Wettskandal: Angeklagter schweigt

SID
Der Angeklagte Tuna A. will seine Aussage vor dem Bochumer Landgericht verweigern
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Am vierten Verhandlungstag zum europäischen Wettskandal hat der Angeklagte Tuna. A wie erwartet die Aussage verweigert. Der 55-Jährige gilt als führendes Mitglied der Wettmafia.

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Die Angeklagten schweigen noch, die Verteidiger rechnen mit einer baldigen Freilassung: Der erste Prozess um den größten Wettskandal im europäischen Fußball zieht sich in die Länge.

"Wir haben berechtigte Hoffnung, dass sie Weihnachten zu Hause sein werden", sagte Rechtsanwalt Joachim Müller am vierten Verhandlungstag vor dem Bochumer Landgericht. Sein Mandant Tuna A., der zum Führungskreis der Wettmafia gezählt wird, hatte zuvor die Aussage verweigert.

Ihm und seinen Verteidigern waren erst kurzfristig Unterlagen von der Vernehmung des Hauptverdächtigen Marijo C. vorgelegt worden.

Erklärung am 17. November erwartet

"Wir müssen sie erst sichten und mit unserem Mandanten besprechen. Dann wird er sich zur Sache einlassen, so schnell wie möglich", sagte Müller und erläuterte: "Salopp gesagt, ist Marijo C. einer der Bosse. Er hatte sehr viel Kontakt zu unserem Mandanten. Er hat sehr viel zu den Anklagepunkten zu sagen."

Am nächsten Verhandlungstag am 17. November soll Tuna A., dem wie den drei anderen Angeklagten gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen wird, eine Erklärung zur Sache abgeben. Der von der Staatsanwaltschaft ebenfalls zur Führungsebene gezählte Nürettin G. schwieg am Donnerstag ebenfalls, da er noch auf keine Aussage vorbereitet war.

Verzögerung könnte Haftentlassung bewirken

Durch die erneute Verzögerung des Prozesses könnte es zu einer Haftentlassung der Angeklagten kommen. Die Beschuldigten sitzen bereits seit dem 19. November 2009 in U-Haft.

"Es ist völlig unangemessen, sie weiter im Gefängnis zu lassen", sagte Udo Klaus Duits, Verteidiger des ebenfalls angeklagten Kristian S., und Müller ergänzte: "Der Beschleunigungsgrundsatz ist nicht mehr erfüllt."

Tuna A. soll in 22 Fällen Spieler und Schiedsrichter bestochen haben, um Spiele in Deutschland und dem europäischen Ausland zu manipulieren, und dann hohe Summen auf diese Partien gesetzt haben. Besonders spektakulär ist der Fall des ehemaligen belgischen Zweitligisten Union Royale Namur.

Prozess mit Verspätung fortgesetzt

Tuna A. soll bei der Übernahme von Schulden in Höhe von 700.000 Euro zur Einflussnahme auf die Spieler laut Staatsanwaltschaft eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Gegen Marijo C. soll zu einem späteren Zeitpunkt Anklage erhoben werden.

Der Prozess war am Donnerstag erst mit fast 90-minütiger Verspätung fortgesetzt worden, weil Nürettin G. zunächst nicht von der Justizvollzugsanstalt Essen nach Bochum transportiert worden war.

Die Befangenheitsgesuche der weiteren Angeklagten Stevan R. und Kristian S. wurden ebenso abgelehnt wie der Antrag auf Ablösung des Staatsanwalts Andreas Bachmann. Durch die zahlreichen Anträge war die Verhandlung seit ihrem Beginn am 6. Oktober mehrfach verzögert worden.

Großes Vorstrafenregister

Stevan R. und Kristian S., die laut Staatsanwaltschaft vorwiegend den Kontakt zu den Spielern herstellten, verweigern schon seit Prozessbeginn jegliche Aussage.

Für Stevan R., so trug Richter Carsten Schwadrat vor, sind bereits zwölf Vorstrafen im Bundeszentralregister notiert, darunter drei Haftstrafen wegen Beihilfe zum Betrug, Urkundenfälschung, Siegelbruch und Körperverletzung.

Der ehemalige Fußballer Kristian S. ist bereits 2007 in Frankfurt/Main wegen Wettbetrugs zu 8400 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Damals spielte er noch für die SV Elversberg.

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