Es schien mir damals wie eine Illusion, ein großer Traum, der sich wohl nie erfüllen würde. Jedes Spiel meiner Bayern live im Fernsehen sehen können. Jedes Spiel, das mich interessierte, in voller Länge, von Anfang bis Ende begutachten können. Jeden Tag Fußball live. Nein, bei allem Glauben an technischen Fortschritt und neue Programmstrukturen konnte ich mir Ende der 80er Jahre doch nicht vorstellen, dass dieses Wunschszenario einmal real werden könnte. Heute im Jahre 2015 ist all das längst gewohnte Selbstverständlichkeit, ohne die wir uns den Fußball kaum mehr vorstellen können. Und doch, so schön es ist, dass sich mein einstiger Traum erfüllt hat, so sehr sehne ich mich doch in manchen Momenten zurück. Nach der guten alten Zeit und nach...
...den Premiere-Einblendungen, die den Live-Übertragungen des Pay-TV-Senders in den 90er Jahren einen ganz besonderen Charme verliehen. So war es damals noch Usus, nur eine Partie am Samstagnachmittag live zu übertragen und die Abonnenten mittels ausgefeilter Einblende-Choreografie über die Spielstände in den anderen Stadien zu informieren. Ein wie von Geisterhand, aus dem Nichts erscheinender Schriftzug "Premiere Bundesliga", in grellen Gelb-Rot-Tönen gehalten, bereitete einen seinerzeit auf die bevorstehende Meldung eines Treffers vor. Der nachfolgende, von der rechten Bildschirmseite allmählich hereinrückende Text gab einem schließlich Gewissheit. Wer hatte wo für wen zu welchem Spielstand getroffen. Ein ganz besonderes Spannungselement, das einen schon einmal über den mangelnden Unterhaltungswert des Topspiel hinwegzuhelfen wusste, indem es den Blick des Zuschauer statt auf das Spielgeschehen auf das untere Bildschirmdrittel bannte in der Hoffnung auf die erlösende Meldung des ersehnten Treffers des eigenen Lieblingsvereins.
...Sportschau-Einblendungen, ein Relikt der 80er Jahre, welches angesichts der Übertragungsdichte auf den verschiedenen Kanälen kaum mehr vorstellbar erscheint. Doch seinerzeit durfte die ARD-Sportschau nur drei oder vier Partien des Samstags in einer Zusammenfassung darbieten und überließ die restlichen Begegnungen den Kollegen vom ZDF. Eine Information über den Ausgang jener Spiele ließ man sich jedoch nicht nehmen und präsentierte vor den bewegten Bildern die sonstigen Resultate. In minder origineller Choreografie, als es die Pay-TV-Kollegen wenige Jahre später vollziehen sollten, aber gleichwohl mit unnachahmlich-einzigartigem Charme. Dabei blendete man zunächst die Liste aller Partien ein, ließ dabei aber die Ergebnisse aus, um diese nach und nach, jeweils langsam von links nach rechts ins Bild zu setzen. Spannungsfaktor maximal, ohne das auch nur eine Szene des Spiels gezeigt wurde.
...dem guten alten Aktuellen Sportstudio. Gewiss, den Dauerbrenner unter den Sportsendungen gibt es auch heute noch. Doch die besondere Faszination, wie sie sich mir insbesondere in den 80er Jahren darbot, ist verloren gegangen. So sehne ich mich doch nach Dieter Kürten, Harry Valerien, Bernd Heller und ja auch nach dem etwas drögen Karl Senne und der unbeholfenen Doris Papperitz. Ich wünschte mir emotionsgeladene Showdowns, wie damals im Mai 1989, als sich Daum und Hoeneß ihren legendären Zweikampf auf dem Lerchenberg lieferten Heiligenschein inklusive. Ich wünschte mir technische Pannen, die Dieter Kürten zu einem liebevoll-bösen Dialog mit dem Regisseur samt augenzwinkernd-ironischen Liebkosungen ("Hase") veranlassten. Ich wünschte mir Torwand-Happenings mit Weizenbier-Kaiser oder Supernasen zurück, die einem zumindest die leise Hoffnung verleihen, dass es irgendwann einmal die magischen sechs Treffer gibt. Ich wünschte mir den guten alten, behäbigen, nonchalanten Stil zurück.
...Europapokal-Reportagen mit unscharfem Bild, knisterndem Ton samt zusammenbrechender Tonleitungen, über die Ploog, Luchtenberg & Co. verzweifelt versuchten, das Geschehen aus der bulgarischen Provinz über den Äther in das deutsche Wohnzimmer zu senden. Zugegebenermaßen ein Form des antiquierten Charmes, die man in die Rubrik nostalgische Verblendung einordnen muss, denn die seinerzeit üblichen Form der Übertragung war weder für Auge noch für Ohren eine Freude. Und doch schön wars schon, den schweißtreibenden und geradezu archaischen Kampf mit der Technik hautnah mitzuerleben.
...Bayer Uerdingen und Waldhof Mannheim. Sicher keine Vertreter der hohen Fußballkunst und ganz gewiss keine Beispiele für ausgefeilte Fankultur und berauschende Stadionatmosphäre, glichen die Heimstätten der beiden Clubs doch bestenfalls leicht aufgemotzten Dorfsportplätzen. Aber eben auch Repräsentanten einer Zeit, in der Fußball noch etwas unschuldiger schien, ohne es freilich zu sein.
...Roland Wohlfarth, Bayern Wunderstürmer der 80er Jahre, dem eine große internationale Karriere vorenthalten blieb. Aber mit seiner über mehrere Jahre höchst ansehnliche Trefferquote so etwas wie Mr. Zuverlässig und irgendwie der Inbegriff des FC Bayern von damals neben Augenthaler, Pflügler, Aumann & Co. versteht sich.
...damals, als alles so viel ursprünglicher, besser, schöner war. Was, wie ich weiß, natürlich ein Fall nostalgischer Verklärung ist, in der man sich die Vergangenheit rosarot malt, obwohl sie in Wirklichkeit doch manchmal ziemlich grau war. Vielleicht blicke ich ja irgendwann zurück auf das Jahr 2015 auf SKY90, Bundesliga pur, die TSG Hoffenheim und Mario Götze. Wobei... nee...!
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So, Tante Edith hat es gelesen.
Mhm, echt schwierig. Voegi mit einem scharmanten Blick zurück in die TV-Studios und RRA mit seiner Live-Erfahrung. Vielleicht ist es Neid, aber ich es sehe RRA da eine Nuance vorne.
Also meine Stimme an RoyRudolphusAnton
Echt Schade, daß es diese Woche so wenig Zuspruch gab