Das magische Duo: Katarina und der Kaiser

Von SPOX
Der Charme von Katarina Witt und die Präsenz des Kaisers sollen die Spiele nach München bringen
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Am Mittwoch (8.30 Uhr im LIVE-TICKER) entscheidet das IOC in Durban über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018. Annecy gilt als längst geschlagen, die Entscheidung wird wohl zwischen München und dem südkoreanischen Pyeongchang fallen. Der Countdown läuft - SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Vergabe.

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Wer darf entscheiden? Stimmberechtigt sind grundsätzlich alle 110 Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Wenige Tage nach seiner Hochzeit gehört auch Fürst Albert von Monaco zu jenen, die in Durban mit Schicksal spielen. Neben ihm und Ungarns Staatspräsident Pal Schmitt ist Großherzog Henri von Luxemburg das dritte Staatsoberhaupt im IOC. Bei der Abstimmung in Durban werden allerdings nicht alle Mitglieder anwesend sein.

General Mounir Sabet steht in Ägypten unter Hausarrest, der 95-jährige Joao Havelange bleibt aus Altersgründen in Brasilien - James Easton (USA) und Alpha Ibrahim Diallo (Guinea) sind schwer krank. Laut IOC-Präsident Jacques Rogge werden auch Prinz Nawal Faisal Fahd Aboulaziz (Saudi-Arabien) sowie Raja Randhir Singh (Indien) fehlen.

Präsident Rogge und der Schweizer Denis Oswald werden sich außerdem ihrer Stimme enthalten, die jeweils zwei Mitglieder aus den Kandidatenländern Deutschland, Südkorea und Frankreich dürfen nicht abstimmen.

In der ersten Runde werden also höchstens 96 Stimmen abgegeben. Folglich sind mindestens 49 nötig, um schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit zu erreichen.

Gelingt dies keinem der drei Bewerber, scheidet der schlechteste Kandidat aus. Die IOC-Mitglieder aus dem betroffenen Land wären im folgenden Stechen dann stimmberechtigt.

Wie läuft die Vergabe ab? Um 8.30 Uhr eröffnet IOC-Präsident Jacques Rogge die Veranstaltung in der Session Hall des Internationalen Kongress-Zentrums von Durban. Danach haben die drei Bewerber die Chance, mit ihren Abschlusspräsentationen zu überzeugen. Auch die Evaluierungskommission stellt ihren Bericht vor.

Richtig ernst wird es dann am Nachmittag. Für 15.35 Uhr ist der erste Wahlgang angesetzt, um 17.00 Uhr soll die Zeremonie zur Bekanntgabe des Gastgebers über die Bühne gehen. Zum Abschluss wird dann der Vertrag zwischen dem IOC und dem Ausrichter der Olympischen Spiele unterzeichnet.

Wer ist bei der Entscheidung vor Ort? Südkorea und Deutschland schicken in Staatspräsident Lee Myung-Bak und Bundespräsident Christian Wulff die ganz mächtigen Männer zur Entscheidung nach Durban. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte seinen Besuch dagegen ab.

Für die sportpolitische Kompetenz bei der Präsentation der Münchner Bewerbung ist DOSB-Präsident Thomas Bach zuständig, Bewerbungschef Bernhard Schwank wird die technischen Details des Konzepts vorstellen.

Neben Münchens Oberbürgermeister Christian Ude und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gehören zudem auch Maria Höfl-Riesch, Paralympics-Siegerin Verena Bentele und IOC-Mitglied Claudia Bokel zum deutschen Team. "Wir werden sowohl bei der Auswahl der Persönlichkeiten als auch bei der Frage der Form für Überraschungen gut sein", kündigt Ude an: "Wir werden aber natürlich auch unsere bayerische Lebensart zum Ausdruck bringen."

Das Ass im Münchner Bewerbungs-Ärmel ist überraschenderweise aber Franz Beckenbauer. "Olympische Spiele fehlen mir noch. Ich war gerne bereit zu helfen", sagte der Kaiser, der am Dienstag nach Südafrika reiste.

Was sind die Stärken und Schwächen der Bewerber? In den Untersuchungsberichten des IOC erhielten alle drei Bewerber positive Kritiken. Dennoch werden Annecy von den Experten kaum Chancen eingeräumt.

Die geplanten Wettkampfstätten des französischen Kandidaten liegen zu weit auseinander und sind wegen ihrer hohen Lage schwer zu erreichen. Ein weiterer Nachteil könnte sein, dass bereits 1968 (Grenoble) und 1992 (Albertville) Olympische Winterspiele in Frankreich stattgefunden haben. Zudem stehen nur 51 Prozent der Bevölkerung in Annecy hinter der Bewerbung.

Ganz anders sieht die Lage in Pyeongchang aus. Satte 87 Prozent der Südkoreaner befürworten die Kandidatur. Nachdem man mit den letzten beiden Bewerbungen ganz knapp gescheitert war, sind die Asiaten davon überzeugt, endlich an der Reihe zu sein. Südkorea durfte bislang noch keine Winterspiele ausrichten.

Und: Geld spielt für die Südkoreaner keine Rolle. 500 Millionen Dollar gehen allein in ein Förderprogramm für asiatische Wintersportler. So ist es auch bezeichnend, dass drei Männer, die Pyeongchangs Bewerbung leiten, wegen Korruption schon hinter Gittern waren.

Als Probleme könnten sich allerdings die Nähe zum Krisengebiet Nordkorea und das geplante Abholzen von 94 Hektar Wald in der Umgebung von Pyeongchang erweisen.

Als Stärken der Münchner Bewerbung gelten die große Erfahrung im Veranstalten von Großereignissen, sowie die Nutzung der olympischen Infrastruktur von 1972: Sieben bestehende Wettkampfstätten sollen genutzt werden.

Schwach ist aber die Zustimmungsrate der Bevölkerung. Im vergangenen halben Jahr steigerte sich der Rückhalt zwar, dennoch stehen nur 60 Prozent der Münchner hinter der Bewerbung.

Wer hat die besten Chancen? Nach Einschätzung der Experten hat München in den letzten Monaten im Rennen gegen Pyeongchang stark aufgeholt. Auf den französischen Bewerber aus Annecy setzt niemand.

Beim Besuch der Evaluierungskommission im Frühjahr sammelte das deutsche Bewerbungs-Team um Katarina Witt ordentlich Sympathiepunkte und hat nun wohl das Momentum auf seine Seite gezogen. "Wir konnten in den letzten Monaten einige Punkte sammeln, daran gibt es keinen Zweifel. Wir sind nicht siegessicher oder überheblich, aber wir sind voller Optimismus", sagt Münchens Oberbürgermeister Christian Ude.

Als Organisator der Alpinen Ski-WM hat Garmisch-Partenkirchen im Februar überzeugt, trotz schwieriger Witterungsbedingungen konnten alle Wettkämpfe planmäßig stattfinden. Pyeongchang machte 2009 als Ausrichter der Biathlon-WM higegen keine sonderlich gute Figur. Vor allem der Zuspruch der Fans ließ zu wünschen übrig.

Die Entscheidung in Durban wird in jedem Fall die Ausrichtung des IOC offenlegen: Will man die Erschließung neuer Märkte forcieren, oder zurück zu den Wurzeln des Wintersports? Der Kommerz spricht für Pyeongchang, die breite Fanbasis für München.

Romantik oder Reibach? Das ist die Frage. Deutschland muss vor allem auch hoffen, dass das IOC zur Meinung kommt, dass Olympia nach den recht riskant erscheinenden Vergaben an Sotschi 2014 (Winter) und Rio de Janeiro (Sommer) 2016 mal wieder eine sichere Variante benötigt.

Was sagt die Statistik? Bei den letzten neun Vergaben von Olympischen Spielen gewann nur zweimal der klare Favorit (Peking 2008 und Salt Lake City 2002). Dreimal machten die Außenseiter das Rennen (Sydney 2000, Turin 2006 und Sotschi 2014).

Bei den Wahlen für die Winterspiele 2010 und 2014 bekam Pyeongchang in der ersten Runde jeweils die meisten Stimmen, scheiterte in der zweiten Runde aber jeweils denkbar knapp. Gegen Vancouver fehlten zwei Stimmen, gegen Sotschi drei.

Würde München das Rennen machen, wären es die vierten Olympischen Spiele in Deutschland (Garmisch-Partenkirchen/Winter 1936, Berli/Sommer 1936, München/Sommer 1972).

Geht es schief, würde es die vierte Bewerbungsschlappe eines deutschen Kandidaten nach 1972 bedeuten. Berchtesgaden (Winter 1992), Berlin (Sommer 2000) und Leipzig (Sommer 2012) waren allesamt gescheitert.

Was ist in Deutschland los?

Public Viewing: Olympia-Partys in München (Marienplatz), Garmisch (Mohrenplatz) und Königssee (Seebühne). Am Marienplatz sorgen Live-Bands für Stimmung, rund 30.000 Besucher werden erwartet.

Letzte Stimmen:

Christian Wulff: "Ich bin hier, um die Zusicherung zu geben, dass wir emotionale und enthusiastische Spiele ausrichten werden, wenn wir den Zuschlag bekommen. München hat eine hervorragende Bewerbung vorgelegt. Deutschland ist ein wintersportbegeistertes Land, in dem bereits Kinder dem Wintersport zugeneigt sind und die Stadien gefüllt sind. Es wäre ein Riesengeschenk, wenn wir diese Winterspiele, sowohl die Olympischen wie auch die Paralympischen, ausrichten dürfen."

Franz Beckenbauer: "Bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 haben wir mit einer Stimme Vorsprung gewonnen, es wird auch diesmal knapp. Ich hoffe, die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Und ich hoffe, dass es nach der fantastischen Fußball-WM mit dem Sommertraum jetzt einen Wintertraum gibt."

Katarina Witt: "Wir sind davon überzeugt, dass wir dem IOC eine Kandidatur vorlegen, zu der es eigentlich nicht Nein sagen kann. Es zählt nur Gold, alles andere bedeutet Niederlage."

Magdalena Neuner: "Vor ein paar Monaten war ich nicht so zuversichtlich, doch zuletzt hat München mit Garmisch-Partenkirchen und Königsee aufgeholt. Sicher wird es eine spannende Abstimmung, und ich hoffe natürlich, dass wir die Olympischen Spiele ausrichten dürfen."

Cho Yang-ho (Bewerbungschef Pyeongchang): "Franz Beckenbauer ist eine weltbekannte Persönlichkeit, und ich finde ihn toll. Wir brauchen aber keine Überraschung, um die Sache herumzureißen. Wir haben das Selbstvertrauen, dass unsere Vision gut ist für die olympische Bewegung."

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