Der Beginn der Free Agency 2021 steht unmittelbar vor der Tür. Höchste Zeit, einen genauen Blick auf die Baustellen und die Cap-Situation aller Teams zu werfen. SPOX macht den Check. Heute an der Reihe: Die AFC North.
Anmerkung: Bei der Cap-Space-Berechnung gehen wir von einem Salary Cap von 180,5 Millionen Dollar aus.
Baltimore Ravens
- Vorjahresbilanz: 11-5
- Größte Needs: Edge, Wide Receiver, Interior O-Line, Safety
- Wichtigste Free Agents: Edge Matthew Judon, Edge Yannick Ngakoue, Edge Tyus Bowser, DT Derek Wolfe, WR Willie Snead, Edge Pernell McPhee, C Matt Skura
- Cap Space: 18 Mio. Dollar
Das Mantra der Ravens schien nach dem Playoff-Aus gegen die Bills eigentlich klar zu sein: Die zu diesem Zeitpunkt günstigste Offense der Liga würde im Sommer verstärkt werden müssen. Die Interior Offensive Line war zu anfällig, zudem mangelte es dem Team an Playmakern, insbesondere die Wide Receiver brachten zu wenig Qualität mit.
Das Geld für eine hochkarätige Verpflichtung auf der Receiver-Position wäre da, mit Matt Judon, Yannick Ngakoue, Tyus Bowser und Pernell McPhee werden allerdings die vier besten Edge Defender der Ravens allesamt Free Agents. Baltimore wird sich vermutlich zwischen Offense und Defense entscheiden müssen.
Doch ohnehin wirkt es zunehmend unwahrscheinlich, dass die Ravens tatsächlich eine der absoluten Top-Lösungen wie Allen Robinson oder Kenny Golladay auf der Receiver-Position im Auge haben. Die Franchise sieht sich mit Quarterback Lamar Jackson wohl nach wie vor als Run-First-Team, eine außerordentlich teure Investition in einen Receiver würde nicht ganz in dieses Bild passen.
Dazu kommt, dass mit Judon und Ngakoue zwei eigene Free Agents auf dem offenen Markt hochdotierte Verträge abstauben könnten. Für die Ravens, die die Compensatory Picks der NFL in der Vergangenheit stärker wertgeschätzt haben als irgendein anderes Team, könnte das bedeuten, sich mit den ganz großen Verpflichtungen selbst zurückzuhalten. Sollten die Ravens in der Free Agency einen Receiver verpflichten, scheint eine B-Lösung wie Marvin Jones oder Tyrell Williams (hat als entlassener Spieler keinen Einfluss auf die Vergabe der Compensatory Picks) daher wahrscheinlicher.
Eine Verpflichtung von Corey Linsley als Lösung für die herben Center-Probleme in der vergangenen Saison dürfte in den Augen vieler Fans einen Traumszenario gleichkommen. Aufgrund der oben genannten Gründe scheint auch hier jedoch eine günstigere Alternative wie beispielsweise Alex Mack realistischer.
Defensiv werden die Ravens angesichts ihrer zahlreichen auslaufenden Verträge im Pass-Rush einige schwere Entscheidungen treffen müssen. Sofern ihr Markt nicht unerwartet klein ausfällt, dürften Judon und Ngakoue (der vermutlich ohnehin keine Zukunft in Baltimore hat) zu teuer für ihr bisheriges Team werden.
In diesem Fall könnte Baltimore versuchen, Pernell McPhee und Tyus Boswer als günstigere Optionen zu halten, womöglich mit Einjahresverträgen. Olivier Vernon und womöglich auch Justin Houston könnten auf dem freien Markt zudem günstige Edge-Optionen für ein Jahr sein.
In der Mitte der Defensive Line könnte Derek Wolfe gehalten werden, mit Justin Madubuike steht ein potenzieller Nachfolger allerdings bereit. Ein Safety mit Playmaker-Fähigkeiten steht eventuell ebenfalls auf dem Zettel der Ravens. Sofern ein Spieler wie Malik Hooker nicht zum Schnäppchenpreis verfügbar sein wird, könnte dieser Need allerdings eher im Draft behandelt werden.
Cincinnati Bengals
- Vorjahresbilanz: 4-11-1
- Größte Needs: Right Tackle, Interior O-Line, Edge, Cornerback
- Wichtigste Free Agents: CB William Jackson, Edge Carl Lawson, WR A.J. Green, CB Mackensie Alexander, CB LeShaun Sims, LG Quinton Spain, LB Josh Bynes
- Cap Space: 37,7 Mio. Dollar
Die Bengals gehen mit einer Menge Baustellen in die Offseason: Die Offensive Line ist auf vier von fünf Positionen eine Problemzone, defensiv kann die Front Seven auf fast jeder Position Verstärkungen gebrauchen, zudem werden die Cornerbacks beinahe geschlossen Free Agents. Cincinnati wird Prioritäten setzen müssen.
Die gute Nachricht: Mit fast 38 Millionen Dollar Cap Space verfügt das Team über mehr Gehaltsspielraum als die meisten Konkurrenten, durch Entlassungen von Geno Atkins (9,5 Millionen Dollar Einsparungen) und Bobby Hart (5,9 Mio.) könnte die Summe auf mehr als 50 Millionen Dollar anwachsen. Genug Geld, um sich auf mehreren Positionen namhaft zu verstärken - erst recht in einem Jahr mit sinkendem Salary Cap.
Das Hauptaugenmerk der Bengals dürfte in den kommenden Wochen auf der Offensive Line liegen, immerhin ist diese Baustelle direkt mit dem Erfolg und der Gesundheit von Quarterback Joe Burrow verbunden. Jonah Williams litt in seinen ersten zwei NFL-Saisons zwar unter schwerem Verletzungspech, soll aber ein Eckpfeiler für die Zukunft sein. Alle anderen Positionen in der O-Line könnten ein Upgrade gut vertragen.
Immerhin: Optionen gibt es in der Free Agency genug. Taylor Moton wäre eine Premiumlösung als Burrows neuem Right Tackle, auch Daryl Williams könnte hier eine Option sein. In der Interior O-Line wären Corey Linsley, Brandon Scherff und Joe Thuney allesamt herausragende Neuzugänge, alle drei dürften jedoch zu den Bestverdienern auf ihren Positionen aufsteigen. Ist Cincy bereit, einen solchen Preis zu zahlen? David Andrews oder Austin Reiter, beide Center, wären wohl etwas günstigere Optionen.
Gänzlich ignorieren sollte das Team auch die Receiver-Position nicht. Tee Higgins ist ein Top-Talent, Tyler Boyd ein guter Slot-Receiver, Auden Tate wäre als Nummer drei aber keine optimale Lösung. Zudem präsentierte sich Burrow in seiner Rookie-Saison mit vier Wide Receivern auf dem Feld am stärksten. Ein guter, aber nicht übermäßig teurer Receiver wie Marvin Jones, Sammy Watkins oder Nelson Agholor könnten Burrow das Leben auf dem Feld deutlich erleichtern.
Noch gravierender sind die Baustellen des Teams in der Defense. Diese zählte über die vergangenen Saisons stets zu den schwächsten Units der Liga. Weder in der Front noch in der Secondary zählten die Bengals - trotz Star-Safety Jessie Bates - auch nur zum Liga-Durchschnitt. Mit William Jackson und Carl Lawson werden zwei der wenigen fähigen Defender nun auch noch Free Agents.
Cincinnati belegte 2020 in der Adjusted Sack Rate bereits den ligaweit letzten Platz, das Team kann es sich also eigentlich nicht erlauben, Lawson ziehen zu lassen. Innen kehrt D.J. Reader, ein kostspieliger Neuzugang in der letzten Free Agency, zwar zurück, alleine wird er dieses Problem allerdings auch nicht beheben können.
Die gute Nachricht: Auf der Edge-Position gibt es in diesem Jahr jede Menge Optionen, von Superstars wie Shaq Barrett über Spieler wie Yannick Ngakoue bis hin zu möglichen Schnäppchen wie Olivier Vernon. Innen ist die Auswahl kleiner. Shelby Harris könnte eine gute und dennoch günstige Option sein.
In der Secondary werden die Cornerbacks William Jackson, Mackensie Alexander und LeShaun Sims allesamt Free Agents, somit verbliebe lediglich Darius Phillips aus der Cornerback-Rotation des Vorjahres, Trae Waynes soll nach einjähriger Verletzungspause endlich sein Debüt für Cincy feiern.
Die Bengals sollten versuchen, Jackson zu halten. Slot-Corner wie Alexander sind in der Free Agency für gewöhnlich günstig zu haben. Cincinnati spielte in der vergangenen Saison hauptsächlich Cover-1, also Man Coverage mit nur einem tiefen Safety als Hilfe. Ohne gute Cornerbacks dürfte eine solche defensive Philosophie zum Scheitern verurteilt sein.
Cleveland Browns
- Vorjahresbilanz: 11-5
- Größte Needs: Edge, Cornerback, Linebacker, Safety
- Wichtigste Free Agents: Edge Olivier Vernon, DT Larry Ogunjobi, CB Terrance Mitchell, S Andrew Sendejo, S Karl Joseph, LB B.J. Goodson, LB Malcolm Smith, WR Rashard Higgins
- Cap Space: 20,2 Mio. Dollar
Offensiv befinden sich die Browns im Frühling 2021 in einer nahezu sorgenfreien Situation: Quarterback Baker Mayfield steht ebenso weiter unter Vertrag wie die in der vergangenen Saison so herausragende Offensive Line. Die Running-Back- und Tight-End-Positionen sind gut besetzt und bei den Wide Receivern kehrt Odell Beckham Jr. nach langer Verletzungspause zurück.
In der Defense sieht das Bild allerdings ein wenig anders aus. Ein Edge Defender, ein Defensive Tackle, zwei Linebacker, zwei Safetys und zwei Cornerbacks, die allesamt mehr als die Hälfte der defensiven Snaps gespielt haben, werden Free Agents. Cleveland verfügt über rund 20 Millionen Dollar Cap Space. Eine respektable Summe, aber auch genug, um alle Abgänge ersetzen zu können?
Möglicherweise ja. Jordan Elliott soll in der Defensive Line wohl für Ogunjobi übernehmen, als Safetys dürften Ronnie Harrison und der wieder genesene Grant Delpit starten. Mit Jacob Phillips, Sione Takitaki und Mack Wilson verfügt Cleveland zudem über drei junge Linebacker. Allzu teuer werden die Browns hier vermutlich nicht investieren müssen. Veteranen wie Ex-Brown B.J. Goodson oder Denzel Perryman dürften bezahlbar bleiben.
Bleiben also die Edge- und die Cornerback-Position als klare Baustellen. Cleveland braucht nach dem wahrscheinlichen Abgang von Vernon ein Gegenüber für Superstar Myles Garrett, der Edge-Rusher-Markt ist in diesem Jahr allerdings gut und tief besetzt.
Spieler wie Yannick Ngakoue oder Carl Lawson könnten für das Team interessant werden. Durch die stark besetzte Defensive Line mit Garrett als hervorragendem Run-Defender könnte sich Cleveland den Luxus erlauben, einen echten Pass-Rush-Spezialisten mit Schwächen in der Run-Defense auf dessen Gegenseite zu schieben.
Als Cornerbacks können Denzel Ward und Greedy Williams ein solides Duo bilden, ein ergänzender Slot-Defender (Brian Poole, Darqueze Dennard, Nickell Robey-Coleman) sollte in der Free Agency günstig zu finden sein. Das Problem: Sowohl Ward als auch Williams fehlten bereits in der Vorsaison lange verletzungsbedingt, Cleveland benötigt mehr Tiefe auf der Position.
Allzu viel Geld müssen die Browns dafür aber nicht zwingend investieren. Gareon Conley, Bashaud Breeland oder auch eine Rückkehr von Terrance Mitchell könnten günstige und doch solide Kandidaten sein. Auch der Draft dürfte hier zu einer Option werden.
Pittsburgh Steelers
- Vorjahresbilanz: 12-4
- Größte Needs: Offensive Tackle, Interior O-Line, Cornerback, Running Back
- Wichtigste Free Agents: Edge Bud Dupree, WR JuJu Smith-Schuster, LT Alejandro Villanueva, RT Matt Feiler, CB Mike Hilton, DT Tyson Alualu, LB Avery Williamson, RB James Conner
- Cap Space: -19,1 Mio. Dollar
Die Steelers befinden sich unmittelbar vor der Free Agency in der angespanntesten Ausgangssituation aller Teams in der AFC North - und das mit deutlichem Abstand. Die Verträge von drei Startern in der Offensive Line, zwei Startern in der Defensive Line sowie dem vielleicht besten Wide Receiver des Teams laufen allesamt aus und dennoch befindet sich Pittsburgh aktuell deutlich über der erlaubten Cap-Grenze.
Die Steelers können Linebacker Vince Williams entlassen (4 Millionen Dollar Einsparungen) und den Vertrag von Quarterback Ben Roethlisberger umstrukturieren, selbst nach diesen Moves würde die Franchise voraussichtlich aber immer noch mit wenig bis keinem Cap Space dastehen. Pittsburgh wird in den kommenden Wochen keine kostspieligen Verpflichtungen tätigen können und auf günstige Alternativen setzen müssen.
Wie also kann der amtierende Division-Champ seine Baustellen, insbesondere die Offensive Line, in der nicht nur Villanueva und Feiler Free Agents werden, sondern Center Maurkice Pouncey obendrein seine Karriere beendet hat, angehen? Eine erste Option dürfte dabei Zach Banner sein. Der Right Tackle war eigentlich als Starter bei den Steelers eingeplant, verpasste jedoch die gesamte Saison 2020 verletzungsbedingt - und dürfte dementsprechend günstig zu haben sein.
Matt Feiler könnte ebenfalls relativ günstig als Guard zurückkehren, darüber hinaus wird Pittsburgh vermutlich Veteranen für einen Preis nahe des Minimums ins Auge fassen müssen. Lane Taylor, Oday Aboushi und Ethan Pocic wären mögliche Kandidaten. Angesichts der angespannten Cap-Situation muss der Draft bei Pittsburgh auf jeder Position ebenfalls eine Option sein.
Immerhin: Auf der Running-Back-Position sollte Pittsburgh bereits ein kostengünstiger Veteran in der Free Agency oder auch einen Rookie in einer späteren Draft-Runde helfen können. Marlon Mack oder Carlos Hyde könnten Kandidaten sein.
Defensiv sieht die Situation nicht wirklich anders aus. Mike Hilton und Cameron Sutton werden beide Free Agents, mehr als eine äußerst preiswerte Option wird sich das Team aus der Steel City jedoch auch auf der Cornerback-Position vermutlich nicht leisten können. Eine Rückkehr von Sutton in Verbindung mit einem Rookie könnte hier bereits das höchste der Gefühle sein.
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