Bundesliga-Held Konietzka tot

SID
Timo Konietzka ist im Alter von 73 Jahren in der Schweiz gestorben
© Getty

Die Bundesliga trauert um einen ihrer ganz großen Helden: Timo Konietzka, der Schütze des ersten Bundesliga-Tores, starb am Montag im Alter von 73 Jahren in der Schweiz.

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Timo Konietzka hat seinem Leben ein Ende gesetzt. Der erste Torschütze der Bundesliga-Geschichte litt unheilbar an Gallenkrebs und hatte angekündigt, sein Ende selbst zu bestimmen: "Wenn ich merke, dass meine Zeit gekommen ist, werde ich meine Liebsten um mich versammeln, mich verabschieden - und dann einen Schluck vom Todescocktail trinken." Konietzka sprach immer offen über das Thema aktive Sterbehilfe. Am Montag um 18.52 Uhr starb der 73-Jährige im Beisein seiner Frau Claudia.

"Timo sah nochmals seine Enkel, genoss die letzten Stunden seines Lebens", sagt Claudia Konietzka. Seine letzte Botschaft war an Familie und Freunde, aber auch an die Öffentlichkeit gerichtet: "Ich bin erlöst von meinen Qualen. Macht alle das Beste aus Eurem Leben! Meines war lang und doch so kurz."

"Die Bundesliga trauert um Timo Konietzka", sagte der tief bestürzte Liga-Präsident Reinhard Rauball in seiner ersten Reaktion, "mit dem ersten Tor in der Liga-Geschichte wird er den Fans in Deutschland für immer unvergesslich bleiben, obwohl dieser Treffer von keiner Fernseh-Kamera gefilmt wurde." Für dieses geschichtsträchtige Tor am 24. August 1963 brauchte Konietzka im Trikot von Borussia Dortmund genau 58 Sekunden.

Bisher hatte Konietzka noch allen Krankheiten getrotzt. Bereits zwei Mal hatte der gebürtige Westfale eine Herzattacke erlitten. Immer wieder rappelte er sich auf. Stolz war er vor allem auf seine Vitalität. Mindestens eine Stunde pro Tag joggte der 73-Jährige, dazu half er im familiären Gasthaus "Ochsen" in Brunnen am Vierwaldstättersee mit und war Vertreter für Gesundheitsschuhe.

Seit knapp 40 Jahren lebte Konietzka in der Schweiz, 1988 nahm er die eidgenössische Staatsbürgerschaft an. Sowohl als Spieler und als Trainer feierte der Westfale große Erfolge. Am 24. August 1963 schoss er das erste Tor der Geschichte der Bundesliga, in insgesamt 100 Spielen erzielte Konietzka 72 Tore. Dazu trainierte er in Deutschland Bayer Uerdingen und Borussia Dortmund. Unter Schock stehen seine ehemaligen Kollegen aus München, mit denen er 1966 Deutscher Meister geworden ist. Ex-Nationalspieler Fredi Heiß sagte am Dienstag zu dapd: "Ich bin geschockt. Aber dass Timo diesen Weg gewählt hat, passt zu ihm. Er war knallhart." Der TSV 1860 wird am Mittwoch beim Nachholspiel in der Zweiten Liga in Aue mit Trauerflor auflaufen.

Seine größten Erfolge als Coach feierte er jedoch in der Schweiz. Mit dem FC Zürich schaffte er zwischen 1974 bis 1976 den Titelhattrick. Mit dem Stadtkonkurrenten Grasshopper Club Zürich holte er 1982 ebenfalls die Meisterschaft. Bekannt als harter Hund und Schleifer, hat er aber auch mit seiner Herzlichkeit und Disziplin alle fasziniert.

"Ein großes Fußball-Herz hat aufgehört zu schlagen. Die Grasshoppers werden Timo Konietzka ein ehrendes Andenken bewahren", schreibt GC auf seiner Homepage. Auch der Schweizer Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld ist in Trauer: "Ich habe mich immer gefreut, Timo zu sehen, zuletzt immer wieder auch an Trainings des Schweizer Nationalteams. Er ist stets ein absoluter Vollblutfußballer gewesen. Immer ehrlich, immer authentisch und damit immer glaubwürdig."

Seinen letzten Auftritt als Trainer hatte Konietzka beim unterklassigen Verein FC Ebikon im April 2011. Beim schlechtesten Team der Schweiz fungierte er für ein Spiel als Coach - und holte sofort einen Punkt. "Normalerweise waren 10 Zuschauer da, bei dem Spiel 500. Die trugen mich nach der Partie auf den Schultern über den Platz", sagte er damals. Er kam nie ganz weg vom Fussball.

"Das 50. Jubiläum des ersten Bundesligators, das wird nochmal ein Highlight", freute sich Konietzka noch im Januar auf den runden "Tor-Geburtstag". Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt, geboren als Friedhelm, später umbenannt in "Timo" wegen seiner Ähnlichkeit mit dem russischen General Timoschenko, wusste auch, wie man feiert.

"Meine Schwester hatte Krebs, mein Bruder starb an Knochenkrebs. Ich sah, wie er unter großen Schmerzen litt. So etwas will ich nie erleben. Ich will keinem zur Last fallen, nicht einsam im Heim enden", plädierte Konietzka immer für die umstrittene, in der Schweiz erlaubte aktive Sterbehilfe.