Einleitung

The Return of the King der König ist tot, lang lebe der König!
Lebron James hievt sein Team in die Finals, hat dort aber keine Chance gegen die übermächtigen Spurs. Wenig später wird er Free Agent und bildet mit zwei weiteren Stars in einem anderen Team eine Big Three. - Das war 2010. Nun kehrt er zurück, nach Cleveland, seine Heimat und irgendwie erinnert alles an die Ereignisse rund um The Decision. Für die Cavaliers ist seine Entscheidung, zurück zu kehren, nebst dem Losglück für die Drafts der vergangenen Jahre zukunftsweisend. James' Einmarsch in Ohio hat einen Tsunami in der NBA ausgelöst. Die No 1 Picks Andrew Wiggins und Anthony Bennett wurden für Kevin Love getradet. Für die Franchise, die in der vergangenen Saison mit einer doch enttäuschenden Bilanz von 33-49 die Playoffs verpassten, war die Entscheidung pro Lebron und contra Wiggins ein No-Brainer. Vergessen scheint das Drama rund um die Inszenierung des Wechsels. Ebenso scheint der König der Franchise und den Fans vergeben zu haben. Aber wohin führt nun der zweite Teil der Lebron Saga für die Cavaliers?

Was ist neu?

Dass Lebron zurückgekehrt ist, wurde bereits in den Medien ausgiebig thematisiert. Ebenso, dass Bigman Kevin Love kontaktiert wurde und sich ihm angeschlossen hat. Darüber wurde auch wochenlang bei Spox berichtet. Doch bereits vor den Transfers wurde David Blatt verpflichtet. Der überaus erfolgreiche Coach sollte mit Kyrie, Wiggins Waiters und Benett in die Zukunft starten, um die Franchise nach dem Weggang von The Chosen One endlich wieder in die Playoffs zu führen. Ein Systemwechsel stand bevor. Mit Irvings Max-Contract hat man sich auch commitet, wer das Gesicht der Franchise sein soll. Doch dann kam James. Und irgendwie ist aus einem jungen und talentierten Team mit einer vielversprechenden Zukunft über Nacht ein Top-Team der Eastern Conference geworden. Das ist für Uncle Drew neu und auch Blatt hat auf einmal gänzlich andere Arbeitsvoraussetzungen als er es sich vorgestellt hatte. Für Lebron hingegen ist die Situation in Cleveland nicht ganz so neu. Während der letzten vier Jahren bei den Heat spielte er bereits mit zwei absoluten Superstars (nur wenige werden sich erinnern, was für ein Spieler Bosh bei den Raptors war). Die Franchise und das Umfeld hingegen kennt er bereits aus den ersten sieben Jahren seiner Karriere. Der 29 Jährige erinnert dabei an einen guten Staubsauger, der immer mit sehr viel Zubehör kommt. So ist es auch diesmal der Fall: Kevin Love, Mike Miller, Shawn Marion und James Jones haben sich James angeschlossen, um einen weiteren Run auf den Titel zu starten. Zwischenzeitlich wurde sogar über eine Reaktivierung von Ilgauskas gemunkelt. Wie nützlich das Zubehör von Lebron ist, wird sich erst im Laufe der Saison zeigen.
Kevin Love ist ein Stats-Monster (Karriereschnitt von 19.2. ppg, 12.2. rpg und 2.2 apg), hatte jedoch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. In der letzten Saison dann schaffte er es immerhin 77 Spiele zu absolvieren. Mit seinem Dreipunkt-Wurf wird er eine ähnliche Rolle als Stretch-Big einnehmen wie Bosh bei den Heat. Sein Wert in der Verteidigung ist dagegen umstritten.
Mike Miller spielte hingegen alle 82 RS-Spiele und legte in 20,8 Minuten pro Spiel von der Bank kommend 7.1 Punkte bei respektablen Quoten von 48.1% aus dem Feld und 45.9% von jenseits der Dreier-Linie auf. Genau diese Funktion wird er auch bei den Cavs einnehmen. Mit Spielern wie Lebron, Kyrie und Love, die ihre eigenen Würfe kreieren können, aber auch das Auge für den offenen Mann haben, wird es für ihn leichter sein als bei den Grizzlies, gute, offene Würfe zu bekommen.
Shawn Marion könnte ebenfalls ein wichtiges Puzzleteil für Cleveland sein. Er ist sicherlich nicht mehr der Prime-Defender vergangener Tage. Dennoch reichte es in der letzten Saison für 10 Punkte und 6 Bounds pro Spiel. Als Backup für Lebron auf der Drei oder auch auf der Vier wird er seine Minuten abreißen und Leistungen zeigen.
Die weiteren Neuzugänge Bogans und Jones hingegen werden spätestens in den Playoffs wohl nicht zur Rotation gehören, sondern eher sporadisch zum Einsatz kommen. Letztlich sind nur noch fünf Spieler aus der letzten Saison im jetzigen Team.

Das Umfeld

Der US-israelische Trainer hat als Profi-Trainer in 21 Jahren 17 Titel errungen. Vor allem der Sieg der letztjährigen Euroleague, in der die favorisierten Teams von ZSKA Moskau und Real Madrid ausgeschaltet wurden, war wohl nur von den Wenigsten prognostiziert worden. Blatt gilt als detailversessen und genießt den Respekt vieler europäischer Top-Spieler, die unter ihm gespielt haben. Vor allem Kirilenko, mit dem er 2006 Europameister wurde, outete sich als Fan des Erfolgstrainers. Mit der Verpflichtung des NBA Novizen hat man einen Weg eingeschlagen, der wohl für viele die Zukunft der NBA sein wird: ein europäisches System in eine Mannschaft zu implantieren. Die Spurs haben in der Vergangenheit gezeigt, dass die Philosophie über den Spielern steht. So etwas benötigt jedoch Zeit. Zeit, die Blatt nicht hat. Einerseits ist dafür der Spielrhythmus im Gegensatz zu europäischen Ligen höher, sodass Unausgereiftes mehr Niederlagen fordern kann. Andererseits haben die Cavs auf das Jetzt und Hier gesetzt, indem sie LBJ und K-Love akquiriert haben und dafür zwei junge Talente abgegeben haben. Aber wenn man den besten Spieler der Welt verpflichten kann, wird man natürlich die Chance nutzen, Geschichte zu schreiben. David Blatt wird eine Entscheidung für sich treffen müssen, ob er sein System durchsetzen will oder Kompromisse in Kauf nimmt, um LBJ, das Frontoffice und die Fans bei Laune zu halten.


Die Stärken

Lebron James, Lebron James, Lebron James. Natürlich besitzt das Team noch mehr Stärken, aber als bester Spieler der Welt muss er selbstredend auch zuerst genannt werden. In diesem Fall auch drei Mal. Über ihn muss dann auch nicht mehr viel mehr gesagt werden.
Als zweiten Superstar sehe ich dann K-Love, der mit seinem All-Around Game viel Platz und Möglichkeiten für seine Mitspieler schafft. Kyrie könnte mehr offene Würfe erhalten oder aber auch mehr Platz beim Zug zum Korb, weil kein Gegenspieler der Welt so weit absinken wird, um Love einen freien Dreier zu geben. Die Assistzahl des Power Forwards lag in der letzten Saison bei 4.4 pro Spiel Karrierebestwert.
Die dritte Option wird der frisch gebackene MVP der FIBA WM sein. Das Ego-Geballere wird er sich nicht mehr leisten können. Sowohl Blatt, der auf Team-Basketball setzt, als auch Lebron werden ihm die Leviten lesen, falls er mal wieder den Uncle Drew raus hängen lassen sollte, das gilt übrigens auch für seine, Defense, in der er sich mächtig wird steigern müssen.
Neben den neuen großen Dreien wird die Bank eine ganz große Rolle spielen. Ein ganzer Haufen Alt-Stars hat sich den Cavs angeschlossen. Ray Allen hat sich bislang noch nicht entschieden. Sollte er jedoch auch kommen, wäre man auf der Flügel-Position offensiv erstklassig besetzt. Eine weitere Stärke ist das schlummernde Potential. Sowohl Kyrie als auch Waiters und Thompson sind noch nicht am Ende ihrer Entfaltung. Bislang schien die Art, in Cleveland Basketball zu spielen nicht förderlich für die drei gewesen zu sein. Vor allem Waiters wird entgegenkommen, dass man auch Kyrie in die Schranken weisen wird.


Die Schwächen

Der Druck! Die Mannschaft hat sich über diesen Sommer neu geformt. Neuer Coach, zwei neue Superstars und ein überbezahlter Point-Guard, der davon ausgegangen ist, zum Gesicht der Franchise zu werden. Von einem Plaoff-Kandidaten sind sie zu einem Contender geworden. Sie sind von einem Small-Market Team zu einem Team geworden, das auf einmal in landesweit übertragenen Spielen zu sehen sein wird. James wird immer immer kritisch beäugt werden. Das war bereits vor seinem ersten NBA Spiel so, spätestens jedoch nach der unrühmlichen Decision. Man darf dabei nicht vergessen, dass er mit den Heat bereits zwei Titel gewonnen hat. Lebron kennt also den Druck, aber für die anderen Stars wird es neu sein. Kyrie und Love haben bislang nicht ein Mal die Playoffs erreicht. Plötzlich wird jedoch auch von ihnen erwartet, dass sie delivern. Eine Off-Night oder eine spielentscheidende Aktion wird kritischer beurteilt werden als zuvor; denn nun hat man keine Ausreden mehr, nicht zu gewinnen. An dieser Stelle ist Lebrons Führungspersönlichkeit gefragt. Er muss sich vor seine Mannschaft stellen und sie entlasten. Das kennt er, das kann er, das wird er tun.
Hinzu kommt, dass das Team keine Zeit hat. Die Mannschaft steht so unter kritischer Beobachtung, dass bei einem negativen Verlauf der ersten 20 Spiele alle aufschreien werden. Blatt wird keine zwei Jahre haben, um oben mitzuspielen. Das gleiche gilt für die Entwicklung von Kyrie, Waiters und Thompson. Sie müssen schnell auf höchstem Level agieren. Dabei darf man nicht vergessen, dass die drei Youngstars zusammen gerade mal acht Jahre NBA Erfahrung besitzen.
Vor allem Dion Waiters, der in der letzten Saison nach einem Zwist mit Kyrie und teils katastrophalen Leistungen seinen Starting Spot angeben musste, sitzt auf dem heißen Stuhl. Nach dem Buddy-Ball Streit wird nicht nur der nächste Entwicklungsschritt erwartet, sondern auch ein klares Bekenntnis zur Mannschaft. Ansonsten wird man erneut versuchen, ihn zu traden.
Auch wenn Lebrons und Loves Ankunft Vieles übertüncht, es bleibt festzuhalten, dass die Cavs bislang ein schlechtes Defensiv-Team waren. An dieser Tatsache kann Kevin Love nichts ändern, der letzte Saison pro Ballbesitz im Post im Schnitt 0,721 Punkte zuließ. Auch als Help-Side Verteidiger ist er aufgrund seiner mangelnden Athletik kein brauchbarer Rim-Protector. Varejao ist ebenfalls kein viel besserer Verteidiger am Korb. Über Haywood braucht man wohl nicht viel sagen, Dallas-Fans wird es immer noch eiskalt den Rücken runter laufen.
Am Perimeter sieht es mit Irving noch düsterer aus. Beim Defensive Real Plus Minus rangiert er mit -3,46 auf Platz 71 noch hinter Spielern wie Jameer Nelson oder Nate Robinson. Auch auf den weiteren Flügelpositionen sieht es defensiv mau aus. Zumindest in dieser Hinsicht waren Bosh und Wade ihren Cavaliers-Pendants überlegen. Vor allem Wade sorgte mit seinen Steals für leichte Transition Punkte. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass Wade einer der besten Sgs der vergangenen Jahre war trotz seiner Verletzungen.


Spieler im Fokus

Im medialen Fokus wird natürlich Lebron James stehen. Er wird bei Misserfolg immer der Schuldige sein. Bei Erfolg wird dieser sicherlich auf die vielen Schultern verteilt, die bei den Cavaliers breit und vielfach vorhanden sind. Sportlich sollte jedem klar sein, dass Lebron wieder eine Fabelsaison spielen. Seine Reboundzahl mag etwas runtergehen, da Love dafür bekannt ist, sich viele Abpraller zu schnappen, die ohnehin beim Mitspieler landen würden. Dennoch wird er wieder Zahlen im Bereich 26/6/6 auflegen. Greatness as usual quasi.
Viel interessanter wird es sein, zu sehen, wie Irving sich anpassen kann. Ego zurückschrauben und defensiv stärker werden. Das müssen die Ziele Irvings sein. Offensiv wird schon alles laufen. Vor allem seine Assistzahlen werden mit Alley-Oops auf LBJ und Pässe zu dem Forward, der aus Minnesota gekommen ist, hochgehen.
Für Love gilt das Gleiche. Er muss zeigen, dass er nicht nur Statsbögen füllt, sondern dass er auch als Teil eines Teams erfolgreich sein kann und sich gegebenenfalls dem Erfolg unterordnen kann.
X-Faktor ist meiner Meinung nach Waiters, der nicht nur für die Teamchemie bislang Gift war, sondern auch sportlich sehr wankelmütig war. 30 Punkte als Season High, doch dann auch wieder ein Spiel mit 4 Punkten wie gegen die Kings trotz 20 Minuten Spielzeit in der abgelaufenen Saison.


Fazit

Auch wenn der Absatz über die Schwächen den über die Stärken in der Länge übertrifft, soll das auf keinen Fall bedeuten, dass mit den Cavs in dieser Saison nicht zu rechnen ist. Ich erwarte, dass Lebron das Team führt und notfalls auch einfach den Point Forward spielt. In der Crunchtime trifft er eh meist die beste Entscheidung, anstatt den Abschluss zu suchen. Er muss die Spieler führen, denn er ist mit zwei Titeln auch der erfolgreichste Spieler im aktuellen Cavs-Kader. Dennoch können die Cavaliers eigentlich nur verlieren. Alle erwarten, dass sie scheitern. Auch wenn sie den Titel holen sollten, wird man Lebron den Vorwurf machen, es nur geschafft zu haben, weil er sich erneut ein starkes Team um sich versammelt hat. Aber die neuen Kavaliere sind mehr als nur LBJ (im Vergleich zu 2010). Jeder muss von Anfang an voll da sein, denn je früher sie auf die Gewinnerschiene kommen, desto leiser werden die Kritiker, sodass man in Ruhe weiter an den Details arbeiten kann.
Realistisch ist sicherlich der Heimvorteil in der ersten Playoff-Runde auch im worst case. Mit Paul George hat sich zwar Indiana bereits vor Saisonstart aus dem Postseason-Rennen verabschiedet. Die anderen Teams hingegen haben sich verstärkt, bzw. sind genesen. Ich tippe, dass Cleveland sich mit Chicago um den Finals-Einzug streiten wird. Letztlich werden es Kleinigkeiten sein, die darüber entscheiden, ob es richtig war, den König zu hofieren und alles auf diese eine Karte (ca. 4 Prime-Jahre?) zu setzen und die gesamte Zukunft des Teams zu verspielen. Zumindest im Film The Return of the King fegt Aragorn mit seinen Gefährten und den Eidbrechern (Celtics Fans müssen an dieser Stelle wohl an RayRay denken) die Truppen Saurons. Lang lebe der König!