Felix Magath agiert auf Schalke im Höchsttempo. Für manch einen Schalker ist die Geschwindigkeit der Veränderung schwer zu verkraften, weil man stets das Gefühl hat, dass Schalke für Magath nur ein Projekt ist, dass er den Club eines Tages unaufgeräumt zurücklässt. Dabei ist Magath nur Realist. Fußball lebt immer nur im hier und jetzt.

Im Kader sind kaum noch Spieler, die schon vor 2 Jahren eine Rolle gespielt haben. Nur eins von drei Vorstandsmitgliedern stammt aus der Vor-Magath-Zeit. Preise wurden erhöht, Fanfeste verändert, neue Mitarbeiter installiert. Als nächstes will sich Felix Magath die Spielweise vornehmen. Dabei setzt er auf den 33-jährigen Raúl und will weitere "gestandene Profis" holen. Statt erspieltes Geld zur Schuldentilgung zu verwenden will er in die Mannschaft investieren. Statt die junge und überraschend erfolgreiche Mannschaft der letzten Saison zu entwickeln, will er Qualität einkaufen. Magath arbeite nicht nachhaltig, moniert manch einer, er agiere nach dem Prinzip "Nach mir die Sintflut".

Kämen einem solche Gedanken auch dann, wenn Felix Magath den FC Schalke 04 zur Herzensangelegenheit erklärt hätte? Wenn er den Eindruck erwecken würde, sein Leben lang für diesen Club arbeiten zu wollen? Wohl kaum. Dabei hat er einen Vier-Jahres-Vertrag ohne Ausstiegsklausel auf Schalke unterschrieben und erst kürzlich beteuerte er erneut, dass er noch nie einen Vertrag gebrochen hätte.

Vier Jahre sind außerhalb Bremens eine lange Zeit für einen Bundesligatrainer. Ja, Schalke ist für Magath ein Projekt, daran ist aber per se nichts Schlechtes. Mit der Meisterschaft gibt es ein klares Ziel für diesen definierten Zeitraum. Magath weiß was er will, und setzt die meisten Entscheidungen sehr nachvollziehbar zum Wohle des Vereins um. Das gilt für die Preiserhöhungen genauso wie für die Kaderumstrukturierung.

Mich nervt es sehr, dass sich durch höhere Eintrittpreise das Publikum verändert, dass es Leute gibt, die seit zig Jahren auf Schalke gehen, denen die Kosten nun zu hoch werden. Trotzdem: Dass ein Verein mit hohen Schulden und stets vollem Stadion für eine Sitzplatzkarte im Oberrang soviel kassiert wie Borussia Dortmund, kann wohl als gerechtfertigt angesehen werden. Dass auf Schalke ein sportlich zweifelhafter Ligacup mit 30-minütigen Halbzeiten ausgetragen wird darf man doof finden, zum Schaden des Clubs wird es dennoch nicht gewesen sein.

Bezüglich des Kaders muss sich noch herausstellen, wie erfolgreich er sein wird. Meines Erachtens ging es bei dem "Ausverkauf" der Defensivabteilung auch darum, die alten Spielerverträge loszuwerden. Angeblich hatte Schalke vor 2 Jahren noch einen derart teuren Kader, dass die Champions League-Qualifikation nötig war um ihn zu unterhalten. Das Gehaltsniveau eines Kaders lässt sich nur den Austausch von Spielern realisieren, da keiner freiwillig auf Gehalt verzichtet.
Nun hat sich Felix Magath in der ersten Saison einen finanziellen Überschuss erarbeitet, mit dem er einen neuen Kader nach seinen Vorstellungen zusammenstellen will. Er will es jetzt, damit er in den Champions League-Spielen was davon hat. Aber man kann getrost davon ausgehen, dass die Veränderungen auch nächsten Dienstag noch nicht abgeschlossen sein werden. Auch im Winter und im nächsten Sommer wird Magath am Kader basteln, weil er immer Veränderungen vornimmt und weil er im Projektplan noch 3 Jahre Zeit hat. Bis seine Vorstellung von der Spielweise einer Mannschaft vollends umgesetzt sein wird kann es noch etwas dauern und bislang macht die neue Abwehr keinen guten Eindruck. Aber was das Sportliche, was den Aufbau einer Mannschaft angeht, hat sich Felix Magath in der Vergangenheit Vertrauen verdient.

Bliebe noch, die Fans mitzunehmen. Was sich in der Empörung über den schlechten Stil bei der Absetzung Rolf Rojeks als Fanbeauftrager entlud ist meines Erachtens hauptsächlich in dem Ärger über fehlende Kommunikation zwischen Verein und den Fanclubs begründet. Die Fans links liegen zu lassen funktioniert bei einem Verein wie Schalke 04 nicht, darüber bin ich durchaus froh. Morgen gibt es eine Gesprächsrunde. Da es allen um eine erfolgreiche Saison geht sollte ein positiver Ausgang möglich sein.

Felix Magath wird das Tempo während seiner gesamten Amtszeit hochhalten und er wird sich weiter als Projektarbeiter sehen und darstellen. Das ist nicht immer schön. Trotzdem lohnt es sich für Schalke, denke ich. Selbst wenn das große Ziel Meisterschaft nicht erreicht werden würde, stehen meines Erachtens die Chancen gut, dass der Verein nach vier Jahren unter Felix Magath besser dasteht als im Sommer 2009.