Fahrer geben Vettel die Schuld

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel zeigte seinem Red-Bull-Kollegen Mark Webber nach dem Unfall den Vogel
© Getty

Die Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber haben sich beim Türkei-GP gegenseitig um den Sieg gebracht. Ein Crash unter Teamkollegen, der zu sehr kontroversen Diskussionen geführt hat. SPOX sagt seine Meinung zu den Geschehnissen in Istanbul und stellt die Stimmen von Beteiligten vor Ort und mySPOX-Usern zusammen.

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Runde 40 beim Türkei-GP: Mark Webber führt vor Sebastian Vettel, als es auf die lange Gegengerade geht. Vettel hat mehr Schwung und setzt sich neben seinen Red-Bull-Kollegen. Es geht eng zu, Webber lässt Vettel kaum Platz. Der Deutsche zieht trotzdem leicht nach innen, beide berühren sich und kreiseln von der Strecke. Vettels Auto ist kaputt, das Aus. Webber kann nach einem Notstopp immerhin noch Rang drei ins Ziel retten.

Danach folgten gegenseitige Schuldzuweisungen und die bittere Erkenntnis, dass Red Bull wichtige Punkte im Titelkampf ohne Not weggeworfen hat.

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Das meint SPOX:

Ein eindeutig Schuldiger ist in dieser Kollision nicht auszumachen, sowohl Webber als auch Vettel dürfen sich für diese überflüssige Aktion auf die Schulter klopfen.

Wenn ich als Webber schon im Spritsparmodus fahre und sehe, dass mein Teamkollege mit deutlich mehr Schwung neben mich zieht und sogar leicht vorne ist, dann kann ich ihm auch eine halben Meter mehr Platz lassen.

Wenn ich auf der anderen Seite Vettel bin, dann kann ich mich nicht einfach in dem Glauben, dass mein Teamkollege schon Platz machen wird, nach innen treiben lassen und mich dann wundern, dass es kracht. Rücksichtslosigkeit ist eine notwendige Charaktereigenschaft für einen Weltklasse-Rennfahrer, aber ganz runterklappen sollte man gerade unter Teamkollegen die Visiere nicht.

Die Diskussionen nach dem Rennen, dass Webbers Renningenieur eigentlich schuld sei, weil er Webber nicht gesagt habe, dass Vettel kommt und er ihm genug Platz lassen soll, sind unverständlich. In den Autos sitzen erwachsene, clevere Männer, die ihren Job nicht erst seit gestern machen. Man sollte ihnen doch bitte zutrauen, dass sie selbst Rennsituationen richtig einschätzen können. Wir sind ja nicht in einem Oval, wo man einen Spotter braucht, weil man gar nicht alle Autos im Blick haben kann.

Generell hat der Crash aber sogar einen positiven Aspekt. In dieser Saison gibt es endlich mal Teamkollegen, bei denen nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Hier wird nicht nur gegen andere Teams gekämpft wie zu Schumacher-Zeiten bei Ferrari, hier wird auch untereinander gekämpft. Dass das manchmal schief geht wie in diesem Fall bei Red Bull, ist ärgerlich und unnötig. Aber für den neutralen Fan bietet sich eine ganz neue Brisanz. Perfekt ausgereizt ist diese, wenn Teamduelle so ausgehen wie das bei McLaren zwischen Lewis Hamilton und Jenson Button. Beinhart, dramatisch, aber auch fair.

Das meinen die Beteiligten vor Ort:

Sebastian Vettel: "Für mich sind die Bilder eindeutig. Ich bin innen, und von daher gehört die Kurve eigentlich mir. Ich habe mich nur noch auf das Anbremsen konzentriert. Dann hat es plötzlich einen Schlag getan - und das Rennen war vorbei."

Mark Webber: "Sebastian und ich waren auf gleicher Höhe, als er ganz plötzlich und für mich unerwartet nach innen gezogen ist. Das ist eine Schande für das Team. Ich habe für so etwas keine Erklärung. Das ist für uns beide enttäuschend. Ich wollte das nicht, er auch nicht. Ich habe nichts Verrücktes getan. Wir sind erwachsene Männer, wir werden schnell miteinander reden."

Christian Horner (Red-Bull-Teamchef): "Wir haben ihnen immer gesagt, dass sie sich gegenseitig respektieren und Platz lassen sollen. Das haben sie heute leider nicht getan. Sie dürften nie in der Situation sein, in der sie jetzt sind. Egal, wem man die Schuld gibt, Fakt ist, dass wir McLaren den Sieg geschenkt und eine Menge Punkte verloren haben. Das ist ein unglaublicher Frust."

Helmut Marko (Red-Bull-Berater): "Vettel war vorne. Dann kam da eine Kurve. Webber kann seinen Teamkollegen nicht so attackieren. Sebastian musste Mark angreifen. Von hinten hat Hamilton gedrückt. Hätte Vettel nichts gemacht, hätte er riskiert, dass Hamilton vorfährt."

Lewis Hamilton: "Jenson und ich wollen beide gewinnen, aber wir haben Respekt voreinander. So ein dummes Manöver würde es bei uns nicht geben. Das war kein Rennunfall, ich habe genau gesehen, was passiert ist. Das war ziemliches Pech für Mark."

Nico Rosberg: "Das war nicht ohne zwischen Teamkollegen. Für mich war das sehr deutlich: Mark hat sich gar nicht bewegt, Sebastian treibt nach innen. Für mich ganz klar Sebastians Fehler."

Marc Surer (SKY-Experte): "Das war saudämlich. Für mich sind beide schuld. Webber hat Vettel sehr wenig Platz gelassen. Einen Teamkollegen drückst du nicht auf die Wiese. Die Kollision kommt zustande, als Vettel rüberzieht. Aber Vettel ist vorne, warum lässt ihm Webber da nicht den nötigen Platz?"

Das meinen die mySPOX-User:

Bayerndusel:"Wenn's geklappt hätte, wär's überragend gewesen, so ging's halt nach hinten los. Bitter, aber was soll's? Vettel hat den Mut zum Risiko, und das wird sich noch bezahlt machen."

t33mu:"Vettel war doch schon so gut wie vorbei und hatte mehr Speed drauf als Webber. Sebastian wäre bis zur Kurve locker an Webber vorbei gewesen, was wohl den Doppelsieg bedeutet hätte, da sich Webber von Hamilton sicher nicht hätte abkochen lassen. Stattdessen zieht Vettel rüber und schießt Webber ab. Weiß echt nicht, was das sollte!"

7Franck7Ribery7:"Das hätte man sich auch sparen können. Vettel war ganz klar schneller, aber zu übereifrig und ist zudem auch noch in Webber rein gefahren, da er offensichtlich die Kontrolle des Autos verloren hatte. Aber eine Teilschuld trifft Webber auch. Er hätte den Weg frei machen müssen, da Vettel ganz klar schneller war. Somit musste Vettel fast auf den Rasen ausweichen."

Matahari:"Ob Vettel oder Webber mehr Schuld tragen, ist relativ egal. Unter Teamkollegen darf so etwas nicht passieren. Wenn der eine schneller und bereits vorne ist, dann muss der andere nachgeben. Ist die Lücke vor einem zu eng, darf man da nicht einfach mit der Brechstange rein hämmern. Vettel hat definitiv gezuckt. Das war blöd und sein Fehler. Es stellt sich aber zu Recht die Frage, warum Webber nicht einen Hauch nach rechts gegangen ist..."

Dr_D:"Ich sehe die Vettel-Webber-Aktion als Rennunfall an. Die Schuld dürfen sich beide teilen. Ob 40:60 oder 50:50 ist irgendwie egal. Dumm war es trotzdem, aber von beiden."

jeedaai: "Dass Vettel schuld ist, könnte wohl eindeutiger kaum sein: Er ist es, der das Überholmanöver riskiert und dann nicht vorbei kommt, obwohl Webber nur seine Linie hält und geradeaus fährt. Wenn es dann für Vettel nicht reicht, muss er halt den Fuß vom Gas nehmen und es die Runde darauf noch mal versuchen. So geht der Unfall eindeutig auf seine Kappe. Ist ja jetzt auch kein Drama. Solche Unfälle passieren halt. Man sollte nur so ehrlich sein und sagen, dass Vettel es diesmal verbockt hat."

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