Rosberg siegt durch Mercedes-Irrsinn

Nico Rosberg gewann in Abu Dhabi sein sechstes Rennen in der Saison 2015
© getty

Nico Rosberg hat beim letzten Rennen der Formel-1-Saison seinen sechsten Sieg im Jahr 2015 eingefahren. Der deutsche Silberpfeil-Pilot setzte sich schon beim Start von Weltmeister Lewis Hamilton ab und verwaltete seinen Vorsprung. Allerdings profitierte er von einer unverständlichen Strategieentscheidung des Mercedes-Teams.

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Hamilton hatte im Mittelstint seinen Rückstand von über sieben Sekunden auf unter zwei verringert, als Rosberg zum letzten Boxenstopp abbog. Hamilton blieb rundenlang draußen, bis er mit den weicheren und schnelleren Reifen das Ziel hätte erreichen können. Stattdessen zog Mercedes einen neuen Satz der härteren Slicks auf, um Rosberg gegenüber fair zu sein. Beide Piloten sollten wie üblich dieselbe Strategie bekommen.

Hamilton wurde so um seine Siegchance gebracht, dafür stellte Mercedes einen weiteren Rekord auf. Abu Dhabi war der zwölfte Doppelsieg. Im Vorjahr hatten die Silberpfeile McLarens Bestmarke von elf eingestellt. Für Rosberg war es der 14. Sieg seiner Karriere, er zog so am 40. Todestag von Graham Hill mit dem Doppelweltmeister gleich.

Das gesamte Ergebnis im Überblick

Von den Turbulenzen an der Spitze unbeeindruckt fuhr Kimi Räikkönen in einem einsamen Rennen Platz 3 nach Hause. Sein Scuderia-Kollege Sebastian Vettel holte von Startplatz 15 das Maximum aus seinem Ferrari heraus. Dank alternativer Strategie wurde er zwischenzeitlich auf Platz 2 gespült und überholte wenige Runden vor Schluss Sergio Perez, der den Force India als Fünfter ins Ziel brachte.

Daniel Ricciardo sicherte Red Bull Platz 6 vor Nico Hülkenberg (Force India), Felipe Massa (Williams) brachte Platz 8 vor Romain Grosjean ins Ziel, der sein letztes Rennen für Lotus fuhr. Daniil Kvyat komplettierte im zweiten Red Bull die Punkteränge.

Reaktionen:

Toto Wolff (Mercedes-Motorsportchef): "Nico war der schnellere Mann auf der Strecke. Wir haben Lewis alle Strategie-Optionen gegeben. Sie haben den härteren Reifen gewählt, weil der Stint zu lang gewesen wäre."

Nico Rosberg (Mercedes): "Austin war der Tiefpunkt der Saison. Danach bin ich viel stärker zurückgekommen. Die nächste Saison könnte aus meiner Sicht schon morgen beginnen. Ich brauche überhaupt keinen Urlaub. Danke an mein Team für ein atemberaubendes Auto. Ich bin verzückt. Es ist immer schwer, gegen Lewis zu racen. Intern ist es ein großartiger Kampf."

Lewis Hamilton (Mercedes): "Es war ein erstaunliches Jahr. Ich bin glücklich. Nachdem Nico heute zum ersten Stopp gefahren ist, habe ich mich zurückfallen lassen, um länger draußen zu bleiben. Das hat nicht geklappt. Länger zu fahren war wohl nicht die richtige Entscheidung. Aber wir haben es versucht."

Kimi Räikkönen (Ferrari): "Wir sind besser ins Jahr gestartet, aber optimal war es nicht. Der Speed war da aber es gab Fehler und Probleme. Heute war es besser - aber offensichtlich nicht genug, um die Beiden zu besiegen."

Sebastian Vettel (Ferrari): "Eigentlich können wir sehr zufrieden sein. Es hätte in der ersten Runde zu Ende sein können, Fernando hätte mich fast erwischt. Gegen Ende kam ich mehr in Fahrt. Es war schon okay."

Der Spielfilm:

Vor dem Start: Grosjean wird wegen einem Getriebewechsel strafversetzt, Stevens bekommt neue Motorenteile und ist Letzter, Teamkollege Merhi fährt aus der Box los. Beim Spanier wurden die Parc-Fermé-Regeln missachtet. Rosberg steht nach dem Qualifying zum sechsten Mal hintereinander auf Pole, Hamilton stellt sich leicht nach rechts ausgerichtet in seiner Startbox auf. Vettel, Grosjean, Ericsson, Stevens und Merhi starten auf den härteren Slicks.

RE-LIVE: Das ganze Rennen im Ticker

Start: Rosberg kommt bestens weg. Hamilton zick-zackt. So bleibt Perez Vierter, Räikkönen Dritter. Hülkenberg springt an Ricciardo vorbei auf Platz 5. Hinten fliegt der Lotus von Maldonado ab, weil Alonso ihn rausschiebt. Der Venezolaner ist raus.

Runde 1: Vettel schießt binnen der Startrunde auf Platz 12 vor. Alonso kommt nach einer Berührung zum ersten Stopp und kriegt eine neue Nase. Danach kriegt er eine Durchfahrtsstrafe.

Runde 3: Massa geht in Turn 8 an Sainz jr. vorbei, der Spanier kämpft sich mit DRS zurück, Massa blockt aber und bleibt vorn. Teamkollege Bottas kämpft sich an Kvyat vorbei, der Russe kontert aber erfolgreich, weil der Williams zu weit raus kommt.

Runde 5: Kvyat kommt als Erster an die Box und schmeißt die supersoften Slicks weg. Vettel ist schon Zehnter.

Runde 6: Ricciardo geht mit DRS an Hülkenberg vorbei, der auf der nächsten Geraden dafür flachstellen kann, aber nicht vorbeikommt. Er hat starkes Untersteuern und belastet die Reifen zu stark. Ricciardo, Perez und Massa fahren an die Box, Hülkenberg und Sainz erst eine Runde später. Der Deutsche bleibt gerade so vor Massa.

Runde 8: Bottas kommt zum Stopp. Beim Rausfahren fliegt ihm der linke Teil des Frontflügels weg. Unsafe Release! Er ist Button gegens rechte Hinterrad gefahren. Er kommt direkt wieder rein, bekommt danach eine 5-Sekunden-Strafe. Das Rennen ist gelaufen!

Runde 10: Rosberg und Räikkönen fahren hintereinander zum Reifenwechsel. Einen Umlauf später kommt Hamilton rein, die Reihenfolge bleibt unverändert.

Runde 13: Vettel ist Zweiter, weil er noch nicht an der Box war. Er erwischt im letzten Sektor eine Kurve überhaupt nicht. Hamilton klebt ihm im Heck und fährt mit DRS problemlos vorbei. Trotzdem nimmt ihm Rosberg eine Sekunde auf einer einzigen Runde ab.

Runde 16: Vettel lässt Räikkönen auf der zweiten Gegengeraden kampflos vorbei. Der Finne jagt mit drei Sekunden Rückstand Hamilton.

Runde 21: Sainz jr. lässt den schnelleren Verstappen vorbei. Der Niederländer ist offensichtlich irritiert und bremst sich den Reifen komplett platt, als sein Rad stehen bleibt. Die Toro-Rosso-Mechaniker rennen gerade noch rechtzeitig aus der Box. Reifenwechsel.

Runde 23: Vettel fährt endlich an die Box, holt einen weiteren Satz weicher Slicks. Sechster Platz vor Hülkenberg, jetzt werden Ricciardo und Perez gejagt. Grosjean kommt direkt hinter dem vierfachen Weltmeister rein, aber nur hinter Button raus, den er gleich überholt. Elfter. Hülkenberg stoppt eine Runde später als Erster zum zweiten Mal.

Runde 29: Hamilton hat den Rückstand auf Rosberg binnen zehn Runden von 6,2 Sekunden auf 1,7 Sekunden verringert. Der Deutsche bekommt arge Probleme mit seinem rechten Vorderreifen und verliert pro Runde bis zu 0,6 Sekunden. Boxenstopp oder Führungswechsel?

Runde 31: Rosberg rettet sich mit 1,3 Sekunden Vorsprung in die Box. Hamilton drückt das Gaspedal bis zum Bodenblech. Absolute Bestzeit im ersten Sektor, schlechter Mittelabschnitt, Boxenstopp? Denkste! Das macht nur Räikkönen, bei dem es am rechten Vorderrad klemmt. Vettel liegt direkt vor ihm. Erst vier Runden später lässt der Deutsche ihn auf Anweisung vorbei.

Runde 40: Hamilton führt weiter, Vettel stoppt von Platz 4. Er kommt als Sechster hinter Ricciardo wieder raus und macht sich mit den weicheren Reifen auf die Jagd nach dem Australier und Perez.

Runde 42: Hamilton stoppt. Er bekommt aber nur die weichen Prime-Slicks - bei nur 13 noch zu absolvierenden Runden! Durchfahren, weiche Reifen? Nein. Die Aufholjagd bei über zwölf Sekunden Rückstand ist zum Scheitern verurteilt. Hamilton holt auf der ersten Runde mit neuen Reifen trotz absoluter Bestzeit nur 0,7 Sekunden auf.

Runde 46: Vettel beendet die Aufholjagd. Er nutzt jeden Zentimeter der Strecke und geht in Turn 8 außen an Perez vorbei. Platz 4. Verstappen versucht's in derselben Manier gegen Button, der Brite hält aber auch in Turn 8 und 10 dagegen. Er schlingert, drückt den Niederländer neben die Strecke. Der Toro Rosso ist vorn. Die Stewards schauen sich den Vorfall an und verpassen ihm eine 5-Sekunden-Strafe.

Runde 49: 7,7 Sekunden Rückstand für Hamilton. Der Brite fliegt! Aber die Reifen bauen deutlich. Statt zwischenzeitlich über 1,5 Sekunden holt der Brite nur noch knapp über 0,5 Sekunden pro Runde auf. Alonso fährt derweil als 17. zum letzten Boxenstopp.

Ziel: Nach 55 Runden überquert Rosberg mit 8,2 Sekunden Vorsprung auf Hamilton als Erster die Ziellinie. Dritter Sieg in Folge, sechster Erfolg in der Saison 2015. Räikkönen wird Dritter vor Vettel und Perez. Es folgen Ricciardo, Hülkenberg, Massa, Grosjean und Kvyat, der sich der letzten Avancen von Sainz erfolgreich erwehrt hat.

Mann des Rennens: Romain Grosjean fuhr die gleiche Taktik wie Vettel. Mit seinem anfälligen und langsameren Lotus ein ungleich schwererer Auftrag. Der Franzose setzte beim letzten Grand Prix vor seinem Wechsel zum neuen Haas F1 Team ein Ausrufezeichen, als er in den letzten Runden auf Platz 9 vorstürmte.

Flop des Rennens: Williams versagte komplett. Von den Plätzen 6 und 8 ins Rennen gegangen, verloren Massa und Bottas direkt beim Start Boden. Dann patzte auch noch die Boxencrew und schickte Bottas so früh los, dass er Button reinfuhr. Der zusätzliche Stop und die fällige Strafe ließ den Finnen vor den Manor herumfahren, dabei wäre der Kampf ums Podium drin gewesen.

Das fiel auf:

  • Hamilton verriet schon nach dem Qualifying, dass er beim Setup einen anderen Ansatz gewählt hatte, um endlich wieder mit Rosberg mithalten zu können. Das Projekt schien schon nach dem ersten Stopp gescheitert. Er hatte er über sechs Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen.
  • Die Erklärung: Hamilton schonte seine Reifen besser. So verlängerte er den Mittelstint und wollte sogar bis zum Ende durchfahren. Mercedes verneinte die Anfrage und spielte abermals die teaminterne Fairnesskarte. Für die letzten Kilometer bekam der Weltmeister den härteren Reifensatz, obwohl supersofte Slicks logisch gewesen wären. Mit den weicheren Reifen hätte Hamilton den Teamkollegen noch attackieren können.
  • Ferrari setzte Vettel nach dem peinlichen Fehler im Qualifying auf eine alternative Strategie. Mit den härteren Slicks sollte er nach dem Start dem Verkehr aus dem Weg gehen. Das funktionierte: Als die Führenden allesamt erstmals die Reifen gewechselt hatten, fuhr Vettel als Zweiter vor Hamilton bis zu seinem Stopp in freier Luft.

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