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NFL @ SPOX


Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
Von: Chris_93
03.09.2021 | 2288 Aufrufe | 1 Kommentare | 1 Bewertungen Ø 10.0
Ein Blick auf die neue Saison
Season Preview: Kansas City Chiefs
Aller guten Dinge sind drei - gelingt die dritte Super-Bowl Teilnahme in Folge?

Rückblick

"Auf der Flucht" - so lautet der Titel eines Filmklassikers aus dem Jahr 1993 mit Harrison Ford und Tommy Lee Jones in den Hauptrollen, in dem Ford als geflohener Sträfling quasi über die gesamte Spielfilmdauer von Jones verfolgt und unter Druck gesetzt wird. So könnte aber auch die Zusammenfassung des letzten Super Bowls aus Sicht der Chiefs lauten, mit Patrick Mahomes statt Harrison Ford in der Hauptrolle, der von der Defensive Line Tampa Bays über das gesamte Spiel unter ähnlichen Druck gesetzt wurde. Anders als der Film endet der Super Bowl jedoch nicht mit einem Happy End, stattdessen setzte es die höchste Niederlage, seitdem Mahomes Anfang 2018 das Zepter in Kansas City von Alex Smith übernommen hat - ausgerechnet im wichtigsten Spiel der Saison. Es dürfte niemanden überraschen, dass diese Niederlage nicht ohne Folgen bleiben sollte und die diesjährige Offseason maßgeblich beeinflusst hat. Noch unter den Eindrücken des verlorenen Super-Bowls machte sich das Front Office ans Werk, mit nur einem Ziel vor Augen:

Beschütze deinen Franchise-Quarterback!

Offseason & Free-Agency

Wie viele andere Teams lagen auch die Chiefs vor Beginn des neuen Ligajahres über dem coronabedingt geringeren Salary-Cap von 182,5 Millionen. GM Brett Veach standen somit schwierige Entscheidungen bevor, um die rund 18 Millionen Dollar, die man über dem Cap lag, einzusparen. Als Erstes traf es am 11. März zwei langjährige Säulen der Offensive Line, auf die sich Mahomes seit seinem ersten Snap in der NFL stets verlassen konnte - LT Eric Fisher und RT Mitch Schwartz. Beide hatten großen Anteil, die Lombardy-Trophy nach 50 Jahren zurück nach Kansas City zu bringen - Danke, Big Fellas! Ihre Entlassungen brachten Einsparungen in Höhe von rund 18 Millionen, womit man auf einen Schlag wieder nahe an der zulässigen Cap-Grenze lag. Kurz darauf konnten durch die Umwandlung der Roster Boni von Mahomes, Kelce und Jones in Signing Boni sowie anderen Maßnahmen weitere 30 Millionen frei gemacht werden, womit der Spielraum für Verpflichtungen in der Free-Agency geschaffen war.

Zunächst die wichtigsten Kaderveränderungen im Überblick:

Abgänge Defense:

- Tanoh Kpassagnon, DE, Saints

- Bashaud Breeland, CB, Vikings

- Damien Wilson, LB, Jaguars

Zugänge Defense:

- Jarran Reed, DT, Seahawks

- Mike Hughes, CB, Vikings (per Trade)

Abgänge Offense:

- Eric Fisher, LT, Colts

- Mitch Schwartz, RT

- Kelechi Osemele, G

- Austin Reiter, C

- Sammy Watkins, WR, Ravens

- Damien Williams, RB, Bears

Zugänge Offense:

- Orlando Brown, T, Ravens (per Trade)

- Joe Thuney, G, Patriots

- Kyle Long, G, Out of retirement

- Austin Blythe, C, Rams

- Blake Bell, TE, Cowboys

- Michael Burton, FB, Saints

Ein Teil davon wurde umgehend investiert - wenig überraschend in die O-Line. Bei Patriots Guard Joe Thuney machte man gleich zu Beginn Nägel mit Köpfen und stattete ihn mit einem 5-Jahresvertrag im Wert von 80 Millionen Dollar aus, 48 davon garantiert. Da aufgrund der Vertragsstruktur die Cap-Belastung diese Saison nur 4,5 Millionen beträgt, wäre noch ausreichend Platz für weitere Verpflichtungen gewesen. Allerdings zog man im Wettbieten um Tackle Trent Williams den Kürzeren, der sich stattdessen für weitere 6 Jahre in San Francisco entschied. Neben Verstärkungen für die Line stand auch die Position Receiver nach dem Abgang von Sammy Watkins oben auf der Prioritäten-Liste. Ziel waren dabei nicht die großen Fische, aber auch die kleinen wie Juju Smith-Schuster oder Josh Reynolds bissen nicht an. Daher wurden die Verträge von Demarcus Robinson und Byron Pringle um je ein weiters Jahr verlängert.

Nachdem die erste große Welle Ende März vorüber war, gelang zudem noch ein unerwartetes Schnäppchen - DT Jarran Reed kam etwas überraschend auf den Markt, nachdem er sich mit den Seahawks nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnte, woraufhin er entlassen wurde. Er unterschrieb für ein Jahr und 7 Millionen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Neuaufbau der O-Line bereits konkrete Züge angenommen, neben Thuney wurden außerdem Guard Kyle Long und Center Austin Blythe verpflichtet. Ein für den Neuaufbau elementares Puzzleteil fehlte jedoch nach wie vor - ein Tackle mit Starterpotential. Während der April ins Land zog und der Draft immer näher rückte, beschäftigte ich mich in Vorbereitung auf den Spox User Mock Draft intensiv mit den Tackle-Prospects dieses Jahrgangs - fest entschlossen, früh einen Tackle auszuwählen. Bis am 23. April ein Tweet von Adam Schefter die Runde machte:

"Kansas City is trading its first-round pick Thursday night ... to the Baltimore Ravens in exchange for Pro Bowl OT Orlando Brown ..." - und da war es, das fehlende Puzzleteil.

Hinsichtlich Vertragsverlängerungen hielten sich die Chiefs dieses Jahr im Vergleich zum letzten Jahr generell zurück, als die Verträge der Leistungsträger Mahomes, Kelce und Jones langfristig verlängert wurden. Aktuell laufen lediglich die Verhandlungen mit Tyrann Mathieu, dem neben Jones wichtigsten Spieler der Defense, dessen Vertrag nach der kommenden Spielzeit endet. Obwohl beide Seiten die Einigung wollen, dauern die Gespräche seit März an. Dennoch nahm er, trotz ungeklärter Vertragssituation, an allen Teamaktivitäten während der Offseason teil, was in seiner Situation in der heutigen Zeit alles andere als selbstverständlich ist. Er ließ in dieser Hinsicht keine Unruhe aufkommen und setzte die Chiefs nie öffentlich unter Druck - das zeigt seinen Wert als Führungsspieler. So kann man sich aktuell nur zurücklehnen und auf die Verkündung der Einigung warten, die eine Frage der Zeit zu sein scheint.

Draft

Runde 2, Pick 58 : Nick Bolton, LB, Missouri

Runde 2, Pick 63 : Creed Humphrey, C, Oklahoma

Runde 4, Pick 144: Joshua Kaindoh, DE, Florida State

Runde 5, Pick 162: Noah Gray, TE, Duke

Runde 5, Pick 181: Cornell Powell, WR, Clemson

Runde 6, Pick 226: Trey Smith, G, Tennessee

Ohne Erst- und Drittrundenpick, dafür mit einem neuen Left Tackle gingen die Chiefs in den Draft - und machten das beste aus ihren Möglichkeiten. Für die Draftklasse gab es durch die Bank gute Bewertungen von den Experten, was zwar nicht viel heißt, aber ein gutes Zeichen sein könnte. Nick Bolton erfüllt genau die Anforderungen, die DC Spagnuolo an einen Linebacker in seinem System stellt.

Creed Humphrey ist direkt der beste Center im Team und wird sofort starten, wodurch Joe Thuney auf seiner Stammposition Left Guard bleiben wird. Dies gibt der neuen O-Line direkt eine gewisse Grundstabilität. Joshua Kaindoh ist noch relativ roh, bringt aber viel Potential mit. Aufgrund der dünnen Besetzung gerade auf den Edge-Positionen könnte er früher als gedacht in die Rotation rutschen und das Feld sehen. In Noah Gray hat man nach Jahren quasi ohne zweiten Tight End endlich jemanden gefunden, der sich im Schatten von Superstar Travis Kelce zu einer verlässlichen Option entwickeln und der Offense wieder mehr Sets mit zwei Tight Ends ermöglichen kann.

Cornell Powell und Trey Smith galten beide als Day 2/3 Picks. Powell wird in einem Receiver-Room ohne echte Nr. 2 hinter Hill seine Chancen erhalten und muss das maximale daraus machen, da Receiver-Rookies bei Reid in der Regel nur ausgewählte Snaps spielen. Der letzte Pick ist der, der mir persönlich am besten gefällt. Trey Smith startete über 40 Spiele für Tennessee, sowohl als Guard als auch Tackle, bei denen er mitunter beeindruckendes Tape produzierte. Jedoch wurden 2018 bei ihm wiederholt Blutgerinnsel in der Lunge festgestellt, weshalb er wohl bis in die 6. Runde fiel. 2019 kehrte er nach überstandener Krankheit auf das Football-Feld zurück und verpasste seitdem kein Spiel mehr. Nach Rücksprache mit den Ärzten entschlossen sich die Chiefs, das Risiko einzugehen, womit sie einen der Steals des Drafts gelandet haben könnten.

Coaching Staff

Kontinuität ist hier das Zauberwort, es gibt zum dritten Mal in Folge keine Veränderungen. Chef ist und bleibt Offensive-Mastermind Andy "Big Red" Reid, der damit in seine neunte Saison geht. Seitdem prägt er die wohl erfolgreichste Ära der Franchise-Geschichte, in den letzten drei Jahren ging es stets bis zum AFC Championship Game bzw. Super Bowl. Dabei immer an seiner Seite stand Offensive Coordinator Eric Bieniemy. Er galt als Favorit bei quasi jedem vakanten Head Coach Posten in den vergangenen Offseasons, geklappt hat es aus den unterschiedlichsten Gründen bisher allerdings bei keinem. Auch diesmal nicht, trotz Interviews für jeden der sieben offenen Posten. Über die Gründe kann man nur spekulieren, manche sagen er hätte zu geringen Einfluss auf die Offense der Chiefs, andere sagen, er war schlicht in den Interviews wenig überzeugend. Um die anderen beiden Coordinatoren ist es dagegen deutlich ruhiger, ihr Verbleib stand außer Frage. Steve Spagnuolo hat seit seinem Amtsantritt die Defense wieder auf Vordermann gebracht und eine gute Einheit geformt, die im Schatten der Offense ihren Teil zum Erfolg beiträgt. Der letzte im Bund ist Special Teams Coordinator Dave Toub, der 2013 mit Reid kam und seitdem aus jährlich wechselnden Spielern verlässliche Special Teams formt.

Offense

Grundlage 2021: West Coast/Air Raid Hybrid mit einem Power Run Game

"Kaum ein Team versteht es besser, seinen Quarterbacks "leichte" und offene Würfe anzubieten, und so dessen Ausnahme-Qualitäten außerhalb der Struktur als "Kirsche auf der Sahne" und nicht als kritischen Bestandteil der Offense einzugliedern. Fast 40 Prozent aller Pässe von Mahomes waren laut PFF entweder Screens oder kamen via Play Action. Kansas City hat über die letzten Jahre konstant an seinem Hybrid aus der West Coast Offense - welche immer Andy Reids Prägung war und welche man dementsprechend auch in seiner Herangehensweise wiederfindet - und Elementen der Air Raid und generell von Spread-Offenses gearbeitet. Die Chiefs nutzen etwa Run Pass Options und Jet Sweeps intensiv, außerdem isolieren sie gerne Tight End Travis Kelce auf einer Seite der Formation in 3x1 Sets, mehr als jedes andere Team. Daraus attackiert Kansas City auch gerne den mitteltiefen und den tiefen Bereich im Zentrum des Feldes. All das stresst Defenses in mehreren Bereichen und kreiert Räume. Die Investments in die Offensive Line, insbesondere in Joe Thuney und Orlando Brown, könnten ein Hinweis darauf sein, dass die Chiefs im Run Game eine klarere Identität in mehr Power-Konzepten finden wollen."

*Dieser Absatz stammt ursprünglich aus einem Artikel von @Adrian Franke und wurde für diese Preview übernommen*

Quarterbacks

Als ich 2016 zum ersten Mal die Season-Preview schrieb hätte ich nie erwartet, jemals folgenden Satz zu schreiben: Die Chiefs haben den besten Quarterback der Liga. In seinen drei Jahren als Starter führte Mahomes das Team aus Missouri zu einem 38-8 Regular-Season und 6-2 Playoff Record und ist über diesen Zeitraum der von PFF höchstbewertete QB der Liga. Aber auch der Beste ist nicht perfekt, so erschwert er seiner O-Line immer mal wieder das Leben, indem er sich in der Pocket zu weit zurückfallen lässt. Zudem hatte er letztes Jahr die drittmeisten "turnover-worthy plays" der Liga mit 23, gleichzeitig aber auch die zweitmeisten "big-time throws" (50). Aber genug an dieser Stelle zu Mahomes, denn sein Backup Chad Henne sorgte im AFC Divisional Game gegen die Browns für die emotionalste Play-Sequenz der Saison, als das Spiel aufgrund der Verletzung von Mahomes auf Messers Schneide stand. Ton an und genießen:

https://www.youtube.com/watch?v=cLQ5tqIf1TE&ab_channel=HighlightHeaven

Das Ansehen zaubert mir immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht. Auch diese Saison wird Henne als Backup in die Saison gehen, jederzeit zu Heldentaten bereit.

Running Backs

Die Euphorie war riesig, als Clyde Edwards-Helaire letztes Jahr in der ersten Runde gedraftet wurde, da er wie gemacht für das System schien - viele erwarteten, dass er direkt große Zahlen auflegen würde. Gemessen an den Erwartungen war seine erste Saison jedoch eine Enttäuschung, da er unter anderem die prognostizierte größere Rolle im Passing Game nicht einnahm. Realistisch betrachtet war es eine solide Saison, mit noch viel Luft nach oben in seinem zweiten Jahr. Profitieren könnte er dabei von der Umstellung auf ein Power Run-Game inklusive einer neuen O-Line. Zudem lassen die Aussagen im Training-Camp auf eine stärkere Rolle im Passspiel schließen. Allerdings bestätigt das erneut die These, einen RB nicht früh zu draften. Bei 3. Downs wird er aller Voraussicht nach die Snaps mit Darrel Williams teilen, der bereits letztes Jahr bei diesen Downs meistens auf dem Platz stand und CEH während seiner Verletzung ersetzte. Das Trio wird von Jerrick McKinnon komplettiert, der in Camp und Preseason sowohl im Running- als auch Receiving-Game überzeugte und trotz seiner schweren Verletzung einen dynamischen Eindruck hinterlassen hat. Es wird spannend, wie er in die Offense eingebunden wird.

Wide Receiver

Mit Tyreek Hill steht einer der besten Receiver sowie das beste Deep Threat der Liga an der Spitze der Gruppe, er ist die unangefochtene Nummer 1. Über den Zeitraum, in dem er in der Liga ist (seit 2016), ist er in jeder wichtigen PFF-Receiver Kategorie in den Top 10. Dahinter gibt es nach dem Abgang von Sammy Watkins ein Fragezeichen. Der Abgang von Watkins an sich spielt dabei jedoch keine so große Rolle wie manche vielleicht denken, da er in seinen drei Jahren knapp 1/3-Drittel der Spiele verletzungsbedingt verpasste und man dadurch Erfahrung hat, ihn zu ersetzen. Dennoch hatte er ohne Frage einen Einfluss auf die Offense und war ein wichtiger Bestandteil während des Super-Bowl Runs. Eine klare Nummer 2 wird es in der Form wohl nicht geben, dem am nächsten dürfte Mecole Hardmann kommen. Der ehemalige Zweitrundenpick blieb erneut hinter den Erwartungen zurück und konnte nicht den erhofften nächsten Schritt machen. Während der Offseason hat er intensiv an seinem Route Running und der Abstimmung mit Mahomes gearbeitet, was die größten Kritikpunkte waren - ob mit Erfolg, wird sich zeigen. Dahinter gab es bis zum Schluss einen harten Kampf um die verbliebenen Plätze, letztlich erwartungsgemäß durchsetzen konnten sich Demarcus Robinson, der vergangene Saison bei 65% der Snaps auf dem Platz stand, Byron Pringle sowie Markus Kemp aufgrund einer starken Vorbereitung und dem Special Team Value. Den letzten Platz erhielt etwas überraschend Daurice Fountain statt Rookie Cornell Powell, der in der Offseason enttäuschte und deshalb vorerst im Practice Squad gelandet ist.

Tight Ends

Zusammen mit Hill bildet Travis Kelce eines der besten Pass-Catching Tandems der Liga, zusammen waren sie letztes Jahr für rund 55% der erzielten Receiving Yards verantwortlich. Mit 1.416 Yards stellte Kelce dabei den Rekord für Tight Ends auf, der erst im Jahr zuvor von George Kittel aufgestellt wurde. Ligaweit erzielte lediglich ein WR, Stefon Diggs, mehr Yards. Die Tiefe auf dieser Position ist allerdings seit mehreren Jahren ein Problem, einen zuverlässigen Mann hinter Kelce konnte man nie finden, trotz zuletzt insgesamt vier Tight Ends im Kader. So ist Kelce der Einzige, der von der letztjährigen Gruppe noch übrig ist. Neu sind Rookie Noah Grey, Blake Bell, der nach einem Jahr von den Cowboys zurückkehrt und Jody Fortson, ein ehemaliger Receiver, der über das Practice Squad die letzten zwei Jahre zum Tight End umfunktioniert wurde. Grey dürfte dabei zunächst vor allem fürs Receiving, Bell fürs Blocking zuständig sein. Im letzten Preseason-Spiel gegen die Vikings standen tatsächlich alle vier gleichzeitig für einen Spielzug auf dem Feld (14 Personell), der in einem Touchdown endete. Möglicherweise wird diese Formation auch in der kommenden Saison das ein oder andere Mal genutzt.

Offensive Line

29 aus 56 - bei so vielen Dropbacks stand Mahomes im Super Bowl unter Druck (52%) - neuer Negativ-Rekord. Entsprechend viel Kritik prasselte anschließend auf die Patchwork-O-Line ein. Was dabei häufig vergessen wird ist, dass sie, trotz schwerwiegender Ausfälle, einen Großteil der Saison einen beachtlichen Job machte, wie Platz 11 im abschließenden PFF O-Line Ranking beweist. Mit Osemele und Schwartz fielen ab Weeks 6 zwei Starter für den Rest der Saison aus. Als der eine Ausfall zu viel sollte sich jedoch der von LT Fisher herausstellen, den es im AFC Championship Game erwischte. Dadurch wurde die Line nochmal komplett durcheinandergewirbelt- zu viel für den starken Pass-Rush der Bucs. Aufgrund der langen Ausfalldauer sowie der Cap-Einsparungen von Fisher/Schwartz entschloss man sich für einen kompletten Neuaufbau der Line. Von der Starting Five des Season Openers 2020 gegen die Texans ist bis auf Wylie keiner mehr im aktuellen Kader. Allerdings schlug bereits im Verlauf der Vorbereitung das Verletzungspech in dieser Positionsgruppe erneut zu. Mit Kyle Long, Laurent Duvernay-Tardif und Mike Remmers erwischte es alle potentiellen Starter auf der rechten Seite - keiner konnte das Training-Camp bzw. die Preseason vollständig absolvieren - die Stunde der Rookies war gekommen. Humphrey galt bereits nach dem Draft als Favorit auf die Center-Position, Trey Smith passt hervorragend zum neuen Power Run Game der Chiefs und beeindruckte im Camp als RG, während der letztjährige Drittrundenpick Lucas Niang aus seinem Opt Out zurückkehrt und Remmers den Posten als RT abgenommen hat. Die neue Line setzt sich somit wie folgt zusammen:

LT Orlando Brown, LG Joe Thuney, C Creed Humphrey (R), RG Trey Smith (R), RT Lucas Niang (R)

Player(s) to watch: Offensive Line

Offensichtliche Wahl. Gerade zu Beginn der Saison könnten die Rookies in der Line Lehrgeld bezahlen, gleichzeitig ist das Potential aber immens. Die Eindrücke aus der Preseason waren auf jeden Fall vielversprechend, wie weit sie tatsächlich ist, wird sich am ersten Spieltag zeigen, an dem mit den Browns direkt ein echter Härtetest wartet.

Fazit

Es wird interessant zu sehen sein, ob die Chiefs tatsächlich wie angekündigt vermehrt aufs Laufspiel setzen. Gerade in Short Yardage Situationen sollte man von den neuen Power Run Konzepten profitieren, in der abgelaufenen Saison war man in diesen Situationen mit einer Power Success Rate von 51% gar das schlechteste Team der Liga. Dies machte sich verstärkt in der Red-Zone bemerkbar, in der die Offense des Öfteren ins Stocken geriet und mit lediglich 58% TD-Quote im Liga-Mittelfeld liegt - einer der wenigen Bereiche, in dem man nicht zur Spitze gehört. Über die gesamte Saison erzielten die Running Backs gerade einmal drei TDs innerhalb der 10 Yard Linie. Mit Kreativität im Passspiel wurde versucht, dies auszugleichen - mit wechselhaften Erfolg. Manchmal hilft es, das Ei aus kurzer Distanz schlicht über die Goalline zu hämmern. Hält die neue Offensive Line was sie verspricht, dürften wieder mehr "einfache" TD möglich und die Offense noch schwerer zu stoppen sein. Trotzdem wird man mit Reid als Playcaller und Mahomes als QB grundsätzlich nichts an der Herangehensweise ändern und zu den passfreudigsten Teams der Liga gehören. Alles in allem dürfte es wieder viele Punkte geben.

Defense

Aus dem Motto "bend but dont break" früherer Bob Sutton-Tage wurde unter Spagnuolo eher eine "boom-or-bust" Einstellung - die Defense ließ ligaweit zwar die sechst wenigsten Red-Zone Possessions zu, gleichzeitig war jedoch die Touchdown-Rate in diesem Bereich des Feldes mit 77% die höchste in der gesamten NFL. Fun Fact: Die Chiefs hatten letzte Saison nicht nur die geringste Offense Power Success Rate, sondern auch die schlechteste Defense Power Success Rate - die gegnerische Erfolgsquote in Short Yardage Situationen lag bei 78%, man konnte kaum ein kurzes 1. Down verhindern. Deshalb lag der Fokus während der Offseason darauf, sich in genau diesen Situationen zu verbessern. Was an dieser Stelle nicht fehlen darf ist der inzwischen traditionelle jährliche Hinweis auf die schwache Run-Defense - diesmal Rang 31 bei footballoutsiders. Die Pass-Defense dagegen liegt genau im Mittelfeld auf Rang 16.

Defensive Line

4 aus 30 - bei so vielen Dropbacks stand Tom Brady im Super Bowl unter Druck, also das exakte Gegenteil zu Mahomes. Das zog sich durch die ganze Saison, durch den 4-Men Rush erzeugten die Chiefs viel zu selten Druck. Deshalb musste DC Spagnuolo kreativ werden und häufig blitzen - so geschehen bei über einem Drittel der gegnerischen Dropbacks. Auf die Tackles for Loss hatte das nur geringe Auswirkungen, davon hatte man die zweitwenigsten überhaupt. An Chris Jones lag das mit Sicherheit nicht. Er hat sich jeden Cent seiner Verlängerung verdient und war die einzige Konstante in der D-Line. Mit seiner Pass-Rushing Grade von 93.1 musste er sich lediglich Aaron Donald geschlagen geben. Bereits letzte Saison wich er ab und an auf die Edge-Position aus, bei 42 Snaps war er als DE aufgestellt - und erzielte dabei einer Pressure Rate von 16.7%. Das soll diese Saison noch deutlich häufiger der Fall sein, der Plan ist, wie von Jones selbst bestätigt, ihn regelmäßig bei 1. und 2. Downs außen und bei 3. Downs innen aufzustellen. Ermöglicht wird dies durch die Verpflichtung von Jarran Reed, der als 3-Technique der Line eine neue Flexibiltät gibt und sowohl auf die Pass- als auch auf die Run-Defense positiven Einfluss haben wird. Vervollständigt wird der innere Block von Run-Stopper Derrick Nnadi, Khalen Saunders und der letztjährigen Rookie-Überraschung Tershawn Wharton, der sich als ehemaliger UDFA erneut einen Kaderplatz erkämpft hatte.

Innen ist die Line deutlich besser aufgestellt als außen. Frank Clark war in seinen ersten beiden Jahren gemessen an dem Vertrag eine massive Enttäuschung. Unter 114 gewerteten Edge-Defendern lag er letztes Jahr in der Kategorie Pass-Rush Win Rate auf Rang 92 und bei der Pressure Rate auf Rang 54. Mit ihm auf QB-Jagd gehen Veteran Alex Okafor, der sich immer wieder mit Verletzungen herumplagt, sowie Mike Danna und Rookie Joshua Kaindoh, die im zweiten bzw. ersten Jahr sind und keine Profi-Erfahrung besitzen. Umso überraschender war Mitte August der Cut von Taco Charlton, einem ehemaligen Erstrundenpick, der zu Beginn der Offseason zunächst um ein Jahr verlängert hatte und 2020 in begrenzter Snap-Anzahl durchaus gute Leistungen zeigte. Für einige war er sogar der Favorit als Starter gegenüber von Clark. Dies zeigt umso deutlicher, warum Jones als DE dringend benötigt wird.

Linebacker

Über die letzten Jahre war das die wohl am wenigsten talentierte Positionsgruppe, daran konnte auch die teure Verpflichtung von Anthony Hitchens vor drei Jahren nichts ändern, die sich nicht wie erhofft ausgezahlt hat. Inzwischen findet er sich im System von Spagnuolo zwar besser zurecht, was sich auch in seinen Leistungen wiederspiegelt, von einem überzeugenden Starter kann man jedoch nicht sprechen. Mangels Alternativen bleibt er der MIKE-Linebacker, der die Plays ansagt und sowohl in Base als auch Nickel Formations auf dem Feld steht. Große Hoffnungen werden indes in Willie Gay Jr. gesetzt, der sich im Lauf seiner Rookie-Saison als WILL-Linebacker etablierte und sowohl im Pass- als auch Run-Game vielversprechende Ansätze zeigte. Allerdings hatte er gegen Ende der Saison mit Verletzungen zu kämpfen und verpasste ab Week 17 alle folgenden Spiele. Zweitrundenpick Nick Bolton als primärer Backup von Hitchens und Ben Niemann als Dime-Linebacker vervollständigen die Gruppe.

Defensive Backfield

Hier sticht Tyrann Mathieu heraus, er ist der klare Leader und Fixpunkt einer ansonsten unspektakulären, aber soliden Secondary. Je nach Formation wird er von Veteran Daniel "Dirty Dan" Sorenson als Box- und Juan Thornhill als Free- bzw. Deep-Safety ergänzt. Thornhill konnte nach seinem Ende 2019 erlittenen Kreuzbandriss vergangene Saison zu keinem Zeitpunkt an sein starkes Rookie-Jahr anknüpfen und verlor seine Snaps zeitweise an Sorenson. Er selbst bestätigte diese Offseason, dass er zu keinem Zeitpunkt wirklich bei 100% war, sich aber inzwischen wieder wie vor der Verletzung fühlt. Kann er an seine früheren Leistungen anknüpfen, wäre das ein Boost für die Secondary und eine große Hilfe für die Cornerbacks, die sich aus einer Gruppe junger Spieler zusammensetzt.

Charvarious Ward ist mit seinen 25 Jahren der Älteste und zudem mit seinen zwei Jahren als Starter der Erfahrenste. Zusammen mit L'Jarius Sneed wird er in Base-Formations das Outside-Duo bilden. Sneed war ein Glücksgriff in der 4. Runde des letztjährigen Drafts, er überzeugte sowohl außen als auch im Slot, wo er neben guter Coverage durch sein starkes Blitzing auffiel. Stehen drei Corner auf dem Feld, wird Sneed voraussichtlich in den Slot wechseln und durch Mike Hughes bzw. Deandre Baker ersetzt. Beide sind ehemalige Erstrundenpicks, die die Erwartungen bei ihren vorherigen Teams nicht erfüllen konnten und auf einen Neustart hoffen. Nach aktuellem Stand hat Hughes wohl etwas die Nase vorn und ist der dritte Corner. Rashad Fenton komplettiert die Gruppe und ist als Backup im Slot vorgesehen.

Player(s) to watch: CB L'Jarius Sneed

Hätte Sneed nicht einige Spiele verletzt verpasst, wäre der Hype um ihn vermutlich deutlich größer. Er hatte die höchste PFF-Coverage Grade aller Rookies (71.2), obwohl er sowohl Outside als auch im Slot eingesetzt wurde. Dabei ließ er lediglich ein Passer Rating von 66.6 zu. Zudem ist er eine Waffe beim Blitzen, vier Sacks konnte er dabei verzeichnen - das sind lediglich zwei weniger als Frank Clark erzielt hat, dem dafür über 20 Millionen pro Jahr bezahlt werden (was natürlich mit einem Augenzwinkern zu betrachten ist). Bestätigt er die Eindrücke letzter Saison, könnte die Secondary zu einer Stärke dieser Defense werden.

Fazit

22, 23, 18 - diese Plätze belegen die Positionsgruppen im jeweiligen PFF-Ranking. Das sagt wenig aus, bestätigt allerdings meinen Eindruck der Defense, den ich vor der Saison habe: Mittelmaß. Wir werden mit ziemlicher Sicherheit weder ein Top 10 noch Bottom 5 Defense sehen, sondern eine solide Einheit, die ihre Stärken in der Passverteidigung hat. Gerade das ist wichtig, weil die Gegner vermutlich aufgrund der Spielverläufe häufiger zum Passen gezwungen sind, um mit der Chiefs-Offense Schritt zu halten. Dabei bereitet mir der Pass-Rush inzwischen mehr Sorge als die Secondary, da die Rotation auf Edge ziemlich dünn ist und viel Hoffnung in Chris Jones als DE gesetzt wird. Sollte das nicht wie geplant funktionieren, steht man ohne echten Plan B da. Zusätzlich wird Spagnuolo wieder kreativ beim Blitzen sein müssen, um regelmäßig Druck zu erzeugen. Zu beobachten ist außerdem die Red-Zone Defense, an der während der Offseason intensiv gearbeitet wurde.

Special Teams

Am 3. Spieltag gegen die Ravens passierte das Unvorstellbare - es wurde der erste Return-TD seit Amtsantritt von Coordinator Toub 2013 zugelassen. Bei der Gesamtbetrachtung ergibt sich ein ähnliches Bild, das hohe Niveau konnte nicht gehalten werden. Im Special Team DVOA von footballoutsiders liegt man lediglich auf einem enttäuschenden 17. Platz, eine weitere Premiere unter Toub, der in den vergangenen vier Jahren immer eine Top-3 Einheit auf die Beine stellte. Kicker Harrison Butker pendelt zwischen Genie und Wahnsinn. Bei Field Goals ist er mit 93% Accuracy einer der zuverlässigsten Kicker der NFL (25 aus 27, 3 von 3 bei Versuchen über 50 Yards), gleichzeitig hat er jedoch auf die meisten PATs daneben gesetzt (6). Ebenfalls schwer tat sich Rookie-Punter Tommy Townsend, für den die Fußstapfen von Legende Dustin Colquitt noch etwas zu groß waren und der eine wechselhafte Saison spielte, mit dem absoluten Tiefpunkt im Super-Bowl. Seine Leistungen werden zu beobachten sein, auch wenn er nicht zu den am meisten beschäftigten Puntern gehören wird. Es wäre wichtig, wenn die ST an ihr früheres Niveau zumindest wieder herankommen, um die Offense und Defense mehr zu entlasten.

Schedule

Aktuell leider nur per Link.

Prognose

Das Auftaktprogramm hat es bereits in sich, mit Browns, Ravens und Bills warten in den ersten fünf Wochen alle weiteren Teilnehmer der AFC Divisional Round. Dazu kommt eine wiedererstarkte AFC West, u.a. mit den Chargers und ORotY Justin Herbert sowie den Broncos mit gewohnt starker Defense. Alles in allem ist es kein leichter Schedule, der einige Brocken und Stolpersteine enhält. Gerade in den vermeintlich "leichteren" Spielen taten sich die Chiefs zuletzt schwer und wirkten häufig nicht richtig fokussiert. Allerdings kam man letzte Saison mit einem blauen Auge davon, die knappen Spiele wurden bis auf eine Ausnahme alle gewonnen. Das zusätzliche 17. Spiel ist ein echter Leckerbissen, die Packers geben sich die Ehre im Arrowhead - diesmal hoffentlich mit dem Duell Mahomes vs. Rodgers.

Allein die Offense gibt diesem Team eine hohe Base-Line, zusammen mit einer soliden Defense und wieder besseren Special Teams werden die Chiefs schwer zu schlagen sein.

Mein Tipp: 13-4

KOMMENTARE
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DerLutz
03.09.2021 | 12:47 Uhr
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DerLutz : 
03.09.2021 | 12:47 Uhr
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DerLutz : 
Danke für die gute Preview.

Ich glaube, dass der Super Bowl nur das Fass zum überlaufen gebracht hat. Die Entscheidung in die Oline kam eher mit dem angesprochenen Laufspiel. Dies dürfte auch Mahomes deutlich entlasten. Vor allem weil man auch mal "einfach" spielen kann.
Defensiv trifft es Boom-or Bust wirklich sehr gut, aber mehr braucht es auch nicht bei der Offense.

Das Team to beat in der AFC und ohne den Schedule vor Augen zu haben hört sich 13-4 fast etwas niedrig an
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