Umbruch beim HSV.
Die Karriere einiger Spieler neigt sich dem Ende zu und der HSV kann weder mit Geld, noch mit sportlichen Erfolgen oder Aussicht auf diese interessante Spieler locken. Um den Niedergang des ruhm- und traditionsreichen Vereins abzuwenden sind innovative Wege gefragt und der HSV holt...
Nein, nicht Frank Arnesen, sondern Gerhard Heid.
Allerdings heißen die in die Jahre gekommenen Spieler auch nicht Ze Roberto, Rost und van Nistelrooy, sondern Charly Dörfel, Willi Schulz, Jürgen Kurbjuhn und Uwe Seeler.

Die Liga leidet nach dem Bundesligaskandal anfang der 1970er Jahre unter sinkenden Zuschauerzahlen und da damals aus den Erlösen der Eintrittspreise der größte Teil des Saisonetats bestritten wurde, ging es allen dreckig.
Aus dieser Not machte der HSV eine Tugend, in dem er Gerhard Heid, den Jugendleiter des TuS Altrip, damals das Non plus ultra der Jugendklubs, holte. Und damit den Talentscout erfand.

Heid entwickelte nach eigenen Aussagen den Lehrberuf Fußballprofi und erarbeitete ein Konzept, dass es jungen Fußballern ermöglichte sich schnell in ihrer neuen Umgebung zurecht zu finden. Die Eltern der Neuen wurden dadurch beruhigt, dass Ihre Jungs bei Gastfamilien untergebracht wurden.

In dieser Zeit gab es kaum ein vielversprechendes Talent in Deutschland, dass nicht vom HSV kontaktiert wurde.
Manfred Kaltz brachte Heid gleich vom TuS Altrip mit, Rudi Kargus von Wormatia Worms und Caspar Memering von Werder Bremen.
Bei Memering schickte Heid Manni Kaltz vor, mit dem er auf den Weg zu einem Turnier war legte ihm auf dem Hinweg das Angebot vor und ließ es auf dem Rückweg gleich von Cappis Eltern unterschreiben. Ohne das Werder davon Wind bekam.

1971 verschwand Georg (Schorsch) Volkert kurzfristig von der Bildfläche, da ihn Heid bei einer befreundeten Familie auf Helgoland vor der Konkurrenz bis zur Öffnung des Transferfensters in Sicherheit gebracht hat.
Volkert gehörte wie Ole Björnmose (Werder) und Klaus (Jonny) Winkler (Offenbach) zu den erfahreneren Spielern, um die der HSV die Mannschaft der Nachseelerära aufbaute.

Weitere Talente, die Heid zum HSV lockte waren Peter Lüdeke, Peter Hidien,
Kurt Eigl und Peter Krobbach. Zweifelsfrei legte er mit seinem Wirken den Grundstein für den Erfolg des HSV ab Mitte der 70er Jahre.
In der Liga erwarb er sich den Ruf eines Raubritters, da er der Konkurrenz manches Talent wegschnappte, auch die Einladungen der Eltern nach Hamburg, wo Heid ihnen die Angst vor dem Sündenpfuhl Großstadt nahm, wurden kritisch beäugt und sogar vom DFB überprüft. Allerdings ohne Erfolg.

Heid war ein Vollblutprofi, der 25 Stunden am Tag für den HSV im Einsatz war und seine Talente auch nach der Verpflichtung nicht aus den Augen ließ.
Heute frage ich mich, was wohl aus dem HSV geworden wäre, wenn sich
Gerhard Heid auch etwas um seine Gesundheit gekümmert hätte.
Leider hat er dies aber nicht getan und so verstarb er, erst 36 Jahre alt, am
20.März 1972.

In nur zwei Jahren hat sich Gerhard Heid beim HSV unersetzlich gemacht und viele der von ihm entdeckten Talente sind nach seinem Tod in ein Loch gefallen.
Doch hat die kurze Zeit seines Schaffens den HSV auf Jahre geprägt.
Nie wieder wurden in so kurzer Zeit so viele Talente nach Hamburg geholt, die auch den Weg in die erste Elf schafften.

Zumindest nicht bis heute, denn so unterschiedlich die Zeiten auch sind, kann man, wenn man denn will, doch viele Parallelen zur jetzigen Situation des HSV erkennen. Und warum sollte die Renaissance des Talents in Hamburg nicht wieder zum Erfolg der 70er und 80er Jahre führen.

NUR DER HSV!


Bei der Recherche zu meinem Blog habe ich (mal wieder) auf das hervorragende
Buch Unser HSV von Axel Formeseyn zurückgegriffen.