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Schwarz.Rot.Gold. Der DFB bei MySpox.


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29.06.2012 um 18:14 Uhr
Geschrieben von seasoo
Wie man sich selbst besiegt (1)


Der 13. Mann, oder: Wie man sich selbst besiegt

Der Schock über die Halbfinalniederlage gegen Italien ist gerade einmal wenige Stunden alt. Noch nicht ansatzweise verdaut. Es schwirren einem viele Fragen durch den Kopf. "War die Aufstellung richtig? Was lief bei den Gegentoren schief? Warum haben wir es nicht geschafft den Anschluss früher zu erzielen?" Was mich mittlerweile allerdings am meisten beschäftigt ist die Frage nach der Einstellung der Mannschaft und da fällt mein Augenmerk auf die Medien.

Im Spiel
Um es vorwegzunehmen, dies wird weder eine Kritik zur Taktik, Mannschaftsaufstellung oder einzelnen Personen. Dazu wurde bereits nach dem Spiel ausführlich im TV, in Kneipen, im Wohnzimmer oder im Ehebett diskutiert. Es geht hier vorrangig um den Aspekt des Medieneinflusses.

Es schien gestern, als ob die Squadra Azzurra den größeren Siegeswillen und die nötige Aggressivität in Warschau an den Tag legte. Im Mittelfeld ist dies gut zu sehen gewesen und besonders wichtig in solchen Spielen, da man sich auf die spielerische Klasse allein nicht mehr verlassen kann, besonders bei einem Halbfinale gegen einen gleichwertigen Gegner. Da muss in die Waden gebissen werden, man muss sich auf dem Platz Respekt verschaffen, um den Gegner noch besser unter Druck zu bringen. All dies ließ unsere Mannschaft fast über das gesamte Spiel vermissen. Es wurde zwar gekämpft, besonders gegen Ende, aber es war zu wenig und zu spät. Auffällig war auch, dass der französische Schiedsrichter Lannoy vieles laufen lassen hat und mit Verwarnungen eher sparsam umging. Dies kam den Italienern zu Gute, da diese oft mit der offenen Sohle auf Bälle (und damit auch auf Spieler) gingen und sich so Respekt verschaffen konnten und viel störten. Dem hat sich kein Deutscher getraut etwas entgegenzusetzen. Schade, denn oft werden solche Partien eben über den Kampf entschieden. Genauso enttäuschend schaut man als Fan zu, wenn eigene Spieler zu lethargisch dem Gegner hinterher- oder entgegenlaufen. Dieser absolute Siegeswille fehlte der Deutschen Mannschaft gestern in Warschau, genauso wie er bereits in Wien und in Durban nicht zu erkennen war. Aber womit kann dies zusammenhängen?

Vor dem Spiel
„Deutschland hat noch nie ein Pflichtspiel gegen Italien gewonnen." Seitdem die Engländer erneut durch ein Elfmeterschießen aus dem Turnier geschieden sind und damit feststand, dass wir nach 2006 erneut den Italienern im Halbfinale begegnen, wurde dieser Satz auf jeder Pressekonferenz erwähnt, fand in jedem Artikel seinen angemessenen Platz - manchmal bereits in der Überschrift - und setzte sich vermutlich auch letztendlich in den Köpfen der Spieler fest. Dass bei einer dieser vergangen Niederlagen z.B. aus dem WM Finale 1982 keiner der Spieler aus dem aktuellen deutschen EM-Kader auf dem Platz standen (die meisten waren ja nicht einmal geboren!) ist solchen Statistiken und den Medien egal. Dass Löw dem entgegenwirken wollte und versucht hat dies als Motivation zu verwenden, indem er die Zeit als „reif gegen Italien zu gewinnen" bezeichnete, war natürlich richtig, nur hat Negativdenken meist einen größeren Effekt, besonders wenn man bereits mental angeknackste Spieler in den Reihen hat. Ich kann nicht verstehen, warum unsere Medien sich immer nur auf diese schlechten Fakten fixieren. Dazu muss man nicht immer alles rosig sehen und unsere Mannschaft stärker reden als sie ist, aber man muss ihr auch nicht immer einen Hieb verpassen, wenn ein leichter Klaps auf die Schulter eher mehr bewirken könnte. Mich hat es bereits vor dem WM-Halbfinale 2010 gegen Spanien genervt, dass das dominierende Thema eine Krake war. Ein „WM-Orakel"! Gehen den Journalisten eigentlich irgendwann die wirklich wichtigen Themen aus und man bedient sich dann, wo man nur kann, egal was dies für die Mannschaft bedeutet? Stichwort „self-fulfilling prophecy". Im Grunde unterscheiden sich Orakel nicht besonders von Statistiken, es sind alles Aussagen, die eigentlich nichts mit der bevorstehenden Sache zu tun haben, sich aber (wenn auch nur unterbewusst) in den Köpfen niederlassen und so eventuell das nötige bisschen an Willen mindern können. Gerade junge Spieler sehe ich da anfällig für solche Geschichten, aber auch Spieler, die bereits große oder viele Enttäuschungen erlebt haben, sei es vor zwei Jahren oder in der abgelaufenen Saison.

In England hat man die letzten Turniere immer von der Angst im Tor gesprochen und schließlich wurde man immer mit einem Patzer belohnt. Diesmal jedoch sprach man nur in höchsten Tönen von Hart und er erlaubte sich keinen Fauxpas. Natürlich ist Joe Hart ein anderes Kaliber als seine Vorgänger, aber dennoch darf spekuliert werden, was passiert wäre, hätten die englischen Medien ihre traditionelle Torwartsorge verkündet. Den mentalen Faktor hinter solchen Stories, die bereits seit Jahrzehnten auf der Insel die Runde machen, darf man nicht vernachlässigen. Ein Engländer, der die 40m vom Mittelkreis zum Elfmeterpunkt geht, hat viel mehr Druck als jemand, dessen Vergangenheit nicht ständig in die Gegenwart gezerrt wird. Genauso ist der Druck eines Keepers, von dem man bereits erwartet zu patzen, um ein vielfaches höher und dadurch entsteht der ein oder andere Fehler.


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Aufrufe: 1555 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 5 | Erstellt:29.06.2012
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