23.09.2010 um 22:56 Uhr
Geschrieben von La_Pulga
FC Barcelona - Almost perfect
Der FC Barcelona - Offensiv nah an der Perfektion
Zum Abschluss der Themenwoche der Taktikecke widme ich mich heute dem erfolgreichsten Team der letzten 5 Jahre, dem FC Barcelona. Nachdem uns Taktiker gestern über die Idee der falschen Neun und den fließenden Positionen des AS Rom aufgeklärt hat, wird nun mit dem FC Barcelona die Mannschaft unter die Lupe genommen, die mehrere neue Grundideen in Perfektion ausübt.
"Beletti, spitzer Winkel ----- TOOOOOOOOOR! Barcelona führt 2:1, Arsenal am Boden!"
"Xavi... Flanke, da ist Messiiiii und driin! Messi mit dem Kopf, 2:0, das wars, Barcelona macht den Deckel drauf!"
So oder so ähnlich haben sie sich angehört, die Worte im Mai 2006 und 2009, als der FC Barcelona die Champions-League gewann. Und ohne Zweifel, sie gewannen verdient, weil sie den attraktivsten Fussball unter den Teilnehmern geboten haben. Barcelona hat den letzten 5 Jahren taktisch und fussballerisch seinen Stempel aufgedrückt. Doch was zeichnete die Mannschaften von 2006 bis 2009 aus, welche Philosophie steckte hinter den Erfolgen und wie sieht es in Barcelona derzeitig aus?
So funktioniert Barcelona:
Das System:
Die Grundformation
Wenn man einen Vergleich zwischen den CL-Erfolgen zieht, erkennt man eines ganz deutlich. Sowohl 2006 als auch im letzten Jahr wurde das gleiche System gespielt, 4-1-2-3, typisch Barcelona. Eingeführt wurde diese Variante von den holländischen Trainern in Catalonien, perfektioniert von Rijkaard, seines Zeichens ebenfalls Niederländer.
Und auch Guardiola hat das System in seinem ersten Barca-Jahr übernommen und grob gesehen hat sich nicht viel verändert.
Ausführung:
Ball beim Torwart, Offensive Ausrichtung
Barcelonas Philosophie ist ganz eindeutig: Die Spiele werden in der Offensive gewonnen. Dementsprechend ist die Taktik ausgegeben. Bei Ballbesitz beim Torwart richtet sich die Mannschaft offensiv aus. Das Spiel wird so breit wie möglich gemacht, die vertikalen Abstände sind relativ gering. Barcelona spielt im Mannschaftsverbund nach vorne. Die Innenverteidiger bieten sich ganz außen an, der 6er stößt in die Lücke der Innenverteidiger. Die offensiven Außenverteidiger befinden sich bereits fast auf Höhe der Mittelfeldspieler, denn: Barcelona hat immer viel Ballbesitz, lässt den Ball aber nur sehr selten tief in der eigenen Hälfte zirkulieren. Die Katalanen ziehen ihr Kurzpassspiel in der gegnerischen Hälfte auf, dementsprechend hoch steht die Mannschaft. Die beiden Außenstürmer kleben in der Grundausrichtung an den Linien und sind somit immer anspielbar.
Das fällt auf: In dieser Ausrichtung des 4-1-2-3 bilden sich extrem viele Dreiecke, perfekt für das Tiqui-Taka. Der ballführende Spieler hat immer mindestens zwei Anspielstationen, und durch das überragende Passspiel und die individuelle Klasse der Einzelspieler, hat der Gegner kaum eine Chance an den Ball zu kommen. So ist es den Katalanen möglich, bis zu 80% Ballbesitz und eine erdrückende Dominanz herauszuspielen, eine Dominanz, die wohl der wichtigste Bestandteil der CL-Erfolge war.
Wie greift Barcelona an?
Grundsätzlich geht es bei Barcelona über Stationen nach vorne. Es wird geduldig gewartet bis sich eine Lücke bietet, der Gegner wird in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Die zentralen Mittelfeldspieler sind dafür verantwortlich den Ball nach vorne zu tragen, sie sind die Schaltstationen. 2006 waren es Xavi und Deco, 2009 Xavi und Iniesta. Der Rechtsaußen zieht bei einem Angriff über seine Seite gerne nach innen um dem Außenverteidiger die rechte Außenbahn anzubieten. Dementsprechend logisch ist es, dass es bei Barca mittlerweile quasi ein Gesetz ist, dass ein Linksfuß auf rechts und ein Rechtsfuß auf links spielt. Die Außenstürmer sind im System nicht für Flankenläufe vorgesehen sondern fungieren als eine Art stürmender Spielmacher. Ronaldinho hat diese Rolle 2006 in Perfektion ausgeführt, Messi war es 2009. Für Flanken in den Strafraum, die ohnehin eher Seltenheit sind, müssen also die Außenverteidiger sorgen, die offensiv die gesamte Linie beackern dürfen.
Angriff über rechts
Der Linksaußen bleibt bei einem Angriff über rechts für einen möglichen Diagonalball am Flügel kleben und bietet eine weitere Anspielstation. Die zentralen Mittelfeldspieler stehen im Angriff gestaffelt, allerdings ohne ihre Bindung zueinander zu verlieren.
Die Innenverteidiger rücken auf, der Ballnahe schiebt ein ganzes Stück nach vorne, der zweite Innenverteidiger sowie der als Libero fungierende Torwart sichern ab. Auch der Linksverteidiger ist nun nicht zwangsweise dafür zuständig den Ball nach vorne zu bringen, er bietet zwar eine Anspielstation, konzentriert sich aber ebenfalls eher auf die Absicherung.
Die Offensiven genießen jegliche Freiheiten und bekommen durch den hohen Ballbesitz die Chance zu rotieren. Bei Barcelona kann man die Positionen auch deswegen so schwer auseinander halten, weil ständig die Positionen getauscht werden. Auch das wurde von Rjikaard 2006 vorgelebt und von Guardiola 2009 perfektioniert. Ähnlich wie beim AS Rom wurde für fließende Übergänge gesorgt. Mittelfeld und Angriff sind kaum auseinander zuhalten, jeder Spieler ist in Bewegung. Typen wie Iniesta oder Messi die offensiv jede Position bekleiden können sind wie geschaffen für diese Art von Angriffsfussball.
Was passiert bei einem Ballverlust?
Barca spielt Offensivpressing
Wenn ein Verteidiger gegen Barcelona den Ball gewinnt, kann er sich meistens nur kurz freuen. Danach drängt sich die Frage auf: Wohin mit dem Ball? Rjikaard hat es seiner Mannschaft 2006 eingetrichtert sofort von Angriff auf Abwehr umzuschalten. Ballverlust = Pressing, das war die entscheidene Formel.
Die gesamte Mannschaft rückt vor, der Gegner wird attackiert. Es wird extrem zur ballnahen Seite verschoben, ein langer Ball wird durch schnelles anlaufen der Gegenspieler und aggressiver Offensivverteidigung verhindert. Der Ball soll so schnell wie möglich wieder in den eigenen Reihen sein.
Hinter diesem Ziel versteckt sich der Grund für den Erfolg: Denn durch den hohen Ballbesitz und das direkte Pressing wird der Gegner aus dem Spiel genommen. Jeder der selber Fussball spielt oder gespielt hat, weiß wie schwer es ist, den Faden nicht zu verlieren, wenn man über längere Zeit keinen Ballkontakt hat.
Der Schlüssel für die CL-Siege 2006 und 2009 lassen sich also grob auf diese Formel bringen: Die eigene Dominanz bringt den Gegner aus dem Spiel und lässt ihn zwangsweise Fehler machen.
Hier gehts zu Teil 2
Zum Abschluss der Themenwoche der Taktikecke widme ich mich heute dem erfolgreichsten Team der letzten 5 Jahre, dem FC Barcelona. Nachdem uns Taktiker gestern über die Idee der falschen Neun und den fließenden Positionen des AS Rom aufgeklärt hat, wird nun mit dem FC Barcelona die Mannschaft unter die Lupe genommen, die mehrere neue Grundideen in Perfektion ausübt.
"Beletti, spitzer Winkel ----- TOOOOOOOOOR! Barcelona führt 2:1, Arsenal am Boden!"
"Xavi... Flanke, da ist Messiiiii und driin! Messi mit dem Kopf, 2:0, das wars, Barcelona macht den Deckel drauf!"
So oder so ähnlich haben sie sich angehört, die Worte im Mai 2006 und 2009, als der FC Barcelona die Champions-League gewann. Und ohne Zweifel, sie gewannen verdient, weil sie den attraktivsten Fussball unter den Teilnehmern geboten haben. Barcelona hat den letzten 5 Jahren taktisch und fussballerisch seinen Stempel aufgedrückt. Doch was zeichnete die Mannschaften von 2006 bis 2009 aus, welche Philosophie steckte hinter den Erfolgen und wie sieht es in Barcelona derzeitig aus?
So funktioniert Barcelona:
Das System:
Die Grundformation
Wenn man einen Vergleich zwischen den CL-Erfolgen zieht, erkennt man eines ganz deutlich. Sowohl 2006 als auch im letzten Jahr wurde das gleiche System gespielt, 4-1-2-3, typisch Barcelona. Eingeführt wurde diese Variante von den holländischen Trainern in Catalonien, perfektioniert von Rijkaard, seines Zeichens ebenfalls Niederländer.
Und auch Guardiola hat das System in seinem ersten Barca-Jahr übernommen und grob gesehen hat sich nicht viel verändert.
Ausführung:
Ball beim Torwart, Offensive Ausrichtung
Barcelonas Philosophie ist ganz eindeutig: Die Spiele werden in der Offensive gewonnen. Dementsprechend ist die Taktik ausgegeben. Bei Ballbesitz beim Torwart richtet sich die Mannschaft offensiv aus. Das Spiel wird so breit wie möglich gemacht, die vertikalen Abstände sind relativ gering. Barcelona spielt im Mannschaftsverbund nach vorne. Die Innenverteidiger bieten sich ganz außen an, der 6er stößt in die Lücke der Innenverteidiger. Die offensiven Außenverteidiger befinden sich bereits fast auf Höhe der Mittelfeldspieler, denn: Barcelona hat immer viel Ballbesitz, lässt den Ball aber nur sehr selten tief in der eigenen Hälfte zirkulieren. Die Katalanen ziehen ihr Kurzpassspiel in der gegnerischen Hälfte auf, dementsprechend hoch steht die Mannschaft. Die beiden Außenstürmer kleben in der Grundausrichtung an den Linien und sind somit immer anspielbar.
Das fällt auf: In dieser Ausrichtung des 4-1-2-3 bilden sich extrem viele Dreiecke, perfekt für das Tiqui-Taka. Der ballführende Spieler hat immer mindestens zwei Anspielstationen, und durch das überragende Passspiel und die individuelle Klasse der Einzelspieler, hat der Gegner kaum eine Chance an den Ball zu kommen. So ist es den Katalanen möglich, bis zu 80% Ballbesitz und eine erdrückende Dominanz herauszuspielen, eine Dominanz, die wohl der wichtigste Bestandteil der CL-Erfolge war.
Wie greift Barcelona an?
Grundsätzlich geht es bei Barcelona über Stationen nach vorne. Es wird geduldig gewartet bis sich eine Lücke bietet, der Gegner wird in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Die zentralen Mittelfeldspieler sind dafür verantwortlich den Ball nach vorne zu tragen, sie sind die Schaltstationen. 2006 waren es Xavi und Deco, 2009 Xavi und Iniesta. Der Rechtsaußen zieht bei einem Angriff über seine Seite gerne nach innen um dem Außenverteidiger die rechte Außenbahn anzubieten. Dementsprechend logisch ist es, dass es bei Barca mittlerweile quasi ein Gesetz ist, dass ein Linksfuß auf rechts und ein Rechtsfuß auf links spielt. Die Außenstürmer sind im System nicht für Flankenläufe vorgesehen sondern fungieren als eine Art stürmender Spielmacher. Ronaldinho hat diese Rolle 2006 in Perfektion ausgeführt, Messi war es 2009. Für Flanken in den Strafraum, die ohnehin eher Seltenheit sind, müssen also die Außenverteidiger sorgen, die offensiv die gesamte Linie beackern dürfen.
Angriff über rechts
Der Linksaußen bleibt bei einem Angriff über rechts für einen möglichen Diagonalball am Flügel kleben und bietet eine weitere Anspielstation. Die zentralen Mittelfeldspieler stehen im Angriff gestaffelt, allerdings ohne ihre Bindung zueinander zu verlieren.
Die Innenverteidiger rücken auf, der Ballnahe schiebt ein ganzes Stück nach vorne, der zweite Innenverteidiger sowie der als Libero fungierende Torwart sichern ab. Auch der Linksverteidiger ist nun nicht zwangsweise dafür zuständig den Ball nach vorne zu bringen, er bietet zwar eine Anspielstation, konzentriert sich aber ebenfalls eher auf die Absicherung.
Die Offensiven genießen jegliche Freiheiten und bekommen durch den hohen Ballbesitz die Chance zu rotieren. Bei Barcelona kann man die Positionen auch deswegen so schwer auseinander halten, weil ständig die Positionen getauscht werden. Auch das wurde von Rjikaard 2006 vorgelebt und von Guardiola 2009 perfektioniert. Ähnlich wie beim AS Rom wurde für fließende Übergänge gesorgt. Mittelfeld und Angriff sind kaum auseinander zuhalten, jeder Spieler ist in Bewegung. Typen wie Iniesta oder Messi die offensiv jede Position bekleiden können sind wie geschaffen für diese Art von Angriffsfussball.
Was passiert bei einem Ballverlust?
Barca spielt Offensivpressing
Wenn ein Verteidiger gegen Barcelona den Ball gewinnt, kann er sich meistens nur kurz freuen. Danach drängt sich die Frage auf: Wohin mit dem Ball? Rjikaard hat es seiner Mannschaft 2006 eingetrichtert sofort von Angriff auf Abwehr umzuschalten. Ballverlust = Pressing, das war die entscheidene Formel.
Die gesamte Mannschaft rückt vor, der Gegner wird attackiert. Es wird extrem zur ballnahen Seite verschoben, ein langer Ball wird durch schnelles anlaufen der Gegenspieler und aggressiver Offensivverteidigung verhindert. Der Ball soll so schnell wie möglich wieder in den eigenen Reihen sein.
Hinter diesem Ziel versteckt sich der Grund für den Erfolg: Denn durch den hohen Ballbesitz und das direkte Pressing wird der Gegner aus dem Spiel genommen. Jeder der selber Fussball spielt oder gespielt hat, weiß wie schwer es ist, den Faden nicht zu verlieren, wenn man über längere Zeit keinen Ballkontakt hat.
Der Schlüssel für die CL-Siege 2006 und 2009 lassen sich also grob auf diese Formel bringen: Die eigene Dominanz bringt den Gegner aus dem Spiel und lässt ihn zwangsweise Fehler machen.
Hier gehts zu Teil 2
Aufrufe: 8828 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 31 | Erstellt:23.09.2010
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23.09.2010 | 23:00 Uhr
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La_Pulga :
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