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Was sagt die Geschichte?
Tibor Pleiß ist nicht der einzige Spieler, der erst Jahre nach seinem Draft zum NBA Team stößt. Ein Vergleich von Potenzial, Talent oder Reife zwischen ihm und den Spielern der letzten Jahrgänge verbietet sich. Dennoch lassen sie sich alle irgendwie mit der Situation von Pleiß vergleichen und erlauben vielleicht einen Blick auf die Spielanteile, die ihn als möglichen Rookie erwarten könnten.

Tiago Splitter, C, Spurs, 1. Runde 2007
Der Vorreiter des sogenannten "Draft and Stash" ist die Musterfranchise aus San Antonio. Splitter war beim Draft 22 Jahre alt und ist erst mit 25 in die NBA gekommen. In seiner ersten Saison kam er auf 60 Spiele mit durchschnittlich 12,3 Minuten.

Marc Gasol, C, Grizzlies, 2. Runde 2007
Der spanische Center ist als Teil des "skandalösen" Trades der Lakers für seinen eigenen Bruder ein Grizzly geworden. Nach einem weiteren Jahr in Spanien zog es ihn 2008 nach Memphis. Schon im ersten Jahr spielte er alle Spiele (75 Starts) mit 30,7 Minuten pro Spiel.

Serge Ibaka, PF, Thunder, 1. Runde 2008
Als eventuell zukünftiger Teamkollege von Pleiß wurde der Kongolese 2008 am Ende der ersten Runde gedraftet. Er kam ein Jahr später nach OKC und brachte es in seiner ersten Saison auf 73 Spiele und 18 Minuten.

Nikola Pekovic, C, Timberwolves, 2. Runde 2008
An der selben Draftposition wie Pleiß (31.) wurde der Montenegriner 2008 von den Timberwolves gezogen. Er verbrachte noch zwei Jahre in Griechenland, bevor er in der ersten NBA Saison 65 Spiele und 13,6 Minuten im Schnitt abspulte.

Ömer Asik, C, Bulls, 2. Runde 2008
Der Türke Asik wurde als Perspektivspieler von den Bulls gedraftet und kam ebenfalls 2 Jahre später in die Liga. Im ersten Jahr brachte er es auf 82 Spiele mit durchschnittlich 12 Minuten.

Ricky Rubio, PG, Timberwolves, 2009
Die Point-Guard-Sensation aus Spanien verbrachte nach dem Draft zwei weitere Jahre in Spanien und spielte dort zuletzt weit unter seinen Möglichkeiten. Erst in der NBA blüht er auf. Aktuell spielt er satte 35 Minuten pro Spiel.

1 zu 1 lässt sich sicherlich keiner der genannten Spieler mit dem Deutschen vergleichen. Splitter und Pekovic waren in Europa Superstars, Gasol und Ibaka durften sich im Rebuild ihrer Teams viele Fehler erlauben. Rubios schwache Physis ist im System der Timberwolves kein Faktor, zudem passt er besser in das schnellere Spiel der NBA, als in die starren Systeme des europäischen Spiels.
Am ehesten ließe sich Pleiß noch mit Asik vergleichen, der zwei Jahre nach dem Draft als Ergänzungsspieler zum Contender Chicago kam und seitdem eine Nische in der Liga gefunden hat.


Nachtigall ick hör dir trapsen
Der Plan nach dem Draft 2010 war klar. Pleiß bleibt noch zwei Jahre in Bamberg, spielt viele Minuten in BBL und Euroleague und soll dann in die NBA wechseln. Nun wird Pleiß im Sommer zwei weitere Jahre mit Bamberg in BBL und Euroleague gespielt haben und man hört sogar ständig, dass er kräftiger geworden ist. Steht der Plan denn nun noch?
Im Schatten der großen BBL Bühne hat sich das deutsche Center-Talent Maik Zirbes in den Mittelpunkt gespielt. Neben Interesse der NBA und des FC Bayern wäre es nicht ganz abwegig, wenn Meister Bamberg an einer Verpflichtung arbeite. Während eines möglicherweise bevorstehenden Abgangs eines deutschen Centers passt dieses Gerücht bestens in diese Diskussion. Bereitet sich Bamberg auf einen Abschied vor oder wollen sie generell nur mehr einheimische Spieler im Kader haben, um die strenger werdenen Deutschquoten zu erfüllen?
Der Betroffene selbst gab im Interview mit Spox eine interessante Antwort zum Thema "Wechsel in die NBA". Plötzlich interessiere er sich mehr für die NBA, schaut Spiele der Thunder und lässt sich künftig DVDs zuschicken.
Man kann vieles in Aussagen wie diese hineininterpretieren. Ebenso darf aber bezweifelt werden, dass sich andere gedraftete und hochgehandelte Europäer (Motiejunas, Mirotic, Bogdanovic) mit DVDs ihrer Mannschaften versorgen lassen.
Die große Alternative neben einem Verbleib in Bamberg oder dem Wechsel in die NBA ist die spanische ACB, die als zweitbeste Liga der Welt gilt und immer wieder im Zusammenhang mit deutschen Talenten genannt wird. Obwohl noch kein deutscher Hoffnungsträger den Schritt gewagt hat, passt die Liga sehr gut zum Spiel, das die meisten Talente hierzulande gelernt haben. Im Gegensatz zur NBA (und zum kleinen Teil auch in der BBL) wird wenig auf Athletik und Geschwindigkeit gesetzt. Stattdessen sind Spielverständnis und reines Basketballtalent gefragt. Aufgrund der sehr strengen Begrenzungen für US-Amerikaner in der Liga (höchstens zwei nicht-Europäer) haben europäische Spieler einen hohen Stellenwert.


Fazit: Sam Presti und Co werden Pleiß nur in die NBA holen, wenn sie eine feste Rolle für ihn eingeplant haben. Ein dauerhaftes Parken in der D-League bietet sich nicht an, da Pleiß in Europa einen guten Ruf hat und sich dort auf lange Sicht hin eine bessere Zukunft erarbeiten kann.
Es ist aber auch klar, dass sich mit einem Verbleib in Europa das Fenster zur NBA langsam schließt, solange keine Leistungsexplosion erfolgt oder in Oklahoma City eine Center-Krise ausbricht.
Erst im Sommer werden wir also erfahren, ob diese Gedankenspiele reine Fantasie waren oder nicht.