Saints vs. Colts? Oder ganz einfach Drew Brees vs. Peyton Manning? SPOX hat gemeinsam mit ESPN-Experte Trent Dilfer, der die Baltimore Ravens als Quarterback zum Sieg in Super Bowl XXXV führte, und der mySPOX-Community alle Mannschaftsteile kurz vor dem Mega-Event (Sonntag, 0 Uhr im LIVE-TICKER) genau unter die Lupe genommen. Und siehe da, es herrscht Uneinigkeit.
Quarterback
Drew Brees vs. Peyton Manning
Was für ein Matchup! Würde es gegen jeden anderen Quarterback gehen, wäre Drew Brees die klare Nummer eins. Der Saints-Spielmacher hat sich als einer der besten fünf Spieler der NFL etabliert. Die Colts-Scouts könnten jeden Tag 24 Stunden Video-Studium betreiben, sie würden keine Schwachstelle entdecken. Ist Brees einmal im Rhythmus, meist befindet er sich sofort im selbigen, ist es eine Wucht, ihm dabei zuzuschauen, wie er alle möglichen Spieler in den Angriff einbindet. Kurzum: Brees ist Weltklasse.
Sein Problem: Sein Gegenüber Peyton Manning ist die Steigerung von Weltklasse. Der beste Spieler auf dem Football-Planeten. Kein Spieler bereitet sich so gut vor und versteht das Spiel so gut wie der Colts-Quarterback. Kein Spieler versteht die gegnerische Defense so gut und kann sich blitzschnell auf sie einstellen. Mannings taktische Spielchen an der Line of Scrimmage, die für Außenstehende wie wildes Herumgefuchtel aussehen, sind legendär. Da er außerdem unglaublich schnelle Entscheidungen trifft und der Ball sofort seine Hand verlässt, wird Manning im Vergleich zu anderen Quarterbacks praktisch nie gesackt.
Seine Intelligenz war auch 1998 schon der ausschlaggebende Grund, warum die Colts ihn an Nummer eins drafteten und nicht Ryan Leaf. Beide wurden damals - aus heutiger Sicht unfassbarerweise - als gleich gut eingeschätzt. Aber als die Colts beide fragten, was sie denn als erstes machen würden, wenn sie an Nummer eins gezogen werden, antwortete einer (Manning), dass er sofort das Playbook haben wolle, um es zu studieren und der anderere (Leaf) antwortete: "Nach Las Vegas fliegen und Party machen."
Was genau macht eigentlich Ryan Leaf heute? Genug gesagt. Es gab schon Super Bowls, in denen Quarterbacks standen, deren einzige Fähigkeit das "Game-Management" war. In Miami sieht die Welt das Duell der zwei dominantesten Passer der Gegenwart.
Das sagt Trent Dilfer: "Eine wirklich schwere Entscheidung, aber wenn mein Leben davon abhängen würde, würde ich immer Peyton Manning nehmen. Er ist für mich der großartigste Spieler, der jemals Quarterback gespielt hat. Wenn man bedenkt, was sein Team jedes Jahr von ihm erwartet, ist er die Nummer eins."
Vorteil: Colts.
Sonntag, 0 Uhr: Der Super Bowl live auf ESPN America!und im LIVE-TICKER
Running Back
Pierre Thomas / Reggie Bush / Mike Bell vs. Joseph Addai / Donald Brown
Dass das Laufspiel angesichts der Ausnahme-Quarterbacks bei beiden Teams erstmal nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist klar. Bei den Colts war das Running-Game über die ganze Saison praktisch nicht existent (Rang 32 in der NFL/nur 37 Prozent aller Spielzüge waren Run-Plays).
Joseph Addai hat in der laufenden Spielzeit kein einziges 100-Yard-Spiel auf dem Konto. Trotzdem hat Manning Vertrauen in ihn und wird sich nicht scheuen, Addai den Ball zu geben, wenn es die Defense erfordert. Addai ist kein explosiver Home-Run-Hitter, aber er hat das Talent, Löcher zu erkennen und sie für guten Raumgewinn auszunutzen.
Das sagt mySPOX-User Red_7: In den Playoffs haben die Saints gezeigt, dass sie mit dem Lauf Drew Brees wertvolle Zeit verschaffen können. Und auch in den Passangriff sind die Running Backs der Saints besser eingebunden.
Vorteil: Saints.
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Receiver/Tight End
Marques Colston / Robert Meachem / Lance Moore / Devery Henderson / Jeremy Shockey / David Thomas vs. Reggie Wayne / Pierre Garcon / Austin Collie / Dallas Clark
Reggie Wayne wird vom Talent her der beste Spieler auf dem Feld sein, der nicht Manning oder Brees heißt. Wayne ist nicht bemerkenswert schnell, aber dafür kann sich keiner so von Cornerbacks lösen wie er. Dazu kommen gute Hände, einfach ein echter Playmaker. Wie gut die Colts sind, zeigt, dass fast niemand über Wayne oder Mannings Lieblingsanspielstation Dallas Clark spricht.
Dass die beiden top sind, weiß man. Aber dass Pierre Garcon und Austin Collie derart einschlagen würden, war nicht zu erwarten. Auch wenn jeder Receiver von Manning profitiert, sollte man ihnen den Respekt geben, den sie verdienen. Garcon ist schnell wie der Blitz, Collie trotz geringer Körpergröße unglaublich tough.
Auf der Gegenseite ist Marques Colston der Go-to-Guy von Brees. Der Nummer-1-Receiver der Saints ist groß, körperlich ungemein stark und fängt (fast) alles. Ist Colston gedeckt, hat Brees immer noch einen Haufen Waffen zur Auswahl.
Das sagt Trent Dilfer: "Die Saints haben insgesamt in der Offense - trotz Manning - einen kleinen Vorteil, weil sie einfach so viele Optionen haben. Die Balance ist viel besser als bei den Colts."
Vorteil: Saints.
Offensive Line
Jermon Bushrod / Carl Nicks / Jonathan Goodwin / Jahri Evans / Jon Stinchcomb vs. Charlie Johnson / Ryan Lilja / Jeff Saturday / Kyle DeVan / Ryan Diem
Der beste Mann der O-Line der Colts heißt ohne Frage Jeff Saturday. Der Center ist zum einen ein harter Junge, ganz so wie man sich einen Lineman vorstellt, auf der anderen Seite aber auch ein sehr kluges Köpfchen, der für Mannings Taktik-Variationen essenziell ist.
Das sagt Red_7: Die Saints haben die Protection für Brees in diesem Jahr erhöht. Sie ließen in der Postseason nur einen Sack und sieben Hits bei 63 Dropbacks zu. Einen ähnlichen Wert im Januar haben nur die Jets.
Vorteil: Saints.
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Defensive Line
Bobby McCray / Sedrick Ellis / Remi Ayodele / Will Smith vs. Robert Mathis / Antonio Johnson / Daniel Muir / Dwight Freeney (Raheem Brock)
Die Gesundheit von Dwight Freeney war die ganze Woche das alles beherrschende Thema im Lager der Colts. Freeney ist der Leader der Indy-Defense, der Sackmaster, der wichtigste Spieler. Sollte Freeney spielen und ansatzweise seine normale Leistung abrufen können, wird der Left Tackle der Saints, Jermon Bushrod, Albträume bekommen.
Der für Manning eindeutig gefährlichste Mann aus der D-Line der Saints ist Will Smith, der nicht in einer Liga mit Freeney und Mathis spielt, aber trotzdem ein sehr guter Spieler ist. Sedrick Ellis hat viel Potenzial, ist aber nicht konstant genug. Insgesamt hat die Saints-Line Schwächen in der Lauf-Verteidigung.
Das sagt Red_7: Die Line der Colts ist etwas hochkarätiger besetzt. Besonders in der Mitte sind sie stabiler. Ein Fragezeichen steht hinter dem angeschlagenen Freeney. Sollte er ausfallen, wäre das ein schwerer Schlag für die Colts.
Vorteil: Colts.
Linebacker
Scott Fujita / Jonathan Vilma / Scott Shanle
vs. Philip Wheeler / Gary Brackett / Clint Session
Die Colts-Linebacker, vor allem Gary Brackett, werden immer ein wenig unterschätzt, dabei gibt es überhaupt keinen Grund dafür. Sie sind smart, schnell und physisch zugleich - und sie sind in jedem Spiel mit Big Plays zur Stelle.
Das sagt Trent Dilfer: "Insgesamt sehe ich die Colts in der Defense schon im Vorteil, weil sie nicht so viel riskieren und weniger Big Plays zulassen, aber ich habe das Gefühl, dass Saints-Linebacker Jonathan Vilma der X-Factor werden könnte. Er hat eine gute Chance, Manning zu verwirren und vor allem damit das kurze Passspiel der Colts zu unterbinden."
Vorteil: Colts.
Secondary
Jabari Greer / Roman Harper / Darren Sharper / Tracy Porter
vs. Kelvin Hayden / Melvin Bullitt / Antoine Bethea / Jerraud Powers
Die Stars der Saints heißen Jabari Greer und Darren Sharper. Letzterer hätte den Titel "Defensive Player of the Year" absolut verdient gehabt, der Veteran absolviert eine überragende Saison und hat mit seinen Interceptions einen Löwenanteil am Erfolg der Saints. Greers Name fällt hingegen kaum, wenn von Elite-Cornebacks die Rede ist, aber er ist fast so gut wie Jets-Superstar Darrelle Revis. Im NFC-Championship-Game machte Vikings-Receiver Sidney Rice keinen Stich gegen ihn.
Roman Harper wird wohl die Aufgabe haben, Dallas Clark einigermaßen in Schach zu halten. Tracy Porter ist ein kleiner Schwachpunkt, auf den sich Manning konzentrieren wird.
Aussetzer dürfen sie sich gegen die Saints nicht leisten. Zumal die Colts-Defense in Sachen Scoring bei Weitem nicht so gefährlich ist wie die der Saints. New Orleans kam in der Saison nicht nur auf viel mehr Interceptions (26:16), sondern auch auf viel mehr Defensive-Touchdowns (8:2).
Das sagt Red_7: Bei ungenauen Würfen wird die Saints-Defense vor allem mit Darren Sharper versuchen, das Big Play zu landen.
Vorteil: Saints
Blog Hier geht es zum zweiten Teil der Analyse von Red_7
Special Teams
Garrett Hartley / Thomas Morstead / Reggie Bush / Courtney Roby
vs. Matt Stover / Pat McAfee / T.J. Rushing / Chad Simpson
Wie immer wird extrem viel von den Special Teams abhängen. Der Wert eines guten Kickers, Punters und Return-Spezialisten ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Beide Teams ähneln sich, weil sie beide auf Rookie-Punter (Thomas Morstead und Pat McAfee) vertrauen, die außerdem auch für die Kickoffs verantwortlich sind. Zum Punten kommen sie wegen der Super-Offenses ja eher selten. Morstead und McAfee sind auf ähnlichem Niveau, bei den Kickern hat Matt Stover einen kleinen Vorteil gegenüber Garrett Hartley.
Zwar hat Hartley schon gezeigt, dass er ein Guter ist, aber wir befinden uns beim Super Bowl nicht in einem Dome. Wenn es kurz vor Schluss auf einen entscheidenden Kick ankommt, und es regnet oder windet, dann sollte man eher auf den ultra-erfahrenen Stover setzen als auf den jungen Hartley.
Das sagt Trent Dilfer: "Beides sind sehr solide Einheiten. Es ist ganz eng, aber ich würde den Saints den Punkt geben, einfach weil Reggie Bush immer für einen Homerun gut ist."
Vorteil: Saints.
Coaches
Sean Payton vs. Jim Caldwell
Sean Payton und Jim Caldwell mussten sich beide eine Menge Kritik anhören, weil sie Ende der Regular Season die Entscheidung trafen, ihre Stars zu schonen und so einige Niederlagen kassierten. Man kann nach wie vor geteilter Meinung sein, ob es die richtige Entscheidung war, aber das Ergebnis sieht ja jeder: Beide stehen im Super Bowl.
Und beide haben großartige Arbeit verrichtet. Payton, als sehr emotional und offensives Mastermind bekannt, hat in New Orleans ein Spitzenteam aufgebaut - sein klügster Schachzug war die Verpflichtung von Gregg Williams als neuer Defensive Coordinator.
Bei den Colts ist es bewundernswert, wie Jim Caldwell als Rookie-Headcoach in die großen Fußstapfen von Tony Dungy getreten ist. Es ist, als hätte Dungy einfach weitergecoacht. Caldwells wichtigster Mann an seiner Seite ist Offensive Coordinator Tom Moore. Dessen 46-jährige Trainererfahrung ist für Caldwell unbezahlbar. Moores perfekte Partnerschaft mit Peyton Manning hat die Colts zu dem gemacht, was sie jetzt sind.
Das sagt Trent Dilfer: "Es wird ein Schachspiel, bei dem es interessant zu beobachten sein wird, ob Sean Payton im Playcalling in falschen Situtionen (3rd and long) über-aggressiv wird, weil er nicht punten und den Ball in Peyton Mannings Hände geben will."
Vorteil: Ausgeglichen.
Prognose
Florian Regelmanns Prognose: "38:28 Colts. Trent, der Vergleich der einzelnen Mannschaftsteile hat vielleicht gezeigt, dass die Saints einen Vorteil haben, aber die Quarterback-Position zählt zehnfach. Manning, für deinen ESPN-Kollegen Adam Schefter der Michael Jordan der NFL, macht den Unterschied. Seine Leistung im AFC-Championship-Game gegen die Jets-Defense, die normal jeden Quarterback in die Konfusion treibt, war genial. Egal, was die Saints machen werden, ob sie blitzen oder nicht, Manning wird sie dafür bestrafen. Es wird nicht so ein enger Super Bowl, wie viele denken."
Trent Dilfers Prognose: "35:31 Saints. Die Saints-Offense wird das Spiel dominieren, Florian. Sie wird nicht nur ihre Drives mit Touchdowns abschließen, sie wird Peyton Manning nur begrenzte Möglichkeiten geben."
Sonntag, 0 Uhr: Der Super Bowl live auf ESPN America!und im LIVE-TICKER