Ausländerhass nährt Zweifel an Südafrikas WM

SID
Fußball, WM 2010, Südafrika
© DPA

Johannesburg - Massenmorde, Flüchtlinge, Ausländerhass - zwei Jahre vor der Weltmeisterschaft 2010 gleicht Südafrika einer tickenden Zeitbombe. Explosion der Gewalt und soziale Spannungen im Land nähren die Gerüchte über eine Verlegung des Spektakels.

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Der Weltverband FIFA hat Südafrika in dieser Woche einmal mehr das Vertrauen ausgesprochen, aber diese verbalen Beruhigungsmaßnahmen greifen genauso wenig wie die Beteuerungen des WM-Organisations-Komitees (OK).

"Man kann keine Garantie geben, aber ich kann den Leuten versichern, sie werden sicher sein", erklärte der OK-Sicherheitsbeauftragte Andre Pruis im "ard-Morgenmagazin", "allein für die WM werden wir 40.000 Sicherheitskräfte bereitstellen."

Sicherheit hat Priorität

Es werde auch nicht anders aussehen als bei der WM in Deutschland, so Pruis weiter, die Polizei werde den Hintergrund bilden. "Es geht um Fußball, nicht um Sicherheit", sagte der Funktionär - weit gefehlt.

Es geht nur um Sicherheit. Notfallpläne über einen Ersatz- Ausrichter sollen längst in der Schublade liegen, auch wenn die FIFA mit schöner Regelmäßigkeit deren Existenz dementiert.

FIFA-Boss Joseph Blatter höchst persönlich hatte allerdings im vergangenen Jahr in einem Interview Australien, USA, Mexiko, England, Spanien und Japan als mögliche Gastgeber genannt, die kurzfristig für Südafrika einspringen könnten. Damals waren seine Äußerungen nur als öffentliches Druckmittel gedacht.

Fremdenfeindliche Gewalt lässt zweifeln

Nachdem die zunächst weit verbreiteten Zweifel an der rechtzeitigen Fertigstellung der Stadien immer leiser wurden, steht nun das Chaos am Kap im Zentrum des Interesses.

Es reiht sich nahtlos ein in eine Sicherheitsdebatte, die spätestens bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen Ende 2007 in Durban begonnen hat. Durch den Mord an einem österreichischen Ex-Fußballer war die Weltöffentlichkeit auf die extrem hohe Kriminalitätsstatistik am Kap aufmerksam geworden.

Und nun fremdenfeindliche Gewalt in Südafrika, das vor der Vergabe der WM als sympathische Regenbogen-Nation von Nelson Mandela mit fünfprozentigem Wirtschaftswachstum protzte und sich als Afrikas Musterknabe um ein neues Image für den Kontinent bemühte.

Vereinte Nationen sind gefordert

Die erste WM auf dem Kontinent soll ein völkerverbindendes Fest werden - gerade auch für die Afrikaner. Doch für viele von ihnen hat das vermeintliche Eldorado im Süden nun einen schweren Makel.

Der Kap-Staat steht auf einmal am Pranger. Von Nairobi bis Lagos wird Südafrika zwar weiter offiziell die Freundschaft versichert, inoffiziell aber harte Kritik geübt. In Ländern wie Mosambik musste die Sicherheit rund um die Botschaft Südafrikas aus Furcht vor Racheakten verstärkt werden.

Das Misstrauen sitzt so tief, dass Opfer der zweiwöchigen fremdenfeindlichen Gewalt mittlerweile sogar die Hilfe des Kap-Staates öffentlich ablehnen und mit Hungerstreiks die Unterstützung der Vereinten Nationen erzwingen wollen.

Gefechte mit Polizei

In einer Notunterkunft am Rande der Haupstadt Pretoria kam es deswegen zu Zusammenstößen mit der Polizei, die mit Gummigeschossen auf die wütende Menge schoss. Das UN-Flüchtlingshilfswerk hatte der Regierung Hilfe versprochen, die aber hat nicht reagiert.

Sie will das Negativ-Image von Flüchtlingslagern vermeiden - so wie Präsident Thabo Mbeki das Wort ausländerfeindlich. Nach offizieller Lesart existiert es nicht in Südafrika.

Menschenrechtsgruppen wie amnesty international sehen das anders und bescheinigen der Regierung einen weiterhin laxen Umgang mit den Wurzeln der Diskriminierung von Ausländern. Vertriebene sehen das ähnlich.

WM-Baufieber behindert Armen-Programme

Nach Medienberichten wurden viele Verletzte in Johannesburg hin und her geschickt, weil die Kapazität der Krankenhäuser erschöpft war. Bang stellten Zeitungen die Frage, was bei einer Katastrophe während der WM passieren würde. Und die Wirtschaft ächzt und stöhnt.

Das von der Regierung für 2010 angepeilte Ziel von gut sechs Prozent Wirtschaftswachstum ist in weite Ferne gerückt. Für das erste Quartal gab es gerade noch 2,1 Prozent. Die Liste der Probleme ist lang und reicht von der chronischen Energiekrise bis hin zu einer 10,4- prozentigen Inflationsrate.

Schlimmer noch: Die zuständige Ministerin musste gerade zugeben, dass das Baufieber im Vorfeld der WM nun das staatliche Hausbau-Programm für die Armen beeinträchtige.