UPDATEDer Radsport versinkt einmal mehr im Dopingsumpf. Gegen das italienische Team Lampre wird ermittelt. Unter den 35 Verdächtigen soll auch Ex-Weltmeister Alessandro Ballan sein.
Dem Radsport steht womöglich ein neuer Dopingskandal größeren Ausmaßes ins Haus. In Italien ist der italienische Rennstall Lampre ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Laut eines Berichts der Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport sind Ermittlungen gegen 35 Personen eingeleitet worden.
Dazu gehören auch die sportliche Leitung des Teams, Ex-Weltmeister Alessandro Ballan und der frühere Giro-Sieger Damiano Cunego. Am Wochenende hatten die Dopingfahnder bereits Hausdurchsuchungen bei dem früheren Milram-Kapitän Alessandro Petacchi und Lorenzo Bernucci durchgeführt.
Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht der Pferdetrainer und Apotheker Guidi Nigrelli, der mit Lampre-Teamchef Giuseppe Saronni befreundet ist. Ihm wird vorgeworfen, seit mehr als zehn Jahren Dopingpräparate zu vertreiben. Das Lampre-Team, für das auch seit Jahresbeginn der deutsche Sprinter Danilo Hondo fährt, hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen.
"Es sind alle enttäuscht"
Spurlos gehen aber die Negativ-Schlagzeilen nicht am Team vorbei. "Es sind alle enttäuscht. Die Geschichte wirft ein schlechtes Licht auf die Mannschaft, auch wenn am Ende gar nichts dabei rauskommt", sagte Hondo und geht davon aus, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen: "Ich habe mir in den letzten zehn Jahren eine gute Menschenkenntnis angeeignet. Und hier macht keiner den Eindruck, dass man irgendetwas zu befürchten hat."
Glaubt man den Presseberichten in Italien, könnte noch einiges auf das Lampre-Team zukommen. Die Ermittlungen betreffen den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2008 und dem 31. Juli 2009, doch die Untersuchung wurden schon früher aufgenommen.
Der Polizei war nämlich schon vor 2008 ein suspekter Handel mit verbotenen Substanzen aufgefallen, die aus Nigrellis Labor in der Ortschaft Mariana Mantovana stammten.
Erste Ermittlungen schon im Jahr 1999
Gegen Nigrelli waren bereits 1999 Ermittlungen aufgenommen worden. Seine Apotheke war damals aufgrund einer Anzeige eines Radrennfahrers durchsucht worden, mehrere verbotene Substanzen waren beschlagnahmt worden. Der Radrennfahrer hatte Nigrelli als EPO-Lieferant angezeigt.
Nigrelli soll auch Kontakte zum litauischen Radprofi und damaligen Lampre-Fahrer Raimondas Rumsas gepflegt haben. Seine Frau Edita war am letzten Tag der Tour der France 2002, die Rumsas als Gesamtdritter beendete, an der Grenze nach Italien gestoppt und mit erheblichen Mengen von EPO, Anabolika und Aufputschmitteln im Auto festgenommen worden.
Nigrelli bestreitet denn auch gar nicht erst die Verbindung zum Lampre-Team. "Seit 30 Jahren bin ich ein Freund Saronnis. Die Lampre-Ärzte kaufen Medikamente in meiner Apotheke. Es handelt sich aber um absolut legale Pharmaka", versicherte der skandalumwitterte Apotheker.
Laut Saronni, der bereits beim Sponsor zum Rapport antreten musste, habe der mutmaßliche Drahtzieher des Skandals aber nichts mit dem Team zu tun. Dem pflichtet auch Hondo bei: "Ich habe Nigrelli noch nie gesehen und seinen Namen erst in der Presse zum ersten Mal gehört."
Hausdurchsuchungen brachten wohl erste Ergebnisse
Auf einige der Lampre-Fahrer dürften jedenfalls noch ungemütliche Tage zukommen. Bereits am Osterwochenende hatten die Fahnder die Häuser von Bernucci und Petacchi durchsucht.
Zumindest bei Bernucci sollen die Ermittler fündig geworden sein. Nach Angaben des Radprofis, der inzwischen vom Rennstall bis zur Klärung der Sachlage suspendiert wurde, seien die Präparate von seiner Frau und seinem Bruder gewesen.
Ballan, der inzwischen für das Schweizer BMC-Team fährt, und Cunego zeigen sich von den Ermittlungen unbekümmert. "Ich habe von der Staatsanwaltschaft eine Anfrage erhalten und die Sache meinem Anwalt übergeben", sagte Ballan, der Straßenrad-Weltmeister von 1999, und Cunego ergänzte: "Ich habe niemals etwas mit Nigrelli zu tun gehabt. Man kann mir nichts vorwerfen."
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