Zwei Spieltage waren gespielt und in Nürnberg die Saison quasi schon vorbei - für gewogen und zu leicht befunden. Wer? Einfach alle und alles: Manager, Neuzugänge, Stammkräfte, ja vielleicht sogar - wenn auch mit Abstrichen - der Trainer, aber der sei ja nur das kleinste Rad im Ganzen und außerdem unter den Gesamtumständen ein Getriebener von Sachzwängen und internen Hierarchien, ja sogar innerhalb der Mannschaft. Abstieg, mindestens, noch schlimmer aber die bevorstehenden Demütigungen in Serie, die bereits in Hamburg beginnen werden.

So oder ähnlich muss das jedenfalls bei den FCN-Neuzugängen Ekici und Nilsson angekommen sein, was Nilsson zur verwunderten Aussage kommen ließ, dass er sowas "noch nirgendwo so erlebt" (Quelle) habe. Gemeint ist der fränkische Pessimismus, den man durchaus bisweilen nahe der Depression ansiedeln könnte. Gerade einen Ekici, fußballerisch mit dem Bayern-Gen in der Muttermilch aufgewachsen, sind fatalistische Töne fremd, er sah die Chance auch gegen Hamburg zu gewinnen und wurde vor allem in Foren und Fanstimme dafür fast milde belächelt.

Sicher ... als Clubberer ist man durch viele Stahlbäder gegangen und hat schon so manches überstanden. Sicher ... man ist gerade nach Niederlagen gegen Abstiegsmitkonkurrenten sofort wieder am Boden der Tatsachen. Sicher ... man weiß um den guten Start der anderen potenziellen Kandidaten und wie schwer es ist die bereits bestehenden Rückstände von 5 oder gar 7 Punkten wieder aufzuholen. Und dennoch: So viel Niedergeschlagenheit wie nach dem Freiburger Duselsieg war allgegenwärtig, das es mit den Händen zu greifen war. So mancher forderte bereits wieder Köpfe und stellte eigentlich alles in Frage - vor allem natürlich Bader, auf den sich weite Fanteile jenseits vom sportlichen Tagesgeschäft langfristig eingeschossen zu haben scheinen. - Wobei man dabei noch nicht einmal genau sagen kann, warum. Ein paar Transferfehler werden zitiert, die schwache Figur, die er spielte (spielen musste) bei der Meyer-Entlassung, ein paar Entscheidungen herangezogen. Am Ende geht es meistens darum. dass man ihm fehlende sportliche Kompetenz unterstellt, weil er ja nie selbst im Profi-Bereich gegen den Ball kickte. Ausreichende Begründung für fast alles, was schief ging in den letzten Jahren, Und natürlich nach Freiburg bewiesen, q.e.d.

Das Auftreten gegen Hamburg und der (sicher überraschende, wenn auch nicht unverdiente) Punktgewinn passte da gar nicht Recht ins Konzept und setzte vielernorts fast (fränkische) Euphorie frei, wenn man nun doch noch Hoffnung sieht, was die Zukunft angeht. Gerade der zitierte und hart in der Kritik gestandene Nilsson mauserte sich zum "kicker"-Spieler des Spiels und zusammen mit dem ebenso gescholtenen Wolf hielten sie "Van the Man" erfolgreich in Schach. Die Neuzugänge Simons und Cohen (beim Debut) eleminierten mittlerweile die Offensivbemühungen der Hamburger in persona Trochowski und Ze Roberto und so stand am Ende sogar ein leichtes Chancenplus. Der Optimismus von Ekici (der leider doch verletzungsbedingt passen musste) hätte sich also mit etwas Glück sogar bewahrheitet.

Ein Punkt der gut tat für die Volksseele, auch wenn er in der Tabelle nur wenig kaschieren konnte. Aber es zeigte wieder einmal, dass - wie auch der Gladbacher Levels treffend feststellte - Fußball eben doch Tagesgeschäft ist und noch keiner ein Spiel gewonnen hat, nur weil er die Wochen davor irgendwas tolles geleistet hatte.

Der Clubfan hat wieder Mut geschöpft, was erfreulicherweise noch immer fast so leicht ist, wie ihn in totale Depression zu versetzen (allerdings besteht sportlich in der Regel meist mehr für letzteres Grund und Anlass). Man traut sich also durchaus auch ein Auflaufen gegen Leverkusen zu. Und warum auch nicht?

Leverkusen ist derzeit sicher nicht in guter Verfassung. Aber auch das hat ja nix zu sagen (siehe oben: Tagesgeschäft). Letztes Jahr kam Leverkusen ungeschlagen nach Nürnberg und kassierte ausgerechnet dort gegen das Kellerkind seine erste Saisonniederlage. Was gestern war hat im Fußball nur bedingt eine Auswirkung auf morgen. Sicher spielen da Selbstvertrauen und Rückendeckung eine Rolle, wozu dann aber eben auch die fränkischen Pessimisten unter den Fans und im Umfeld unfreiwillig einen nicht unwesentlichen negativen Beitrag leisten.

Aber selbst dem besten Team mit bestem Anhang ist noch kein Sieg vom Himmel gefallen und jedes Fußballspiel ist vollkommen offen. Sonst gäbe es keine Aufsteiger, die oben mitmischen, keine Pokalüberraschungen und keine Auswärtssiege eines Hércules CF Alicante im Camp Nou bei FC Barcelona und einem doppelten Torschützen Nelson Valdez, der sich nach seinen Gastspielen in Bremen und Dortmund das Bundesliga-Etikett "Chancentod" gefallen lassen musste. Aber das ist eben Fußball - und macht ihn so faszinierend. Deswegen stehen auch Mannschaften wie Wolfsburg, Schalke und Stuttgart trotz aller Millionen unten - zur Freude mancher Fußball-Romantiker.

Fußball ist eben Tagesgeschäft, aber eines, das sich mit etwas mehr Optimismus auch seitens der Fans deutlich besser ertragen ließe. Sicher ist da auch die Mannschaft gefordert um mit Ergebnissen da ihren Beitrag zu leisten, aber auch die Fans sollten nicht vergessen, dass sie mehr sind als Gäste einer Unterhaltungsveranstaltung, sondern als Fans für Rückendeckung sorgen sollten, gerade wenn es nicht gut läuft.

Warten wir also mal ab, wie die Befindlichkeiten nach der Sonntags-Veranstaltung bei den Pillendrehern sein werden. Vielleicht braucht es dann schon drei Pillen im nächsten Heimspiel, um eine neue Depression zu verscheuchen... Vielleicht aber auch nicht.