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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
08.02.2012 um 01:51 Uhr
Geschrieben von Gnanag
FCB-Gesichter (X) - Teil 2
Zurück zu Teil 1

Es kam, wie es kommen musste.

„Sepp, du musst ins Tor".

„Aber ich komme doch kaum zur Torlatte rauf!"

„Gegen die Bayern verlieren wir doch sowieso".


Und so wurde Maier kurzerhand ins Tor beordert. Das Spiel endete denkbar knapp, 12:0, dennoch wurde Maier von den bösen Bayern, die in bewährter Manier ihre Konkurrenten schwächen wollten, sofort ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte:

„Ohne dich hätten sie 30:0 verloren, willst du nicht zu uns kommen?".

Sepp Maier wurde im Team sofort gut aufgenommen und war von Anfang an ein Spaßvogel – ein Clown, der für Geld allerlei Unfug anstellte. So sprang er für 5 Mark mit Kleidung von einem Schiff in den Ammersee, für eine Portion Spiegeleier mit Speck lief er immerhin nackt um den Trainingsplatz. Er war der Gegenentwurf zu den heutigen Berufsfußballern, deren Leben perfekt auf die Erfordernisse des Profisports ausgerichtet ist und deren Ernährung, Schlaf und öffentliche Äußerungen mit der Präzision von Computern überwacht werden.

Maier war ein Unikat.

Er machte nebenher noch eine Ausbildung zum Werkschlosser und kam erst abends ins Bayern-Training. Schlaf fand er zumeist auf der Toilette seiner Arbeitsstelle. Ihm kam nie in den Sinn, den Fußball als etwas anderes als ein Zubrot zu sehen. Der Gedanke, vom Fußballspielen gar leben zu können, war damals kein Gedanke, sondern eine Utopie, gar gleich eines nüchternen Mario Baslers!

Aber trotz des großen Erfolgs, den er einst später haben sollte, blieb er immer der bodenständige Sepp von nebenan. Als er mit den Bayern 1967 gegen Glasgow zum ersten Mal den Landesmeister Cup gewinnen sollte, feierte er den Sieg auf gewohnt lausbübische Weise:

Er kletterte unter dem Tisch herum und verknotete die Schnürsenkel der Gäste.

Der zweite Grundpfeiler der Mannschaft war ein junger Kerl namens Beckenbauer, der bis heute als einziger Mensch eine Sekretärin schwängern und mit der Begründung "der liebe Gott freue sich über jedes Kind" sogar noch die Sympathien auf seine Seite ziehen konnte. Das schafft nur Franz.

Er war nicht nur in dieser Hinsicht ein Unikat, ein Glückskind, eine Laune der Natur. Beckenbauer war genial, schwerelos und schon früh vollendet. Er schwitzte nicht, er kämpfte nicht, nein, er tanzte über den Rasen, den Kopf oben, mit tänzelnden, leichten Schritten, die etwas seltsam majestätisches, weltfernes an sich hatten.

Er war nicht der Spieler, der aussichtslosen Bällen hinterherjagte und sie unter dem stürmischen Applaus des Publikums vor dem Aus rettete, er war der schwerelose Könner, der den entscheidenden Ball in der 90.Minute lächelnd über den halben Platz dem Stürmer in den Fuß spielte. Er war einzigartig, ein Wunderkind und der wohl größte, eleganteste und einzigartigste Spieler, den unser Land je hervorgebracht hat (nach Walter Frosch natürlich, aber das erklärt sich ja von selbst.

Beinahe wäre der Jahrhundertfußballer aber bei den 60ern gelandet.
Nachdem ihm aber deren Mittelstürmer, der übrigens ebenfalls Franz hieß, in einem Pokalfinale "als Depp" bezeichnet und mit einer Ohrfeige verabschiedete hatte, stand für den Kaiser sofort eines fest:

"Zu denen geh I net!"

Der dritte Grundpfeiler war der bescheidenste, einfachste und effektivste von allen:

Gerd Müller.

Als der sich nach seiner Verpflichtung bei der Mannschaft gewohnt unbeholfen und linkisch mit dem Satz "Ich bin der Torjäger aus Nördlingen" vorstellte, schrie diese vor Lachen, das ihnen jedoch bald vergehen sollte.

Denn Müller war auf dem Fußballfeld ein Genie, eine bis dato unbekannte Spezies, deren alleiniger Lebens-und Existenzzweck der Torerfolg war. Außerhalb des Platzes war er jedoch ein denkbar bescheidener – und ausschließlich an den einfachen Dingen des Lebens orientierter Zeitgenosse. Nachdem der FCB Bayern im Mai 1967 zum ersten Mal den Europacup der Landesmeister gewonnen hatte, wollte der Bomber z.B nicht etwa feiernd durch Nürnberg ziehen oder gar die Hingabe der weiblichen Fans testen, nein, seine einzige, wundervoll simple und bescheidene Aussage war folgende:

„Bin I froh, dass die Gaudi jetzt vorbei ist, jetzt tua ma an Schafkopf".

Sein Erfolgsgeheimnis, das ihn wohl ewig unerreichbar und in meinem Herzen zum unangefochten König der Stürmer macht, war gerade dieser Einfachheit.

"Ich haue halt immerzu aufs Tor".

Gourmand Tschik war von Müller anfänglich jedoch überhaupt nicht begeistert und sah ihn lieber auf der Ersatzbank als im gegnerischen Strafraum.

"Sie dickes kleines Müller, das nicht sehen kann Ball, wenn liegt unter Bauch!".

Und so saß Müller zuerst auf der Ersatzbank. Allerdings nur so lange, bis Charismatiker Neudecker gewohnt subtil einschritt:

"Wenn Sie den mit den dicken Haxen nicht aufstellen, gehe ich nie mehr auf den Fußballplatz!"

Müller war der Beginn der neuen Ära. Mit ihm gelang den Bayern in der nächsten Saison endlich der ersehnte Aufstieg. Und nun war die Bayern-Welt rosarot und zum ganz großen Glück fehlte nur noch einer.

Robert Schwan, der Mann, der unter seiner eigenen Intelligenz litt.

Schwan, der mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet war („Es gibt nur zwei intelligente Menschen, Schwan am Vormittag und Schwan am Nachmittag"), hatte ähnlich wie Neudecker aus einfachsten Verhältnisse den Aufstieg geschafft."Als kleiner, erbärmlicher Vertreter" hatte er angefangen, um dann als "Nichtakademiker" der erste Manager der Bundesliga zu werden.

Und was für einer er wurde!

Der Mann, der nach eigener Aussage "keine Ahnung von Fußball hatte", wurde beim FCB Bayern bald zum herrsch-und -geltungssüchtigen Patriarchen. Die Aktentasche ließ er sich standesgemäß von Spielern tragen, an der Tankstelle bezahlte er bald nur noch mit 1000 Euro Scheinen und seine Pläne waren noch größer als sein Ego. Mit Schwan begann sich das Image des bisher provinziellen Klubs komplett zu ändern. Früher war der FCB ein mehr oder weniger unbedeutender Klub gewesen, bescheiden und bodenständig, vielleicht mit ein paar kuriosen Eigenheiten (in der Satzung war einst verankert, dass Mitglieder das Abitur haben müssen) doch Schwan drückte dem Verein seine eigenwillige und streitbare Persönlichkeit auf. Er lehnte es ab, die Mannschaft in zweitklassigen Hotels übernachten zu lassen, genauso wie er die Leberwurst durch den Kaviar ersetzte. Schwan war derjenige, der den Erfolg zementierte, den der Verein durch die jungen Wilden namens Beckenbauer, Maier und Müller errungen hatte.

Zum Klub von Weltrang sollte ihn aber schließlich ein geschäftstüchtiger Schwabe aus Ulm machen, aber das ist eine andere Geschichte.

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Aufrufe: 2261 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 6 | Erstellt:08.02.2012
ø 10.0
KOMMENTARE
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konserva11
04.04.2012 | 17:03 Uhr
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konserva11 : 
04.04.2012 | 17:03 Uhr
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konserva11 : 
Wunderbarer Blog. Ich bin echt begeistert von deinem Schreibstil und alte Geschichten interessieren mich eh schon immer. Die Zitatae zwischendrin sind einfach genial, vor allem der Neudecker scheint ziemlich komischer Kauz gewesen zu sein
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Voegi
MODERATOR
08.02.2012 | 14:23 Uhr
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Voegi : 
08.02.2012 | 14:23 Uhr
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Voegi : 
großartiger blog-beitrag.
sehr witzig geschrieben und höchst informativ. ein wunderbarer überblick über die fcb-gesichter, die den verein groß gemacht haben. weshalb ich den beitrag jetzt doch als gesichter-blog eingeordnet habe. sagt ja niemand, dass in einer ausgabe immer nur eine person thematisiert werden muss. von daher passt das absolut da rein!

stark!
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BS31
08.02.2012 | 14:16 Uhr
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BS31 : 
08.02.2012 | 14:16 Uhr
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BS31 : 
Klasse ding und sehr informativ !
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Schnumbi
08.02.2012 | 13:35 Uhr
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Schnumbi : 
08.02.2012 | 13:35 Uhr
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Schnumbi : 
@ Gnanag höre net auf so einen hilfsbayer
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Gnanag
08.02.2012 | 13:32 Uhr
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Gnanag : 
08.02.2012 | 13:32 Uhr
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Gnanag : 
@Bulle: Hey, Mitleid mit den Anfängern Oder willst du, dass Max hier auftaucht und dich zurechtweißt, dass du dem armen, hoffnungsvollen Blog-Talent jegliches Selbstbewusstsein nimmst?

PS: Wir können alles, außer hochdeutsch (und bayerisch)

@schnum: Stimmt, ist mir auch inzwischen aufgefallen, dass das vielleicht zu viel des Guten war



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Red_Director
08.02.2012 | 10:00 Uhr
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08.02.2012 | 10:00 Uhr
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immer wieder schön diese geschichten von früher.
und dazu noch äußerst kurzweilig geschrieben - 10 punkte
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Schnumbi
08.02.2012 | 09:45 Uhr
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Schnumbi : 
08.02.2012 | 09:45 Uhr
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Schnumbi : 
@ Gnanag: du bist der hammer

das sind ja 4 gesichter blöge in einem , dachte du machst über eine person

aber trotzdem top !!
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RoterBulle92
08.02.2012 | 06:17 Uhr
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-1
08.02.2012 | 06:17 Uhr
-1
Welcher Amateur hat das geschrieben?
Ich hab ja eine Vermutung...
....schwarzer Hut, gelber Schnabel, brauner Stock...



Alleine dieses Laienbayerisch.
Entweder du schreibst es richtig bayerisch oder hochdeutsch
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