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30.06.2010 um 01:31 Uhr
Geschrieben von AndreasRenner
Windschief und mit Linksdrall
Spanien gegen Portugal, das war ein Spiel, das genau so verlief, wie man es vorher erwarten konnte. Taktische Überraschungen waren Fehlanzeige, beide Teams knüpften an das an, was sie bei diesem Turnier bisher gezeigt hatten. Und so war es eben ein zähes Ringen, bei dem die Spanier lange brauchten, um die defensivstarken Portugiesen auszuhebeln. Dass dieser eine Moment aber irgendwann kommen würde, daran entstanden kaum Zweifel.

Spanien begann unverändert, in seinem bekannten, etwas windschiefen 4-3-3, mit Villa als klassischem linkem Flügelstürmer, der immer wieder nach innen zog und mit rechts den Abschluss suchte. Iniesta spielte allerdings nur nominell rechts, die linke Seite und die Mitte waren eher sein Revier. Wenn nicht Torres oder Xavi nach rechts auswichen, was selten geschah, dann gehörte die rechte Seite komplett Sergio Ramos. Die Ausrichtung war ebenfalls wie gewohnt: Spielkontrolle durch Ballbesitz.

Portugals Grundformation war ein 4-5-1/4-3-3, bei dem im Vergleich zum Brasilienspiel Dudu von Almeida und Danny durch Simao ersetzt wurden. Auch wenn die Hereinnahme von Almeida etwas mehr Offensive versprach, überließen die Portugiesen den Spaniern komplett die Spielgestaltung und setzten auf Konter.

In der Rückwärtsbewegung zeigten sich die großen Unterschiede. Auch hier sahen die Formationen gar nicht so unterschiedlich aus. Spanien spielte eine fließende Mixtur aus 4-2-3-1 und 4-1-4-1, während die Portugiesen zwischen 4-1-4-1 und einer V-förmigen Anordnung der Mittelfeldspieler variierten, in der das Spielgeschehen in die Zentrale und damit mitten ins Getümmel gelenkt wurde. Auffällig, dass der gelernte Innenverteidiger Pepe sich als Sechser auch immer wieder in die Abwehrkette zurückfallen ließ und so alle Lücken in der Verteidigung dicht machte.

Den entscheidenden Unterschied machte aber auch hier die Marschrichtung aus. Wo Portugal den Spaniern das Feld überließ, nie wirklich aggressiv attackierte und auch kein Problem damit hatte, mit neun Mann die letzten 30 Meter vor dem eigenen Tor zu verteidigen, versuchte Spanien nach Ballverlust, den Jabulani sofort zurück zu erobern. Meist mit Erfolg. Jedenfalls fand das Spiel zu großen Teilen in der portugiesischen Hälfte statt.

Offensiv sorgte Spaniens schiefe Formation auch für ein schiefes Spiel. Da Villa konsequent die linke Seite hielt und Iniesta immer wieder nach links driftete, kreierten die Spanier fast alle guten Offensivaktionen über links, wo Villa eben auch immer Mitspieler zum Kombinieren fand. Iniestas Präsenz verschaffte den Spaniern eine Überzahl in der Zentrale und ermöglichte ihnen, den Ball wie gewohnt zirkulieren zu lassen. Die Kehrseite davon war allerdings, dass Sergio Ramos auf rechts von den Kollegen alleine gelassen wurde und sich oft zwei Portugiesen gegenüber sah. Ramos versuchte viel, doch seine Zuspiele in die Mitte waren selten brauchbar.

Umgekehrt bedeutete Spaniens Linksdrall auch, dass Portugals Linksverteidiger Fabio Coentrao ganz viel Grün vor sich hatte und prompt praktisch alle gefährlichen Offensivaktionen der Portugiesen über links vorbereitet wurden. Denn Iniesta hatte einen weiten Weg, um seine Defensivposition zu erreichen und brauchte oft die Hilfe der Mitspieler. Trotzdem: Die konterwilligen Portugiesen waren offensiv meist harmlos, weil sie fast nie genügend Spieler in die Offensive einbanden. Was aber auch Gründe hatte. Da waren natürlich die bissigen Spanier, die den Ball sofort zurück haben wollten. Genauso entscheidend war aber die Unfähigkeit der Offensiven (insbesondere Almeida), den Ball unter Kontrolle zu bringen und zu halten, bis die Mitspieler aufrücken konnten. Zugegeben, viel verlangt, wenn man bedenkt, dass Simao und Ronaldo oft an der eigenen Strafraumkante verteidigen mussten.

Almeidas Auswechselung in der 58. Minute war konsequent (auch weil er erschöpft wirkte) und doch auch mit Schuld am 0:1. Als Almeida nämlich draußen war, stellte Portugal Ronaldo ins Sturmzentrum, Danny nach links und Simao nach rechts. Wo er drei Minuten später gegen David Villa zu spät kam, als der das 1:0 erzielte.

Nach dem Rückstand hatte Portugals Hoffnung nur noch einen Namen: Ronaldo. Als Sturmspitze fehlte ihm jedoch die Unterstützung gegen defensiv konzentrierte Spanier. Viel mehr als in hoffnungslosen Situationen ins Dribbling zu gehen, blieb ihm kaum. Bei aller durchaus berechtigten Kritik an seinem Eigensinn, Ronaldo hatte schlicht und einfach auch niemand mit dem er spielen konnte. Und das reicht auf diesem Niveau dann eben nicht mehr. Portugals Schlussoffensive war jedenfalls ein Rohrkrepierer.

Und so müssen die Portugiesen nach Hause, ein einziger Gegentreffer war einer zu viel. Schade, dass die Mannschaft ihr vorhandenes Offensivpotential kaum ausgespielt hat. Die übervorsichtige Ausrichtung des Trainers hatte daran einen gehörigen Anteil. Die Spanier dagegen brachten ihr Spiel durch (im Gegensatz zum Chilespiel) und siegten verdient.

Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 3550 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 9 | Erstellt:30.06.2010
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