The Biggest Loser

SID
Michael Schumacher (l.) und Jenson Button waren die großen Verlierer des Kanada-GP
© Getty

Auch in der Formel-1-Saison 2012 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Mey nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 7: Kanada-GP.

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Im Prinzip unterscheidet sich mein Ranking kaum vom Rennergebnis, was aber auch heißt, dass die Positionen ganz gut das wahre Kräfteverhältnis der Piloten an diesem Wochenende widergespiegelt haben. Viel wichtiger sind mir diesmal aber ohnehin die beiden Härtefälle. Michael Schumacher und Jenson Button streiten sich um den Titel "Biggest Loser".

Meine Wertung für den Kanada-GP:

Platz 1, Lewis Hamilton: Sein erster Saisonsieg war überfällig, Er zeigt in diesem Jahr konstant starke Rennen und wurde nun endlich einmal mit dem Quäntchen Glück belohnt, dass bei weinen Gegnern die Reifen in die Knie gegangen sind. Abgesehen von Vettels grandioser Quali-Runde war Hamilton an der Stätte seines ersten GP-Sieges der dominierende Mann des Wochenendes.

Platz 2, Sergio Perez: Ich ziehe ihn Grosjean vor, weil mich seine Aufholjagd von 15 auf drei noch mehr beeindruckt hat als Grosjeans von sieben auf zwei. Beide haben ihre Einstopp-Strategie perfekt umgesetzt, aber Perez hat mich dazu noch durch starke Überholmanöver unterhalten. Die Szene, als er Rosberg, der sich im Duell mit Massa befand, als lachender Dritter ausgetrickst hat, war sehr sehenswert. Da sehe ich auch leicht über das schwache Qualifying hinweg.

Platz 3, Romain Grosjean: Der Franzose ist eigentlich kaum jemandem aufgefallen, bis er plötzlich im Rückspiegel von Alonso auftauchte und ihm Platz zwei abluchste. Grosjean ist unauffällig gefahren, hat sich aus allen raus gehalten und die Reifen geschont. Das hat sich perfekt ausgezahlt. Räikkönen hat er diesmal in Quali und Rennen klar ausgestochen.

Platz 4, Sebastian Vettel: Eins vorweg: Seine Pole-Runde war wieder einmal ein absolutes Sahnestück. Seine alte Quali-Stärke scheint endgültig zurück zu sein. Sein Start war auch sehr stark, aber man hat relativ schnell gemerkt, dass er die Pace von Hamilton und auch Alonso nicht ganz mitgehen kann. Ein kleiner Tick hat gefehlt. Seine Aufholjagd nachdem zweiten Reifenwechsel war dann wieder beeindruckend, obwohl er einmal leicht die "Wall of Champions" geküsst hat.

Platz 5, Fernando Alonso: Dass er sich mit der Reifenstrategie verzockt hat, werfe ich ihm nicht sonderlich vor. Ich bin mir aber sicher, dass er Hamilton unter keinen denkbaren Umständen geschlagen hätte. Darüber hinaus fand ich sowohl sein Qualifying als auch sein Rennen sehr solide, aber nicht übermäßig spektakulär. Sein persönliches "Pech" für mein Ranking ist, dass er im besser gewordenen Ferrari nicht mehr so strahlend glänzen kann wie in der Gurke der ersten Rennen.

Platz 6, Nico Rosberg: Er hatte ein gutes Qualifying und ein solides Rennen. In einigen Situation auch ein sehr kämpferisches. Weil ein Mercedes gerade im ersten Renndrittel nicht den nötigen Speed zu haben schien, musste er sich seiner Haut ständig erwehren. Gegen Rennende wurde er dann immer schneller, weil er seine Reifen gut im Griff hatte.

Platz 7, Mark Webber: Eigentlich muss ein Mann wie er aus dem vierten Startplatz mehr machen als Rang sieben im Ziel. Dass der Red Bull zu mehr imstande war, hat Vettel gezeigt. Ein Rückfall in die Vorstellung vor dem Sieg in Monaco, wobei man auch sagen muss, dass er immer wieder im Verkehr feststeckte.

Platz 8, Kimi Räikkönen: Ihm hatte ich eigentlich die Rolle zugetraut, die Teamkollege Grosjean letztlich gespielt hat. Räikkönen war auf den härteren Reifen im Doppelpack mit Perez exzellent unterwegs, hat dann aber auf den superweichen Reifen das für einen Podestplatz nötige Tempo nicht mehr gehen können.

Platz 9, Kamui Kobayashi: Wenn man vier Plätze vor dem Teamkollegen ins Rennen geht und mit der gleichen Taktik sechs Plätze dahinter ins Ziel kommt, kann man nicht von einem großartigen Rennen sprechen. Kobayashi stand klar im Schatten von Perez.

Platz 10, Felipe Massa: Er konnte das, was er im guten Qualifying versprochen hat, im Rennen nicht ganz halten. Sein Dreher in der Anfangsphase hat das davor starke Manöver gegen Rosberg direkt wieder zunichte gemacht. Massa war sehr kämpferisch, aber der Ertrag war sehr dürftig.

Härtefall 1, Michael Schumacher: Kandidat 1 im Wettstreit um den Titel "The Biggest Loser". Erst das kurios vermasselte Timing im Qualifying. Vier Hundertstel zu spät über die Linie, das ist ja fast schon Slapstick! Dann der fünfte Ausfall im siebten Rennen - Schumi kann einem einfach nur noch leidtun. Er beteuert zwar sein Vertrauen ins Team, aber Sätze wie "zum Glück ist es mein Auto, so kann Nico das Maximum an Punkten einfahren", sind meiner Meinung nach vielleicht selbstlos, aber ein totales Armutszeugnis für Mercedes. So etwas sollte ein Rekordchampion niemals sagen müssen.

Härtefall 2, Jenson Button: Kandidat zwei für den "Biggest Loser". Sein Rückschritt in den letzten Rennen ist dramatisch. Nach dem dritten Rennen in China war er noch mitten im Titelrennen, seitdem war er aber nur noch ein Abbild des Elends. Er tappt bei der Abstimmung des Autos und beim Verständnis der Reifen vollkommen hilflos im Dunkeln. Auch wenn man kein Button-Fan ist, ist man fast geschockt, wenn man seine Kommentare nach den Rennen hört. Nach Platz 16 in Montreal sagte er: "Ich bin verloren und verwirrt. Das war eines meiner schlimmsten Rennen seit Jahren und ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ich fahre 1,5 Sekunden langsamer als die Spitze, und die ist mein Teamkollege. Aber ich kann einfach nicht schneller!" Hört sich an, als bräuchte Button ein Wunder, wenn er schnell genug wieder den Anschluss finden will, um den WM-Kampf nicht schon zur Saisonhalbzeit abhaken zu müssen.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Meine Punkte für das Montreal-Wochenende: