Petric bringt Schwung

"Wir brauchen mehr Flair und mehr Dribblings", forderte Jol, der noch immer den "Extras" von Rafael van der Vaart hinterhertrauert. Immerhin verlieh Mladen Petric, der in der 11. Minute per Kopf den einzigen Treffer erzielte, dem HSV-Spiel erneut Würze.

"Gladbach hat die erste Halbzeit überhaupt nichts fürs Spiel gemacht, die standen mit zehn Leuten 30 Meter vorm Strafraum. Das ist es schwer sich Chancen rauszuspielen. Wir sind sehr gut, haben eine richtig gute Truppe zusammen mit vielen Nationalspielern", so Petric.

Der erstmals in der Startelf aufgebotene Neuzugang, schon beim 2:0-Pokalsieg gegen Bochum doppelt erfolgreich, brauche manchmal "Pfeffer im Hintern", sagte Jol. "Dann ist er einer, der den Unterschied ausmacht."

Kölner Schicksalsspiel für Luhukay

Von derartigen Luxus-Problemen können die Borussen nur träumen. Nach der fünften Niederlage im sechsten Spiel und dem Aus im Cup-Wettbewerb hat der Überlebenskampf bereits begonnen.

Schon das rheinische Derby gegen den 1. FC Köln könnte am Samstag zum persönlichen Schicksalsspiel für Luhukay werden. "Man kann nicht immer auf Wolke sieben schweben. Uns war von Anfang an klar, dass wir in dieser Saison gegen den Abstieg spielen. Mit einem bisschen Glück hätte man auch unentschieden spielen können", meinte Sportdirektor Christian Ziege.

Genervt von den Diskussionen um seinen Coach versicherte der Ex-Nationalspieler, im Falle einer Niederlage gegen Köln nicht selbst den Trainerjob anzustreben.

Ohne Marin und Neuville

Mit der fast nur auf Spiel-Zerstörung ausgerichteten Auf- und Einstellung dürfte die Zahl von Luhukays Befürwortern um "fünf vor zwölf" (Ziege) aber nicht gestiegen sein.

Die beiden erst spät eingewechselten Nationalspieler Oliver Neuville und Marko Marin, prominenteste Opfer der Mauertaktik, machten ihrem Unmut unterschiedlich Luft.

Während Kapitän Neuville wortlos an den Journalisten vorbeistampfte, äußerte Jungstar Marin, der in der Schlussphase als einziger Borusse Torgefahr ausstrahlte, zumindest seine Verwunderung darüber, "dass ich nicht gespielt habe".

Einzig ein "echter Borusse" hatte an der Elbe Grund zum Jubeln - wenn auch mit gemischten Gefühlen. "Ich freue mich über den Sieg, aber aufgrund der Situation der Gladbacher ist es im Moment nicht so schön", sagte HSV-Profi Marcell Jansen, der 13 Jahre für die "Fohlen" spielte.

Zugleich machte der Nationalspieler seinen früheren Team-Kollegen Mut: "Für die Gladbacher sehe ich schon noch eine Chance."