Keiner hatte die Spielvereinigung in der Saison 2011/12 auf der Rechnung. Ein bekannter Ex-Profi, Heiko Herrlich, als Trainer und viele unbekannte Gesichter prägten das Gesicht von Haching. Geld war überhaupt keins da. Die Rot-Blauen legten allerdings furios los, fuhren Kantersiege ein und hielten sich lange in den oberen Tabellenregionen. Zu Beginn der Rückrunde geriet die junge Mannschaft in ein Loch, und die Abstiegsränge kamen näher und näher. Letztendlich erreichte das Team den 15.Tabellenplatz und holte ordentliche 44 Punkte. Auffallend war der attraktive und offensive Spielstil, den Herrlich seinen Mannen verordnete. Bei Hachings Spielen fielen die meisten Tore (3,2 pro Spiel) und die Vororttruppe erzielte die meisten Treffer (63 an der Zahl).

Der starke Mann in Haching

Eigentlich ist für diese Rubrik ja der Trainer vorgesehen, aber an dieser Stelle muß ein anderer Mann erwähnt werden: Manfred „Manni" Schwabl, Ex-Profi bei Bayern München, Nürnberg und 1860 München, sowie sportlicher Leiter und Präsident. Schwabl, dessen Sohn Markus in der 1.Mannschaft spielt, übernahm vor einigen Jahren die Verantwortung für die Jugendarbeit. Letzte Saison schon stärker eingebunden in die Belange der Profimannschaft, löst er nun den bisherigen Präsidenten Engelbert Kupka nach fast 40 Jahren Amtszeit ab. Schwabl ist heimlich, still und leise aber doch sehr schnell zum starken Mann und zur prägenden Figur in Unterhaching geworden. Zweifellos liegt das an seiner Kompetenz und seiner großen Erfahrung im Profigeschäft, andererseits ist es ein Glücksfall für Haching, daß so einer sich überhaupt für den Klub interessiert.
Schwabl war auch entscheidend an der Beförderung von Manuel Baum (ehemaliger Bayernligaspieler mit viel Co- und Torwarttrainererfahrung in Oberbayern) zum Teamchef sowie der Verpflichtung von Neu-Trainer Claus Schromm beteiligt. Schromm, Nachfolger von Herrlich (verließ Haching aus persönlichen Gründen) paßt ideal in das Hachinger Konzept. Der langjährige U-19 Trainer der Löwen war zuletzt in der Bayernliga als Trainer tätig. Er ist billig, loyal, kann gut mit jungen Spielern und ist extrem gut vernetzt in den hohen bayerischen Amateurklassen.

Das Geld fehlt vorn und hinten bei der Spielvereinigung, da hilft auch kein türkischer Vizepräsident mit angeblich super Kontakten in die Sponsorenwelt und angebliche Gespräche mit finanzstarken Investoren. Dementsprechend verließen mit Amachaibou, Avdic, Hefele, Thiel und Ziegler fünf wichtige Spieler mit Stammplatzanspruch den Verein, meist zu Ligakonkurrenten. Zudem kehrt Korbinian Vollmann nach seiner Ausleihe zu 1860 München zurück. Im Austausch kommen dafür die Junglöwen Hofstetter und Kappelmaier, denen bei 1860 der Sprung nicht zugetraut wird. Als dritter Neuzugang konnte Dominik Rohracker verpflichtet werden, der beim SV Sandhausen nicht über den Status eines Ergänzungsspielers hinaus kam. Nicht außer Acht zu lassen ist allerdings die Rückkehr von Kapitän Jonas Hummels, der nahezu die komplette letzte Saisons wegen einer schweren Knieverletzung verpasste. Zudem sind mit den Stürmern Manuel Fischer (ehemals Stuttgart II, Bayern München II) und Nsereko (ehemals Florenz, West Ham und 1860 München) zwei Spieler im Probetraining bei den Rot-Blauen. Die anfängliche Skepsis, vor allem gegenüber Nsereko, scheint verflogen zu sein. Die Chancen stehen gut, daß beide einen Vertrag bekommen und im zukünftigen Kader stehen werden




Prognose
Haching fährt ein mittelfristiges Konzept, welches auf zwei Säulen fußt. Zum einen auf der sehr guten, von Manni Schwabl vorangetriebenen, Jugendarbeit. Vor allem die letztjährige A-Jugend (‘93 und ’94), die in der Bundesliga Süd souverän die Klasse hielt, soll die Profimannschaft quantitativ und qualitativ verstärken. Zum anderen auf die guten Kontakte in die bayerischen Amateurklassen. Trainer Schromm und Teamchef Baum kennen die meisten Vereine und viele Spieler aus der neuen Regionalliga Bayern sowie aus den neuen Bayernligen aus dem ff. In Zukunft dürften noch einige Überraschungscoups à la Florian Niederlechner zu erwarten sein. Der bullige Stürmer aus der bairischen Provinz hatte zuvor nur Fünftligaerfahrung, avancierte aber in der vergangenen Saison mit 8 Toren zu einem der Leistungsträger.
Kurzfristig gesehen kann das Ziel nur der Klassenerhalt sein. Abermals hat Haching viele Abgänge zu verkraften und geht mit einer sehr jungen Mannschaft in die Saison. Geld für ein eventuelles Nachrüsten ist nicht vorhanden. Sportlich (als Messlatte) und finanziell (als Zuschauermagnet) unterstützen auch die beiden Münchner Profiklubs 1860 und Bayern München die Spielvereinigung. Bei einem Testspiel gegen die Löwen vor knapp 3.000 Zuschauern ließen die Hachinger aufhorchen und siegten 2:1. Am 10.Juli kommt die Mannschaft von der Säbener Straße nach Haching. Vielleicht gelingt den Rot-Blauen wieder eine kleine Überraschung, 5.000 Zuschauer werden erwartet.

Haching wird in der Saison 2012/13 eine absolute Wundertüte sein. Bereits letzte Saison wurde deutlich, daß die Mannschaft vor allem dann erfolgreich war, wenn sie befreit aufspielen konnte. Unter Druck stehend, geriet man meist unter die Räder. Ein neuer Trainer, der noch nie auf Profiniveau gearbeitet hat, eine rundumerneuerte Mannschaft - vor allem der Start in die Saison wird entscheidend sein. Gelingt dieser, so ist der Klassenerhalt möglich. Ein Fehlstart ist wohl gleichbedeutend mit dem Abstieg in die Regionalliga. Im Großen und Ganzen wäre Haching aber auch für diesen Fall gut gerüstet, dank dem Konzept von Manni Schwabl und seinen Weggefährten Schromm und Baum. Bleibt nur zu hoffen, daß das in meinen Augen sehr sympathische Konzept der Hachinger auch von der Region gewürdigt wird. Ein Zuschauerschnitt von 1.600 (Saison 2011/12) liegt unter manchem Jahr aus den späten 80ern, als die Hachinger noch in der Bayernliga aktiv waren. Aber vielleicht ist 3.Liga mit Spielern aus der Region nicht mehr sexy genug in Zeiten von Championsleaguefinal- / und EM-Public Viewing. Mit 70.000 anderen im Olympiastadion zu München einer Mannschaft zuzujubeln, die einen gar nicht hören kann, ist für viele wohl attraktiver, als ehrlichen Fußball in der 3.Liga zu sehen. Wie eben in Haching, wo der Spieler noch dankend den Daumen hebt, wenn der Zuschauer „Hintermann" schreit.

geschrieben von löwengraetscher85