Innenminister wollen längere Stadionverbote

SID

Hamburg - Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht sich nach der Lockerung von Stadionverboten scharfer Kritik von Seiten der Politik ausgesetzt.

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"Die Aufweichung der Richtlinie ist das völlig falsche Signal an Gewalttäter", sagte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) der "Welt am Sonntag". "Wir werden versuchen, dem DFB klarzumachen, dass die Änderung zurückgenommen werden muss."

Der DFB hatte Ende März die Höchstdauer für Stadionverbote von fünf auf drei Jahre reduziert. "Wir sehen derzeit keinen Grund, die einvernehmlich mit Politik und Polizei getroffene Entscheidung zu revidieren", sagte DFB-Sprecher Harald Stenger.

Repressalien das falsche Signal 

Auch Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), lehnt eine erneute Änderung der Richtlinien ab: "Neue Repressalien wären das völlig falsche Signal. Durch die neuen Richtlinien, die unter anderem eine Einzelfallprüfung vorsehen, soll gerade erreicht werden, dass die Stadionverbote in den Fankurven auf höhere Akzeptanz stoßen."

Der DFB hatte Ende März nach einem langen Diskussionsprozess seit dem Fankongress in Leipzig im Sommer des vergangenen Jahres einige Bestimmungen geändert. Neben dem verkürzten Stadionverbot haben betroffene Anhänger seitdem unter anderem ein Anhörungsrecht.

Vor vollendeten Tatsachen 

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sind die Innenminister der Bundesländer verärgert, weil die neuen Bestimmungen ohne Rücksprache mit ihnen erlassen worden seien.

Schönbohm habe deshalb DFB-Präsident Theo Zwanziger für kommende Woche zu einem Gespräch gebeten. "Der DFB hat in diesem Fall leider die Polizei vor vollendete Tatsachen gestellt", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der "Märkischen Oderzeitung".

Dieser Darstellung widersprach Stenger. An der abschließenden Sitzung am 19. Februar in Frankfurt hätten neben Zwanziger, DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach und dem DFB-Sicherheitsbeauftragten Helmut Spahn in Bernd Heinen auch der Vorsitzende des "Nationalen Ausschusses Sport und Sicherheit" (NASS) teilgenommen.

Wiederholt Gegenstände auf dem Platz 

Damals habe es seitens der Politik nur kleinere Bedenken, aber keinen Widerspruch gegeben. "Hätte die Politik vor sechs Wochen ein klares Veto eingelegt, hätten die neuen Richtlinien nicht in Kraft treten können", sagte Stenger.

Zu einem möglichen Gespräch zwischen Zwanziger und Schönbohm sagte er: "Wir werden uns einem solchen Gespräch nicht verschließen. Bislang ist an uns aber noch niemand herangetreten."

Wenige Tage nach Inkrafttreten der neuen DFB-Richtlinie stand die Bundesliga-Partie zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Nürnberg (1:3) am 5. April vor dem Abbruch, nachdem aus dem Fanblock der Nürnberger wiederholt Knall- und Feuerwerkskörper in den Innenraum und auf das Spielfeld geflogen waren.

Stadion kein Hochsicherheitstrakt 

Am vergangenen Montag musste die Zweitliga-Partie 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach (1:1) kurz vor Schluss unterbrochen werden, als aus dem Gladbacher Fanblock Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen worden waren.

Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn verteidigte den Deeskalationskurs seines Verbandes. "Wir wollen nämlich nicht, dass wir Hochsicherheitstrakte in den Stadien errichten und sich im ungünstigsten Fall die Zuschauer zur Kontrolle ausziehen müssen", sagte er der "Frankfurter Rundschau" .