Die WM startete heute in den 2. Spieltag der Vorrunde und anders als gedacht, haben die Französinnen weniger Probleme in Gruppe A, als die deutschen Damen.

Das Kanada-Spiel falsch eingeschätzt.
War durch die Protagonisten, Verantwortungsträger und vor allem durch die Medien kolportiert worden, die Mannschaftsleistung im Spiel gegen die Kanadiarinnen wäre durch die aufgrund der großen Zuschauerzahlen hervorgerufene Nervösität beeinträchtigt worden, so muss man sich nach dem zweiten Spiel schlichtweg eingestehen, dass in allen Mannschaftsteilen Defizite zu Tage treten, die im allgemeinen Heim-WM-Hype bisher als eine sich selbst lösende Problematik angesehen wurden. Ruft man sich dieses erste Spiel noch einmal ins Gedächtnis, so ist hier das schwache Offensivspiel zu allererst zu nennen, das besonders an der fehlenden Geschwindigkeit in den Aktionen kränkelte. Im Passspiel fehlte neben der Präzision, schlichtweg das Tempo, um die Außen in Situationen für Dribblings zu bringen und dabei in Tornähe Gleichzahl oder Überzahl zu schaffen.

Die Tatsache, dass selten mal ein Pass auf die Außenbahn so gespielt wurde, dass dieses Tempo überhaupt aufgenommen werden konnte ließ die Angriffsbemühungen oftmals stottern. Stattdessen kamen diese Bälle in den Rücken der Außenbahnspielerinnen, die dadurch wertvolle Zeit für Ballan- und Mitnahme verschwendeten. Lobend an dieser Stelle möchte ich mich über Garefrekes und Okoyino Da Mbabi äußern, die beide ein gutes Länderspiel ablieferten, jedoch zahlreich durch Einzelaktionen für Gefahr sorgten und somit zwar das Spiel prägten, aber das Niveau des Zusammenspiels nicht anhoben. Viele Quer- und Rückpässe sorgten auch schon am ersten Spieltag für einen eher langweiligen Fußballabend, der - und da gebe ich den Experten dann doch recht - wohl nicht schlechter als ein schwaches Bundesliga Spiel zu überstehen war.

Einfache Mittel zerstören deutsches Spiel.
Gegen Nigera sollte dann ein 3:0 bzw 5:0 folgen, wenn man dem Moderatoren-Gespann der ARD glauben schenken wollte. Aufgrund des deutlichen Testspielsieges vor Jahresfrist kann man diese Einschätzung einfach mal unkommentiert stehen lassen und nicht - jetzt wo man es besser weiß - mahnend den Zeigefinger heben. Was jedoch nicht unausgesprochen bleiben darf, ist der Umstand, dass Nigeria mit 2 stupiden Mitteln das deutsche Spiel gehemmt hat. Dem haushohen Titelfavoriten wurde durch bissiges Zweikampfverhalten und teilweise auch durch zu selten reglementiertes überhartes Einsteigen (die Schiedsrichterin war die schlechteste Protagonisten auf dem Feld) der Schneid abgekauft und durch ständiges Anlaufen der deutschen Innenverteidigung die Ruhe geraubt, die sonst das Aufbauspiel der Neid-Elf prägt. Statt des gewohnten kurzen flachen Anspiels der Doppelsechs wurde unter Zeitdruck oftmals der hohe lange Ball gespielt, der jedoch oftmals im Mittelkreis an eine Nigerianerin ging.

Insgesamt muss man der DFB-11 attestieren zu einseitig zu agieren. Wo ist die taktische Variabilität oder gar die gelobte Tiefe im Kader? Wieso werden jeweils die gleichen 3 Einwechslungen vorgenommen, wo doch eine der Drei sichtbar derzeit keine Impulse geben kann und auch in der Startelf eine Spielerin definitiv zur Zeit nicht in der Lage ist dem deutschen Spiel einen Mehrwert zu verleihen.

Was nun Frau Neid?
Birgit Prinz durfte in beiden Spielen zeigen, dass sie eben doch noch zu den 11 Besten Deutschlands gehört und hat bewiesen, dass sie es - zumindest derzeit - nicht ist. Hier kann es von heute an keine zwei Meinungen mehr geben. Prinz gehört auf die Bank - auch wenn es bei der Vita hart ist. Es geht immerhin um eine Weltmeisterschaft. Gerade gegen die bisher starken Französinnen muss jetzt am kommenden Dienstag die beste 11 spielen.

Nachdem der Einsatz von Behringer, durch die in Spielminute 28 zugezogene Außenbandverletzung ziemlich fraglich scheint und Bajramaj auch bei diesem neuerlichen Kurzeinsatz keinen guten Eindruck oder zumindest gute Ansätze zeigte bleibt ein größeres Fragzeichen bezüglich der Anfangsformation für das abschließende Gruppenspiel.

Da die Bundestrainerin bisher nur 14 Spielerinnen das Vertrauen schenkte und Bajramaj, Behringer und Prinz aufgrund oben aufgeführter Punkte für die Startelf ausscheiden sollten, bleiben 11 Spielerinnen und ein 4-2-3-1 System, das bisher nicht wirklich die Stärken der deutschen Elf zum Vorschein bringen konnte.

Vielleicht sollte auch eine Systemumstellung zum klassischen 4-3-3 erwogen werden, dass zwar aufgrund der Zahlenkombination offensiver erscheint, doch mit 3 zentralen Mittelfeldspielerinnen mehr Stabilität bringen sollte und zudem mehr Anspielstationen für die Innenverteidiger bietet, denn auch Frankreich wird wohl auf das Anlaufen der Innenverteidiger setzen.

Die Doppelsechs würde in diesem Fall durch Garefrekes ergänzt, die aufgrund ihrer Zweikampfstärke defensiv funktionieren und durch ihren Offensivdrang auch im Spiel nach vorne konstruktiv agieren können sollte. Mit dem wohl eher defensiven Part für Kulig und Laudehr als Anteiberin und Ballverteilerin hätte man ein ausgewogenes Mittelfeld, das von den Wingern Okoyino Da Mbabi und Popp flankiert werden könnte. Mit Grings in vorderster Front bekämen die Beiden keine Target-Spielerin, sondern einen wendigen und wuseligen Spielerinnentypus zur Seite gestellt, mit denen sie zwischen allen drei Positionen rochieren könnten.

Grundlegend sei noch zu erwähnen, dass - abgesehen von einigen Ausnahmen (z.B. Laudehr) - im zweiten Spiel weniger Laufbereitschaft zu sehen war und explizit nach den ersten 15 starken deutschen Minuten der unbedingte Wille zum Ballgewinn fehlte. Hier gilt es psychologisch anzusetzen. Es geht gegen diese zusammengerückte Leistungsdichte im Frauenfußball nur in Kombination der deutschen Tugenden, sicherlich vorhandener fußballerischer Qualität und - woran es heute eklatant zu fehlen schien - Konzentration (auch in scheinbar mühelosen Spielsituationen).

Natürlich gibt es auch im Frauenfußball derzeit 82 Millionen Nationaltrainer und -Trainerinnen und ich kann Euch versichern: So schwarz sehe ich gar nicht. Nur jetzt(!) muss etwas passieren, denn das Leistungsniveau der bisherigen Darbietungen war nicht ansatzweise weltmeisterlich. Dabei ist das doch das große Ziel. Ich wollte einfach mal meine Überlegungen zum Besten geben und freue mich, Eure Eindrücke, Überlegungen zu Personal und Spielsystem und Feedback zu meinem Blog zu lesen.