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WM bei mySPOX


Gründer: GNetzer | Mitglieder: 56 | Beiträge: 5
24.06.2010 um 00:51 Uhr
Geschrieben von AndreasRenner
Kombinieren schwer gemacht
So unglücklich die Niederlage gegen Serbien gewesen sein mag, so glücklich war nun der 1:0 Sieg gegen Ghana im letzten und entscheidenden Gruppenspiel um den Einzug ins Achtelfinale. Es war ohne Frage die insgesamt schwächste Leistung des deutschen Teams bei diesem Turnier. Trotzdem hat die Mannschaft in der Gesamtbetrachtung aller drei Spiele verdient die K.O.-Runde erreicht.

Gegen Ghana begann Joachim Löw mit einer auf zwei Positionen veränderten Aufstellung: Jerome Boateng ersetzte Badstuber hinten links und Cacau gab an Stelle des gesperrten Klose den einzigen Stürmer. Die Formation war, wie zuletzt immer, 4-2-3-1.

Bei Ghana kehrte John Mensah nach Verletzung für Lee Addy ins Team zurück, ansonsten setzte Milovan Rajevac auf die gleiche Mannschaft wie zuvor. Ghanas Formation ähnelte dem deutschen 4-2-3-1, ist aber fließender. Im Rückwärtsgang wird daraus ein 4-1-4-1, mit Annan als Sechser zwischen den zwei Viererketten. Auffällig, dass die ghanaischen Mittelfeldspieler mit Ausnahme von Kevin-Prince Boateng häufig die Positionen wechselten. Ayew tauchte in der Mitte und am linken Flügel auf, Tagoe sowohl rechts als auch links und Asamoah war überall.

Beide Mannschaften gingen mit unterschiedlichen Voraussetzungen ins Spiel: Deutschland brauchte einen Sieg (da man vorher ja nicht damit rechnen konnte, dass Australien gegen Serbien gewinnen würde). Ghana dagegen brauchte nur ein Unentschieden und das spielte ihnen voll in die Karten. Denn dieses ghanaische Team lebt von seiner defensiven Organisation, selbst dann, wenn es nicht von Beginn an auf Ergebnis spielen will. Mit dieser vorsichtigen Grundausrichtung kämpfte sich das Team zum Beispiel im Januar ins Finale des Afrika-Cups. Motto: Hinten sicher stehen, vorne macht Gyan schon einen rein.

Bei Deutschland war durch die Wahl des Stürmers Cacau klar, in welche Richtung die Reise gehen sollte: Joachim Löws Team wollte den Gegner mit Kombinationsfußball schlagen, da kein kopfballstarker Angreifer im Team stand. Flanken waren sinnlos und wurden konsequenterweise auch praktisch nicht geschlagen. Das deutsche Team hätte stattdessen gerne die gefürchteten Diagonalbälle aus der Mitte in die Räume zwischen Innen- und Außenverteidiger auf Müller und Podolski gespielt. Durch ihre kompakte Abwehrformation nahmen die Ghanaer den Deutschen dieses Stilmittel jedoch weg.

Die Mittelfeldzentrale dagegen war heftig umkämpft. Ghana verteidigte energisch gegen die beiden deutschen Sechser und Özil wurde immer wieder von Annan übernommen. Die drei zentralen deutschen Spieler wurden ständig in Zweikämpfe verwickelt und der Ball lief nicht wie gewohnt. Der beste Mann in der Zentrale war ohne Frage Kevin-Prince Boateng, der nicht nur zweikampfstark war, sondern mit seinen Pässen auch Struktur ins ghanaische Spiel brachte. Anders als Özil fand Boateng immer wieder Lücken zwischen den deutschen Verteidigern, natürlich auch, weil unser Team nicht so kompakt verteidigte wie Ghana.

Apropos Verteidigen: Beide deutschen Außenverteidiger rückten oft weit nach vorne und verließen ihre Position in der Viererkette, ohne dass diese Lücke vom Mittelfeld gestopft wurde. Deshalb mussten Mertesacker und Friedrich mehrfach auf den Flügel herausrücken, um dort zu verteidigen. Mal ehrlich, damit tut man beiden und vor allem Mertesacker keinen Gefallen.

Vor dem gegnerischen Strafraum war immer wieder das Bemühen zu erkennen, den Ball schnell laufen zu lassen und direkt zu kombinieren. Doch eine Mischung aus Ghanas vielbeiniger Abwehr und Mängeln im deutschen Spiel vereitelte Erfolg versprechende Szenen. Es gelang nie, Cacau als zentralen Stürmer vor dem Tor in Position zu bringen. Wenn er mitspielen wollte, musste er oft bis zur Mittellinie zurückkommen.

Nach knapp einer Stunde hatte man das Gefühl, Deutschland habe sich in einen Trott hineingespielt und beginne langsam zu verzweifeln. Da fiel total überraschend das 1:0 durch Özils Fernschuss. Immerhin konsequent, dass Deutschland aus der Distanz traf, denn in Ghanas Strafraum ging ja gar nichts. Es war eigentlich die einzige Chance, zum Erfolg zu kommen. Nach dem 1:0 hätte man dann eigentlich erwarten müssen, dass Ghanas verstärkte Offensivbemühungen zu Kontergelegenheiten für Deutschland führen. Leider war davon nichts zu sehen.

Das hing natürlich auch damit zusammen, dass sich nun der Zwischenstand vom anderen Spiel herumsprach, nach dem Deutschland ja sehr schnell auf der sicheren Seite war und auch Ghana die nächste Runde erreicht hatte. Da musste niemand mehr richtig viel riskieren.

Insgesamt war es jedenfalls kein sonderlich schönes Spiel. Ist man ganz ehrlich, dann hatte Deutschland drei Szenen: einen Steilpass hinter die Abwehr, als Özil nach 25 Minuten an Kingson scheiterte, eine gefährliche Standardsituation, als Mertesacker den Ball knapp verpasste und den Fernschuss, der zum Tor führte. Das ist schon verdammt dünn.

Der Umgang mit der totalen Raumverknappung im modernen Fußball bleibt eben der Knackpunkt der meisten Fußballspiele. Kompakt verteidigen kann inzwischen (fast) jeder, wie man auf engstem Raum mit 20 Spielern auf einer Fläche von 30 x 40 Metern Torchancen erspielt, ist die Frage, die jede offensiv ausgerichtete Elf beantworten will. Diese WM demonstriert mal wieder, dass die endgültige Antwort darauf ein Rätsel bleibt. Auch für unser Team. Und jetzt kommt die gute Nachricht: England wird am Sonntag kaum so defensiv auftreten wie Ghana. Zumindest attraktiver sollte das Ganze also schon mal werden.

Bis bald,
Andreas




Aufrufe: 4398 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 15 | Erstellt:24.06.2010
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KOMMENTARE
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AndreasRenner
25.06.2010 | 09:50 Uhr
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AndreasRenner : @Thofino
25.06.2010 | 09:50 Uhr
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AndreasRenner : @Thofino
Hoppla. Zwei Tage vorher wusste ich es noch. Na, hoffentlich schalte ich nicht am falschen Tag ein.
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Thofinho
25.06.2010 | 00:11 Uhr
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Thofinho : @Andreas
25.06.2010 | 00:11 Uhr
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Thofinho : @Andreas
...und am Sonntag auch ;)
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AndreasRenner
24.06.2010 | 23:46 Uhr
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AndreasRenner : @Friccs
24.06.2010 | 23:46 Uhr
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AndreasRenner : @Friccs
Und das sagen die Engländer zu Recht über uns. Das sind am Samstag zwei Mannschaften, die eigentlich gegen jeden Gegner das Spiel bestimmen wollen. Und wenn beide mitmachen, könnte es ja ganz lustig werden.
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Friccs
24.06.2010 | 23:32 Uhr
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Friccs : 
24.06.2010 | 23:32 Uhr
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Friccs : 
Schön analysiert. Übrigens, das Argument dass sich andere Gegner nicht so hinten reinstellen würden, das sagen auch die Engländer über uns... (mMn sowieso ein sinnloses Argument, aber gut...)
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bunsen
24.06.2010 | 17:01 Uhr
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bunsen : 
24.06.2010 | 17:01 Uhr
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bunsen : 
ich fand eigtl das zweite dt spiel schwächer.

hinsichtlich der laufbereitschaft und der laufwege, war das serbien spiel mmn schwächer. es war viel bewegung im spiel gegen ghana. viele nationen wären dankbar, so viel bewegung im spiel zu haben. das war gut. das spiel wurde oft in die breite gezogen. auch gut.

es gab sicherlich wieder viele fehlpässe, aber oft waren die nicht so blöd wie in spiel 2. oft war es der letzte pass, der da gefehlt hat - wobei man auch mal sagen muss, dass ghana überraschend stark war. wenn jeder letzte pass ankommt, dann fallen deutlich mehr tore. dass viele tore fallen, ist nicht die regel, daher ok.
ich würde mir wünschen ein wenig einfacher zu spielen, und bei zeiten einfach einmal nur den ball zu halten, um sicherheit reinzubekommen.

über die defensive muss man nichts mehr sagen, das war relativ unsicher.

ich denke es ist zwar besser, wenn man nach dem 1:0 noch konzentriert konter fährt - aber das optimum holt man nie heraus, das spiel runter zu spielen ist vollkommen nachzuvollziehen (u.a. angesichts des 2. spiels), so viel druck kam seitens ghana auch nicht wirklich - da war die luft einigermaßen raus
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Taktiker
24.06.2010 | 14:22 Uhr
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Taktiker : 
24.06.2010 | 14:22 Uhr
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Taktiker : 
Treffende Analyse, ich kann dir eigentlich nur zustimmen.

Ein Wort noch zu den Wechseln: Ich fand es OK, dass man Boateng für Badstuber gebracht hat, allerdings finde ich es sinnlos mit ihm gegen England zu spielen, weil er (a) nicht besser war als Badstuber und (b) seinen starken Fuß innen hat, die Engländer aber mit einem Rechtsfuß spielen, also würde man sich selbst ins Bein schießen, wenn man einen Rechtsfuß nach links hinten stellen würde.

Ansonsten hätte ich Cacau ausgewechselt. Und zwar einfach deshalb, weil er nicht gut ins Kombinationsspiel eingebunden war, er die Mitte nicht gehalten hat, und das keinen Vorteil anderswo gebracht hat und er gegen die schwache ghanaische IV keine Chance hatte. Ich hätte Kießling gebracht, der einmal seine Position hält und zum anderen eine wesentlich größere körperliche Herausforderung für die gegnerischen IV dargestellt hätte, außerdem wollte Cacau wohl einfach zu viel in dem Spiel...

Noch ein Wort zu den weit aufgerückten AV: Wenn man so spielt, muss man mit einem in der IV erprobten Sechser spielen, der sich bei Ballbesitz in die Viererkette zurückfallen lässt. Außerdem braucht man IV, die auch auf halbrecht/links spielen kann, so wie zB Mexiko spielt, ist das durchaus effektiv, aber man braucht die Spielertypen dafür. Auch deswegen halte ich den sehr zurückhaltenden Badstuber auf links für eine sinnvollere LÖsung.
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Ortega28
24.06.2010 | 14:20 Uhr
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Ortega28 : 
24.06.2010 | 14:20 Uhr
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Ortega28 : 
Vorteile- Nachteile England:

Manndeckung:
Was mir aufgefallen ist, die Vorstöße von Khedira, ich denke mit Barry wird Khedira diesmal einen Bewacher/ Aufseher haben, der ihn bei seinen Vorstößen der ihn bisschen abbremst. Oder wird Barry der Aufseher von Özil? Wenn ja, das wäre die Chance von Khedira. Für beide Seiten, eine Win- Win Situation. Serbien stellt Stankovic auf Özil, der nahm perfekt aus dem Spiel, aber Khedira hatte dafür Freiraum. Mal schauen, wie Capello agieren wird. Vielleicht setzt er ja dann den Rooney auf Khedira.

Spielstrategie:
Und diese steilen Pässen in die Gassen, was gegen Australien, Serbien evt. Ghana teilweise gut funktioniert, ob das gegen schnelle Leute wie Ashley Cole, Glen Johnson, Terry mit sehr guten Antizipation Fähigkeiten funktioniert halte ich für fraglich. Da wird schon der eine Pass durchkommen, aber gegen England muss halt abgebrühter sein, bei der Chancenauswertung.

England Spielstil:
Tja.. großes Fragezeichen, mMn sehr facettenreich, sehr flexibel. Aber nirgendwo wirklich weltweit führend. Gegen Mexico, einer Mannschaft deren Spielauffassung die der Deutschen sehr ähnelt. Hatten sie Schwierigkeiten, aber waren bei der Chancenauswertung eiskalt. Aber sollten die Engländer wirklich hohe Bälle über Milner reinschlagen, wird sich die Deutsche Mannschaft freuen. Neuer, Merte, Friedrich, Boateng alles kopfballstarke Leute, nur darf man keinen Gerrard oder Rooney den Lahm überlassen. Gerade bei in so einer wichtigen Partie.

@AndreasRenner

Würde mich freuen, wenn Sie eine Analyse über die Brasilianer liefern würden. Ich denke, die haben mit eines der interessantesten Spielaufassungen bei dieser WM.
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Voegi
MODERATOR
24.06.2010 | 14:17 Uhr
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Voegi : 
24.06.2010 | 14:17 Uhr
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Voegi : 
Jo. Stimmt! ^^
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xperte84
24.06.2010 | 13:56 Uhr
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xperte84 : 
24.06.2010 | 13:56 Uhr
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xperte84 : 
Ach so, übrigens gestern noch ein deutsches Spiel mit frappierender Ähnlichkeit zur EURO 2008 gesehen...

Hoffentlich wird's Sonntag dann das Portugal- Spiel
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xperte84
24.06.2010 | 13:54 Uhr
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xperte84 : 
24.06.2010 | 13:54 Uhr
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xperte84 : 
Triffst den Nagel auf den Kopf, England liegt uns eher.
Die werden sich nicht hinten reinstellen.
Aber abwarten, ob die Unerfahrenheit und Nervosität der deutschen Mannschaft uns nicht doch noch die Party verdirbt
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