Hamburg wir haben ein Problem!
Wer hätte vor zwei Wochen gedacht, dass man wenn man über den HSV
schreiben will kaum aktuelle Themen hat, auf die man zurückgreifen kann.
Litten wir in den ersten zehn Wochen des Jahres an einer Reizüberflutung
und hatten Probleme zu sortieren, worüber wir zuerst schreiben sollten,
ist jetzt das eingetreten, was wir gefordert haben.
Ruhe!

Neulich bin ich bei Matz ab über ein Interview mit unserem Aufsichtsratschef
Erbst Otto Rieckhoff gestolpert. Unter anderem tauchte dort die Frage nach
dem Verbleib von Oenning als Trainer auf Und Rieckhoff antwortete:
"Das wird die Klub-Führung entscheiden, nicht der Aufsichtsrat."
Und das war`s. Keine persönlichen Meinungen, keine klugen Ratschläge.
Es herrscht Ruhe!

Mich beschleicht das Gefühl, als hätten die Beteiligten aus den letzten
Monaten ihre Lehren gezogen, oder wollten zumindest diesen Eindruck
vermitteln.
Auch die Schlagzeilen im Boulevard (Troche nach Sevilla, Rost zu Hertha,
Jarolim zu Werder etc.) wirken mehr wie das Pfeifen im Walde und nicht
wie die Wiedergabe gehaltvoller Informationen.
Es ist, als würden alle auf den Gong warten, der die nächste Runde frei gibt.

Man könnte sich demnach auf das sportliche Geschehen konzentrieren.
Doch erstens ist Länderspielpause und zweitens war da ja dieser 6:2-Sieg
gegen die Kölner, der auch auf dieser Ebene für Ruhe sorgte.
Bliebe noch sich mit dem kommenden Gegner zu beschäftigen, doch der
heißt Hoffenheim, die personifizierte Langeweile, die mit dem Trainer, bei
dem es am interessantesten ist, zu lernen wie man den Namen ausspricht.
Der Verein scheint nicht so recht zu wissen, wo man denn hin will.
Mittelmaß der Liga als Ziel?
Spannend ist anders.

Bliebe einem nur die Spekulation.
Wer wird der neue Trainer, so denn einer kommt?
Wen außer Drogba bringt Arnesen aus London mit?
Welche Spieler fallen dem Umbruch zum Opfer?
Ist überhaupt noch das Geld für einen Umbruch vorhanden?

Oder der Blick zurück.
Ohne auf Details der letzten Monate (Jahre) eingehen zu wollen, bleibt
festzustellen, dass von allen Seiten aus derartig viel Porzellan zerschlagen
wurde, dass letztlich nur noch der absolute Neuanfang möglich war.
Der sofortige Rücktritt von Hoffmann und Kraus, deren Leistungen und
Verdienste für den HSV unbestritten sind, war nicht nur richtig, sondern
unumgänglich.
Nur so war eine Konzentration auf das Wesentliche möglich.

Carl Jarchow als Übergangsvorsitzender und Joachim Hilke als Marketingchef sind, bei aller gebotenen Eile, gute Alternativen, die ohne lange Einarbeitung die Geschäfte des HSV weiterführen können.
Hoffmanns letzte Tat, die Mitarbeit an der Verpflichtung von Frank Arnesen,
könnte die richtungsweisenste Entscheidung der letzten Jahre sein.

Wie halb Hamburg, liege auch ich dem sympathischen Hoffnungsträger
aus Dänemark zu Füßen. Der Mann strahlt bei aller nordischer Zurückhaltung Zuversichtlichkeit und Entschlossenheit aus. Er wirkt bei allem was er sagt kompetent und vermittelt das Gefühl, dass Teamplay für ihn keine Phrase ist.
Kurz gesagt, Arnesen könnte das Puzzlestück sein, das dem HSV in den
letzten Jahren zum Erfolg gefehlt hat.

Meine Sorge um die Zukunft des HSV beginnt einem Zustand zwischen
Hoffnung und Zuversicht zu weichen.
Auf jeden Fall weicht die Gleichgültigkeit gegenüber dem, was auf dem Feld
geschieht, denn dort könnte Michael Oenning in den letzten sieben Spielen
der Saison den sportlichen Umbruch einleiten, oder zumindest vorbereiten.

Die Spieler haben jetzt keinerlei Ausreden mehr und absolut nichts, worauf
sie sich ausruhen könnten. Auch wenn der Effzeh erschreckend schwach
war, gab es doch sehr sehenswerte Ansätze im Spiel nach vorn, auf die
sich aufbauen lässt.
So haben mir die Vorstöße von Dennis Diekmeier, der diese sogar mit
brauchbaren Flanken abschloss, sehr gefallen. Die Schwächen in der
Rückwärtsbewegung habe ich natürlich auch gesehen.
Auch die Entwicklung von Änis Ben-Hatira geht in die richtige Richtung.
Es scheint so, als könne aus ihm noch ein richtiger Bundesligaspieler werden.
Elia hatte Lust auf Fußball und Petric war eiskalt. Selbst Ze scheinen die
zunehmenden Temperaturen zu beflügeln.

Ruud van Nistelrooy hat sein bestes Spiel des Jahres gemacht.
Natürlich hätte er mindestens ein Tor machen müssen, dieses Manko glich
er jedoch mit seiner Einsatzbereitschaft aus.
Ich hoffe, dass Son oder Torun die durch Ruuds Sperre entstehende Chance
nutzen und sich eventuell sogar festspielen können.
Da der Abgang van Nistelrooys zum Saisonende zu 99% feststeht, könnte
ich mir die Nachwuchsstürmer auch für den Rest der Saison vorstellen.
Nur schickt bitte nicht den Guerrero aufs Feld.

Jetzt ist es ja doch noch ein wenig sportlich geworden, was ja auch zu
einer Vorschau passt. Auf den obligatorischen Tipp zum Spiel verzichte
ich jedoch, dafür ende ich mit dem Wunsch am Samstag zur Toppspielzeit
auch ein Toppspiel serviert zu bekommen. Einen HSV, der engagiert nach
vorne spielt und sich nicht durch kleine Rückschläge aus der Bahn werfen
lässt.

NUR DER HSV!