Ich hatte die glorreiche Idee über das Spiel um Platz 3 zu bloggen. Nichtsahnend, dass unsere junge Elf fantastischen Fußball spielen würde und letztlich an Spanien im Halbfinale scheitern würde. Diese Mannschaft hat begeistert und man hatte einfach das Gefühl, dass sie an diesem Tag einfach ihre Courage in der Kabine gelassen hatte. Zu tief gestanden, kein Kampf gegen einen fußballerisch überlegenen Gegner. Die Enttäuschung war groß, auch wenn Spanien sich diese Finalteilnahme mit 3 tollen Fußballjahren mehr als verdient hat.

Jetzt hält sich auch bei mir die Lust auf dieses Spiel in sehr sehr eng gesteckten Grenzen. Was können wir überhaupt erwarten von diesem Spiel?
Die Geschichte hat einige herausragende Spiele um den 3. Platz hervorgebracht. Gönnen wir uns doch mal ein paar Mut machende Fakten:

Bei der WM 1934, der Zweiten überhaupt wurde das Spiel um Platz 3 zum ersten Mal ausgetragen und auch damals waren wir mit von der Partie. Die Paarung hieß Österreich vs. Deutschland und anders als die heutigen Kräfteverhältnisse vermuten lassen waren unsere Nachbarn klarer Favorit, denn vor der WM hatte es binnen einem Jahr für sie in 2 Freundschaftspiele zwei Siege mit insgesamt 11:0 (5:0 und 6:0) Toren gegeben.

Der Favorit verlor überraschend mit 3:2, doch zu einem besonderen Spiel machte es die Entwicklung nach dem deutschen Tor zum 1:0:
Eine Regel für Trikots unterschiedlicher Farbe gab es damals noch nicht (wurde nach der WM 1934 eingeführt) und so kam es, dass beide Mannschaften in Weiß aufliefen. Nach dem Führungstreffer entschied der Schiedsrichter, dass eine Mannschaft das Trikot wechseln müsse und nachdem die Österreicher den Münzwurf verloren hatten, liehen sie sich rote Trikots vom ansässigen Fußballverein.

Spiele um Platz 3 haben einen ganz eigenen Charakter. Frei von vielen taktischen Zwängen und mit der Maxime sich positiv von der großen Bühne zu verabschieden entwickelten sich oftmals rasante Spiele mit vielen Toren. Nach den 5 Toren im kleinen Finale 1934 gab es vier Jahre später sogar 6 Tore (Brasilien vs. Schweden 4:2) zu sehen. 1942 und '46 machte die WM aufgrund der weltweiten Kriegshandlungen Pause und so kam es nach 2-maliger Umstellung der Turniermodi erst 1954 zum nächsten Spiel um Platz 3.

Einen Tag vor dem Endspiel wurde im Zürcher Hardturmstadion das Spiel um Platz drei ausgetragen. Dabei trafen der entthronte Weltmeister Uruguay und die Mannschaft Österreichs aufeinander. Die Österreicher wirkten insgesamt etwas frischer und motivierter als ihre südamerikanischen Konkurrenten, denen man den Kräfteverschleiß aus der Verlängerung ihres Halbfinalspiels gegen Ungarn noch anmerkte. So ging Österreich früh durch einen verwandelten Foulelfmeter in Führung. Der Ausgleich sechs Minuten später brachte Uruguay zurück ins Spiel. Zwei weitere Tore in der 2. Halbzeit bedeuteten den 3:1-Sieg und den 3. Platz für Österreich, den bislang größten Erfolg der Alpenrepublik bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Für Uruguay war dieses Spiel das Ende einer Ära. Nachdem ein Großteil der Spieler, die 1950 noch Weltmeister geworden waren, auch bei der WM-Endrunde 1954 noch zum Einsatz kamen, endete mit dem Turnier in der Schweiz für die meisten ihre internationale Karriere.

1958 sorgten Frankreich und Deutschland für das Torreichste Spiel um Platz 3 der Geschichte. Mit 3:6 (1:3) unterlag die deutsche Elf den Franzosen, die erstmals ein Halbfinale erreichen konnten. Dem Spiel um Platz 3 ging im Halbfinale die 'Schlacht von Göteborg' voraus. Einpeitscher im Ullevi-Stadion animieren die Zuschauer zu 'Heja Sverige'-Rufen, die Atmosphäre ist aufgeheizt, Deutschland verliert erst Fritz Walter nach Foulspiel, dann Erich Juskowiak nach einem Revanchefoul an Kurt Hamrin und anschließend das Spiel mit neun Mann mit 1:3. 'Wir haben den Titel durch meine Schuld verloren', sagt Juskowiak weinend. DFB-Präsident Peco Bauwens ist außer sich über die Schweden: 'Nie mehr werden wir dieses Land betreten, nie mehr werden wir gegen Schweden spielen', sagt er im ersten Zorn und veranlasst nach dem Spiel um Platz 3 die vorzeitige Abreise. Deutschland schäumt vor Wut: In vielen Gaststätten wird nach dem Turnier die 'Schwedenplatte' von der Karte gestrichen. Im kleinen Finale spielt eine deutsche B-Elf aus Protest.

In den folgenden Jahren merkte man den kleinen Finalspielen an, dass die teilnehmenden Mannschaften mehr notwendiges Übel in dieser Art von Spiel sahen. Mit 9 Toren in 5 Spielen und einer Torquote von 1,8 pro Spiel ließen die Spiele '62 bis '78 deutlich Luft nach oben. In den vier Spielen um den 3. Platz zuvor waren es 24 Tore (Torquote: 6,0 pro Spiel). Eines dieser Tor armen Spiele dürfte dennoch interessant sein dieser Tage. Das 1:0 bei der WM 1970 in Mexiko der deutschen Elf über Uruguay:

Gegen England das Viertelfinale nach Verlängerung mit 3:2 gewonnen, dann gegen Italien das 'Jahrhundertspiel' im Halbfinale nach Verlängerung mit 3:4 verloren - was sollte da noch kommen? In der Hitze von Mexiko rafft sich die deutsche Mannschaft nach den größten Spielen der DFB-Geschichte noch einmal auf und gewinnt durch einen Treffer von Wolfgang Overath.

1982 bis 2006 fallen wieder deutlich mehr Tore - 4,3 im Schnitt (30 in 7 Spielen). Erwähnenswert ist das 4:0 der Schweden gegen Bulgarien 1994. Die Bulgaren bedeuteten für die deutsche Mannschaft im Viertelfinale Endstation. Diese mussten sich im Halbfinale den Italienern geschlagen geben und räumten nach der hohen Niederlage gegen Schweden ein, ihr gutes Abschneiden bei dieser WM schon zu ausgiebig gefeiert zu haben und deshalb nicht topfit für das Spiel um Platz 3 gewesen zu sein. Es wurde auch gemunkelt, dass Christo Stoichkov Torschützenkönig werden und er unbedingt ein weiteres Tor schiessen sollte, und somit Torchancen für andere Spieler ausgelassen wurden.


Christo Stoichkov

Was Stoichkov verwehrt blieb ist anderen gelungen. 1966 machte Eusebio sein 9 Tor im Spiel um Platz 3 gegen die Sowjetunion und wurde Torschützenkönig. Er wäre jedoch auch mit 8 Treffern siegreich gewesen. 1974 legte Grzegorz Lato lieber noch eins nach und fasste sich 30 Meter vorm brasilianischen Tor ein Herz, umkurvte die gegnerischen Verteidiger und schoss den 1:0 Siegtreffer, da er befürchtete Neeskens (NED) oder Müller (GER) könnten ihn im Finale noch abfangen..

Salvatore Schillaci sicherte sich 1990 in letzter Sekunde durch seinen Foulelfmeter zum 2:1 gegen England die Torjägerkanone.

Dies kann Miroslav Klose heute auch tun. Zugleich kann er sogar Rekord-WM-Torschütze werden. Es wäre eine weitere Geschichte der Spiele um Platz 3.


2014 greifen wir wieder an