Durch euch ermuntert, möchte ich auch ein kleines Stück aus meiner Jugendzeit hier preisgeben. Ich würde es in der Schublade, Dinge die die Welt nicht braucht verstauen. Zwar stellt es eher für mich ein dunkles Kapitel meiner pubertierenden Zeit dar, aber ich steh dazu.

Damals …

kam mein damaliger Torwart-Trainer, wie er heute immer noch felsenfest behauptet, auf eine grandiose Idee. Erwähnen sollte man jedoch noch, dass seine Trainingsmethoden, Ideen und Vorschläge immer meine vollste Zustimmung hatten.
Nach dem ersten Training der Saisonvorbereitung, trat er mit einem verlockenden Angebot auf mich zu. Ich müsste nur, ohne zu wissen was dafür erbracht werden sollte, dem Angebot zustimmen. Als Gegenleistung für meine Zustimmung erhielt ich quasi einen Persil-Schein, jedem Konditions- bzw. Ausdauertraining fernbleiben zu dürfen.

Ihr könnt euch gar nicht vorstellen was in diesem Moment in mir vorging. Weihnachten, Ostern und sämtliche Geburtstage an einem Tag. Die Sinne waren benebelt wie nach einem Cafebesuch in Amsterdam, übersah ich doch leider die schadenfrohe Blicke des gesamten Betreuerstabs.
Was sagte ich also in jugendlichem Leichtsinn: " Ich bin dabei. Da wäre ich ja selten dämlich dem nicht zuzustimmen!"

Nachdem die Euphorie abgeklungen, die Synapsen im Großhirn wieder Sauerstoff zugeführt bekamen und ich in die Gesichter ( selbst der Teufel hat schönere Fratzen ) meiner Trainer blickte, wurde mir es doch ein wenig mulmig zumute. Auf was hast du dich da eingelassen, ging es mir nur durch den Kopf. Was haben die sich für dich ausgedacht? Ich ging eine Möglichkeit nach der anderen durch, aber als einzigste fiel mir die Stepp-Aerobic-Gruppe des Vereins ein.

Währenddessen wurde ich sanft, dennoch bestimmt in die Richtung der freien Kabinen geführt, wo sich die Büchse der Pandora öffnen sollte. Nachdem sichergestellt war, das keine unerwünschten Zuhörer lauschen konnte, wurde mir mitgeteilt, zu was ich mein Einverständnis gegeben hatte. Im Nachhinein war ich dankbar dafür.

BALLETTUNTERRICHT

Ballet, was ist das den für ein Unsinn. Ach du lieber Gott, was hast du dir eingebrockt. Die Tragweite meiner Entscheidung wurde mir schlagartig klar und das Grinsen im Gesicht meiner Trainer wurde von mal zu mal breiter. Sie sicherten mir aber zu, dass niemand, wirklich keine Menschenseele davon Wind bekommen würde. Schließlich seien sie keine Unmenschen.

Mit einem Hals, vom Umfang her, als hätte ich grade ein Kürbis im Ganzen geschluckt ging ich erstmal duschen. Mir würden zu späterer Zeit die Einzelheiten in Gänze erklärt und besprochen. Eigentlich wollte ich mich nach dem Duschen irgendwie aus dem Staube machen, hatte aber immer die Worte meines Vaters im Ohr, Versprechen müssten eingehalten werden. Konnte man in diesem fall nicht mal eine Ausnahme machen? Würde nicht der Vater einmal auf der Seite seines ach so geliebten Sohnes stehen?
Da ich all diese Fragen gleich in meinem Unterbewusstsein mit NEIN beantworten konnte, ging ich mit gesenktem Haupt in die Vereinswirtschaft.

3x die Woche während der Vorbereitung und einmal die Woche während der normalen Trainingswoche war also Bewegungstherapie angesagt. Ort, Datum und Uhrzeit wurden mir mitgeteilt, an dem ich das erste Mal im Leben Ballet-unterricht erhalten sollte. Schneller als gedacht rückte der Tag der Schmach näher. Auf dem Weg schaute ich verstohlen in alle Richtungen, dass niemand mir gefolgt war, der es den andern hätte auf die Nase binden können.
Als ich die Schule betrat rutschte das Herz nicht in die Hose, nein es ging noch tiefer. Mich empfing die Schwester eines Spielers aus der II. Mannschaft, so war also, wie sich später herausstellte die Idee geboren worden. Und da SIE der einzige Punkt in meinem damaligen Lebensabschnitt war, der nichts mit Fußball zu tun hatte, machte die Situation noch unerträglicher.

Sie versicherte und beteuerte mir aufs allerliebste, das keiner was mitbekommen würde. Wenigstens ein Lichtblick also. Ich machte sie vor Beginn unserer ersten Übung also darauf aufmerksam, das ich der geborene, talentierteste Bewegungslegastheniker der Welt sei, was noch geschmeichelt sein dürfte. Zu Ende der ersten Stunde versicherte sie mir jedoch sehr liebe- und rücksichtsvoll das ich doch kein hoffnungsloser Fall sei und das es von Stunde zu Stunde besser werden würde.

Es kam wie es aber kommen musste. Den Trainern gingen langsam die Ausreden zwecks meiner all-dienstäglichen Abwesenheiten und des Fernbleibens an Ausdauerläufen aus, so das Gerüchte und Vermutungen so langsam die Runde machten. Als dann noch der Bruder mich während eine Trainings der Herrenmannschaft, zu dem ab und zu Jugendspieler zum Reinschnuppern teilnahmen fragte, was den mein Spezial-Training machen würde, fing die Mauer der Geheimniskrämerei zu bröckeln an.

Als ich an diesem Abend nach Hause kam, wartete mein Vater schon im Wohnzimmer auf mich. Sein süffisantes Grinsen stachelte meine Aggressionen noch zusätzlich an, so das ich mich so was von zusammen nehmen musste, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Er aber grinste weiter, nahm 2 Flaschen kühlen Gerstensaftes aus dem Kühlschrank und offenbarte mir, wie ich in dieser Sache mich verhalten könnte. Junge, du hast zwei Möglichkeiten, die erste ist das du dich der Sache stellst und dazustehest oder Auswandern. In diesem Moment brach es aus ihm heraus. Lachkrampf !!! Bei uns beiden

Also schmiedeten ich und mein Vater einen Plan, wie ich noch mit erhobenem Haupt aus der Sache rauskommen sollte. Am nächsten ging es also in die Berufsschule, wo man schon auf mich gewartet hatte. Es wurde der Spießrutenlauf der mich schon in der Nacht in meinen Alpträumen verfolgte. Aber denen sollte das Lachen und Gespött noch im Halse stecken bleiben.
Am Abend war dann Training angesagt. Meine Trainerin wartete schon auf mich als ich unsere Vereinsgelände betrat und händigte mir mein neues Trainingskleidungsstück aus. Als letzter betrat ich die Umkleide und verlies diese auch als letzter, mit angezogenem Tutu. Es brach heilloses Chaos aus, das einige Kameraden sich vor Lachen nicht mehr auf den Beinen halten konnten. Auch meine Trainer wieherten was das Zeug hielt. Mit grimmigen Gesicht und einer gehörigen Portion Wut und Scham im Bauch begann ich mein Warmach-programm. Das Lachen hielt jedoch an und zu allem Überfluss wurden auch noch die Altvorderen des Vereins durch das Lachen aus der Wirtschaft gelockt um sich dieses Schauspiel ja nicht entgehen zu lassen.
Das Lachen wurde aber dennoch im Keim erstickt, als meine Spezial-Trainerin mich zu sich rief, mir einen Kuss aufdrückte und sagte, so das alle es ja auch mitbekämen, das sie bis später auf mich warten würde, bis ich nach Hause kam. Nun war ich es der bis über beide Ohren grinste und mit seinem Tutu wie ein stolzer Gockel über den Hartplatz trabte.

Das Balletttraining hat zwar alles in allem nichts genützt, doch war ich um eine Lebenserfahrung reicher.

Euer Mauli