Was mich jedoch am meisten stört ist der Anspruch der Ultra-Szene in die Vereinspolitik eingreifen zu wollen. Mit größter peinlicher Berührtheit habe ich seinerzeit die "Koan Neuer" Plakate registriert genau wie die Forderung nach einem "Verhaltenskodex" für den ehemaligen Schalker Torhüter. Genauso übel aufgestoßen sind mir die Verunglimpfungen gegen Uli Hoeneß im Zuge der Schuldenpolitik gegenüber den 60ern. Furchtbar geschämt habe ich mich, Plakate zu sehen, auf denen ein Mann, der den Verein seit Jahrzehnten lebt und liebt - was sage ich, der der Verein IST - als blauer Teufel dargestellt und als "Lügner" diffamiert wird. Hinzu kommt, dass aus der Szene ständig über den "modernen Fußball" geschimpft wird, der nurmehr den "Kommerz" kenne. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, so manchem Ultra wäre es lieber, wenn Fußball ohne Sponsoren, Logen, Merchandise und TV-Übertragungen stattfinden würde. Dabei scheinen sie zu vergessen, dass erst diese Kommerzialisierung dazu geführt hat, dass wir in top-modernen Fußballtempeln heute den besten Kickern dabei zusehen können, wie sie das Spiel, das wir so lieben fast bis zur Perfektion zelebrieren. Glaubt denn allen Ernstes jemand, dass ohne Gelder aus der Wirtschaft ein Franck Ribery, ein Mario Götze oder ein Arjen Robben zu finanzieren gewesen wären? Wie kann man sich denn darüber echauffieren, dass Fußball im Pay-TV übertragen wird, wenn es im Endeffekt diese Gelder sind, die die Arbeitsgrundlage für den eigenen Herzensclub darstellen? Wie sollen sonst Vereine ihre teuren Nachwuchscenter finanzieren? Wie sollen sonst die Tickets im Stadion bezahlbar bleiben? Der Rasen auf Golfplatz-Green-Qualität getrimmt? Wie sollen Jahr für Jahr neue Top-Spieler verpflichtet werden? Wie? Man träumt von einem Auszug der mietenden Münchener Löwen aus der Arena, aber wie sollte dieser Wunsch je wahr werden, ohne zusätzliche Einnahmen, die die ausfallende Millionenmiete kompensiert? Glaubt allen Ernstes irgendjemand, dass die historisch erfolgreiche Spielzeit 12/13 möglich gewesen wäre ohne die kommerziellen Möglichkeiten des Vereins auszuschöpfen?

Trotz all der Kritik, am modernen Fußball, dem Verein, der Kommerzialisierung und dem "Söldnertum" der Spieler kommt dieser harte Kern der Szene regelmäßig zu allen Heimspielen und begleitet den Verein selbst auf den beschwerlichsten Auswärtsfahrten nach Osteuropa oder in die Provinz. Sicherlich haben sie durch diese unermüdliche Hingabe, diese Leidenschaft für den Verein, verdient ernst genommen zu werden und sich in die Gestaltung der Fankurve miteinzubringen. Aber bei all ihren Verdiensten um Verein und Stimmung im Stadion dürfen sie auch nicht vergessen, dass sie nicht die Mehrheit der Bayernfans sind. Sie halten sich zwar für die qualitativsten Fans, aber sie sind nur ein paar hundert. Verschwindend wenige im Vergleich zur Stadionkapazität von 71.000 noch weniger verglichen mit den über 200.000 eingetragenen Vereinsmitgliedern und eigentlich nichts, wenn man von knapp 10 Millionen Fans in Deutschland ausgeht.

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