Länge ist nicht alles

Von Alexander Mey
Bei den Testfahrten hat der neue Mercedes von Nico Rosberg (l.) und Michael Schumacher überzeugt
© Getty
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Lotus-Renault

Zunächst einmal fällt die Farbe auf. Schwarz und Gold, da sind sie wieder, die aus den 70er und 80er Jahren bekannten Lotus-Farben. Doch damit ist natürlich nichts über die Technik gesagt.

Die ist aber spektakulär. Der Auspuff tritt nicht mehr hinten, sondern am vorderen Ende der Seitenkästen aus und bläst unter das Auto. Das Team hat den Effekt, dass die Abgase einen möglichst langen Weg unter dem Auto zurücklegen, bevor sie den Diffusor erreichen, am radikalsten umgesetzt.

Die Folge ist, dass sich der um rund einen Meter verlängerte Auspuff durch die Seitenkästen nach vorne schlängeln muss. Diese sind oben entsprechend bullig, nach unten aber trotzdem noch stark tailliert. Dass Lotus-Renault dennoch keine ernsten Kühlungsprobleme hat, ist erstaunlich.

Bemerkenswert ist zudem, dass ausgerechnet das Team, das 2010 als eins der wenigen keine Höcker auf der Nase hatte, 2011 darauf setzt, während fast alle anderen darauf verzichten. Aber offenbar passt es zum Konzept der Luftführung zum Heck.

Dieses Heck ist übrigens sehr flach gehalten. Ein Grund dafür ist die Umstellung der Geometrie der Hinterradaufhängung. Lotus-Renault setzt neuerdings wie Red Bull auf die so genannte Zugstreben-Technik, nicht mehr auf Druckstreben.

Fazit: Das Auto ist sehr mutig konstruiert und für Überraschungen gut. Der Sound ist durch den Auspuff zwar fürchterlich und klingt bei normaler Fahrt nach Motorschaden, aber darum geht es ja nicht.

Williams

Ein zweigeteiltes Auto. Vorne relativ konservativ, mit hoher und breiter Nase, aber ansonsten ohne auffällige Neuerungen gegenüber dem Vorgänger.

Dafür aber hinten spektakulär. Kein anderes Auto ist direkt vor dem Heckflügel so flach wie der Williams. Das liegt am Getriebe, das erheblich flacher konstruiert ist als bei allen anderen und somit einen perfekten Luftstrom auf das unterste Heckflügel-Element garantiert. Möglich macht diese Konstruktion, dass Williams wie Lotus-Renault die Geometrie der Hinterradaufhängung von Druck- auf Zugstreben umgestellt hat.

Beim Auspuff geht Williams noch nicht so einen kompromisslosen Weg wie andere Teams, aber eine Ausbaustufe soll in Malaysia (10. April) folgen und an die Red-Bull-Lösung erinnern.

Fazit: Der Williams geht neue Wege und könnte nach den Testeindrücken für Überraschungen sorgen. KERS ist aber ein großes Problem, das alle anderen cleveren Ideen in den Hintergrund drängen könnte.

Force India

Der Bulle unter den neuen Autos, der ähnlich wie sein Vorgänger auf eine wuchtige Nase setzt. Sie ist das genaue Gegenteil der filigranen Konstruktion, die zum Beispiel Mercedes verwendet. Ihr Sinn ist, die Luft durch einen Hohlraum unter der Nase auf dem Weg nach hinten zu beschleunigen. Ein Weg, den kein anderes Team geht.

Weiterhin auffällig ist die neue Airbox. Force India hat sich wie alle anderen von der langen Heckfinne verabschiedet, setzt aber nun auf die zweigeteilte Airbox, die Mercedes 2010 eingesetzt hat. Die breite Abschlusskante der Motorabdeckung ist markant.

Der Auspuff ist im Unterboden verlegt und zielt auf die äußeren Ränder des Diffusors. Die Hinterradaufhängung folgt dem Trend zu Zugstreben a la Red Bull.

Fazit: Das Auto wirkt klobig und scheint nach den Testeindrücken auch nicht wesentlich schneller zu sein als sein Vorgänger. Andere Mittelfeld-Teams waren deutlich mutiger.

Sauber

Das neue Auto baut vor allem im vorderen Teil sehr stark auf dem gegen Saisonende relativ erfolgreichen Vorgänger auf. Genau genommen ist von der hohen Nase bis zu den Seitenkästen kaum ein Unterschied zu erkennen.

Ein spannendes Detail ist der Lufteinlass über dem Cockpit. Er steht nämlich auf vier Streben, die im Prinzip zwei Tunnel bilden, durch die die Luft nach hinten geführt wird.

Der Auspuff bläst schon jetzt den Diffusor an, endet aber noch in einem konventionellen Rohr. Das soll sich bis zum vierten Rennen in der Türkei ändern. Was ansonsten noch am Sauber auffällt, ist das schmale Getriebe, das viel Platz für den Luftstrom lässt.

Fazit: Auf den ersten Blick ist der Sauber keine Offenbarung, aber im Detail funktioniert er augenscheinlich ausgezeichnet. Die Testzeiten haben jedenfalls gepasst. Vielleicht ist die Kombination aus guter Front des 2010er Autos und gutem Heck des 2011er Boliden optimal.

Teil 3: Von Toro Rosso bis Virgin